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Mainz-Finthen: Geburt eines Flugplatzrennens

Kolumne von Rainer Braun
​Vor 60 Jahren wurde vor den Toren von Mainz erstmals ein Flugplatzrennen ausgetragen. Der Anlass entwickelte sich bald zur Kult-Veranstaltung, bis ins Jahr 1990.

Eigentlich begann die Geschichte schon viel früher – nämlich 1956 auf dem US-Militärflugplatz Pferdsfeld in der Pfalz. Dort veranstaltete der rührige AvD-Ortsclub HMSC in Wiesbaden seine jährlichen Flugplatzrennen für Touren, GT- und Sportwagen aller Klassen. Die Kooperation mit den US-Streitkräften war deshalb möglich, weil die HMSC-Clubführung damals vorwiegend aus rennsportbegeisterten US-Generälen bestand.

Weil aber im Laufe des Jahres 1961 die US Royal Air Force das Gelände an die Bundeswehr übergab und in der Folge eine Hochstufung zum NATO-Einsatzflughafen erfolgte, ließ die Bundeswehr als neuer Betreiber hier keine weiteren Rennen mehr zu. Womit der HMSC mit seinem Flugplatzrennen zunächst heimatlos war.

Notgedrungen wich man übergangsweise 1962 auf die Nürburgring-Südschleife und 1963 nach Hockenheim aus, bevor 1964 die Verhandlungen mit dem US-Kommando des US-Airfields Mainz-Finthen erfolgreich abgeschlossen wurden. Auch hier waren die guten Kontakte der deutsch-amerikanischen Clubführung wieder sehr hilfreich. So hatte das Flugplatzrennen des HMSC ab dem 14. Juni 1964 wieder eine neue, dauerhafte Heimat.

Die Premiere-Veranstaltung wurde sportlich wie auch für die Clubkasse ein voller Erfolg. Rennleiter Gerd Kroeber und sein Assistent Volker Carius konnten rund 240 Starter aus sechs Nationen begrüßen, die damit für das bis dahin größte Flugplatzrennen auf deutschem Boden sorgten.

Unter den Teilnehmern fanden sich berühmte Rennfahrer-Namen dieser Zeit wie die Abarth-Werkspiloten Franco Patria oder Hans Herrmann, Porsche 904 GTS-Stars wie Ben Pon, Udo Schütz, Gerd Koch oder auch Tourenwagen-Akrobaten wie Wiesbadens Lokal-Held Peter Lindner im Jaguar MK II.

Die Superstars droschen ihre GT- und Tourenwagen breitseits um den 2,3 km langen Parcours. Selbst der legendäre Firmenpatriarch Carlo Abarth höchstpersönlich stand in Bügelfalten-Hose, edlem Sakko und Schweinsleder-Handschuhen am Streckenrand, um die Leistungen seiner Werkspiloten zu begutachten.

Box-Idol Bubi Scholz schlenderte im Windschatten seines Kumpels Hans Herrmann autogrammeschreibend durchs Fahrerlager.

Unter den gefeierten Klassensiegern befanden sich der Wiesbadener Lokalheld Peter Lindner (34, Jaguar MK II) und der Italiener Franco Patria (21, Abarth 2000). Beide verunglückten übrigens vier Monate später am 11. Oktober 1964 auf grässliche Weise im Rahmen des 1000 km Rennen in Paris-Montlhery tödlich und rissen noch drei weitere Boxen-Marshalls mit in den Tod.

Im Verlauf der weiteren Jahre entwickelte sich Mainz-Finthen neben Wunstorf, (ebenfalls ab 1964) und Diepholz (ab 1968) zu einem der ältesten und langlebigsten Flugplatzrennen in Deutschland.

Alle wichtigen Meisterschaften bis hin zu diversen Formel-Klassen wurden auf dem US-Airfield ausgetragen. Erst nach 26 Jahren fiel am 20. Mai 1990 hier die letzte Zielflagge, nachdem die Amerikaner den Flugplatz teilweise an die Bundeswehr übergaben.

Als letzter Sieger beider DTM-Läufe trug sich Johnny Cecotto im BMW M3 in die Geschichtsbücher von Finthen ein. Heute wird Finthen als ziviler Sportflugplatz vom Luftfahrverein Mainz betrieben.

Für mich als junger Wiesbadener Sport-Journalist war dieses Flugplatzrennen von Anfang an ein Heimspiel.

Als klar war, dass auf der US-Air Base in Finthen am zweiten Juni-Wochenende 1964 gerannt wird, schrieb ich mir in den ersten Jahren die Finger wund mit Vorschau- und Rennberichten für alle möglichen Tageszeitung im Umfeld: Wiesbadener Kurier, Darmstädter Echo, Offenbach-Post, Frankfurter Rundschau. Zeilenhonorar zwischen zehn und zwanzig Pfennigen.

Das Rennen blieb bis zur letzten Ausgabe immer fester Bestandteil meines Jahresprogramms als Berichterstatter, Streckensprecher und zum Schluss als TV-Kommentator.

An die zehn Starts habe ich hier sogar selbst absolviert – in der Formel V, Super V und im Tourenwagen. So mancher Sieger-Pokal erinnert mich noch an jene unbeschwerten Jahre in Mainz-Finthen.

Wie übrigens auch das Speise-Eis der Amerikaner, das als Mega-Pack für eine D-Mark verkauft wurde. Das ebenso verlockende wie preiswerte Angebot sorgte nicht nur für regen Zulauf, sondern später am Tag auch regelmäßig für lange Schlangen vor den Feld-Latrinen.

Das gehörte genauso zu Mainz-Finthen wie die stramme Musikkapelle, die die Army jedes Jahr in der Mittagspause über die Start/Ziel-Gerade marschieren ließ.


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