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Kris Nissen: Dänische Disco, Stars und Betrunkene

Kolumne von Friedbert Holz
​Wenn Michael Schumacher in Deutschland auftrat, war er der umschwärmte Star. Ähnlich verehrt wurde Kris Nissen in seiner Heimat Dänemark – mit unerwartetem Auftritt in einer Discothek.

Als Kris Nissen 1989 zu BMW kam, war er, der eher schüchterne Däne, vor allem durch seinen bösen Unfall in Japan bekannt: In einem Porsche 962 wäre er, ein Jahr zuvor, nach einem Crash auf der japanischen Rennstrecke von Fuji beinahe im Feuer umgekommen.

Aber Nissen überlebte, schwer gezeichnet im Gesicht und am Oberkörper, die Flammenhölle. Als wir einmal bei Willi Dungl, dem österreichischen Gesundheitsexperten, mit den Werksfahrern zu Besuch waren, zeigte mir Kris, wie er gezeichnet war: Unglaublich, eine einzige Wundfläche, seine Schmerzen müssen nur sehr schwer zu ertragen gewesen sein.

Im BMW M3 fühlte sich Nissen, der aus dem Kartsport über die Formel 3 bis zur Gruppe C gelangt war, schnell wohl. Er war dem Zakspeed-Team aus der Eifel zugeteilt, für das er schon früher Tests in der Formel 1 gefahren hatte, und gab beim Norisring-Rennen in Nürnberg 1989 sein Tourenwagen-Debut.

Zwei Jahre später gewann er mit Joachim Winkelhock und Armin Hahne das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring, doch am meisten Spaß hatte er in jenem Jahr wohl zuhause: auf dem Jyllandsringen in seiner Heimat Dänemark.

Zusammen mit einem Sponsor aus der Mineralölindustrie hatte er Geld locker machen können, um beim so genannten Großen Preis von Dänemark 1991 einen BMW M3 zu fahren. (Den gleichen M3 bewegt er heute gerne bei Veranstaltungen mit historischen Fahrzeugen.)

Zwar hatten weder die sehr winklige, kurze Rennstrecke, noch das Umfeld oder die Organisation dieses Events etwas mit einem Grand Prix nach landläufiger Vorstellung zu tun. Dennoch war die Stimmung dort grandios, die Dänen strömten in Massen an den Jyllandsringen, um ihren Kris fahren zu sehen.

Nissen gewann das Rennen selbstverständlich, was, ohne seine Leistung schmälern zu wollen, auch einer eher schwachen Konkurrenz zuzuschreiben war.

Kris hatte einen Fotografen und mich zu diesem Rennen eingeladen, «ihr sollt einfach nur Spaß haben». Tatsächlich kamen wir aus Staunen und Lachen kaum heraus.

Schon am Vorabend des Rennens gab es einen Empfang in einem sehr vornehmen Ambiente, an langen Tischen saßen die Gäste, meist wichtige Leute aus der lokalen Szene. Es wurden, bevor das Essen kam, viele Reden gehalten, immer unterbrochen durch Trink-Sprüche, die wir aber nicht verstanden, alles auf Dänisch.

Kaum hatte einer ausgesprochen, stand er auf, hob sein Glas, sprach ein paar Worte und setzte sich wieder. Dies wiederholte sich gefühlt zehn Mal, unbeschreiblich, aber witzig!

Doch das Highlight des Abends sollte ein Disco-Besuch mit Kris Nissen werden.

Auch wenn Kris in Deutschland damals noch kaum bekannt war, in seiner Heimat war er ein Star, jeder kannte ihn. Die Menschen wichen buchstäblich zur Seite, als er mit uns im Gefolge das Tanzlokal betrat und zielsicher auf den Tresen der Bar zusteuerte.

Kris selbst trank keinen Alkohol, aber er freute sich sichtlich über seine Popularität. Derweil hatten wir ausreichend Gelegenheit, jungen Menschen zuzuschauen, wie sie sich amüsierten – und wie sie sich betranken.

Speziell eine Gruppe noch sehr junger Mädchen hatte vor sich auf dem Tresen einige Flaschen harten Alkohols aufgebaut, daneben eine bescheidene Flasche Orangensaft.

Mit diesem ungleichen Mix starteten sie schwungvoll in ihren Abend und wurden sichtbar schnell angeheitert. Als ich selbst einmal zur Toilette musste, kam mir auf dem Gang dorthin eines jener Mädchen entgegen, bildhübsch, blutjung, doch stark schwankend.

Noch ehe ich die Situation begreifen konnte, fiel sie, ohne auch nur irgendeine Reaktion zu zeigen, ungebremst nach vorne auf den Boden und blieb reglos liegen.

Schnell holte ich Kris, der sich soforrt zusammen mit dem Barbesitzer um die junge Frau kümmerte. Auch hier zeigte sich, dass ein Prominenter viel bewegen kann: Im Handumdrehen waren zwei Sanitäter da, die mit der Betrunkenen das Lokal verließen, auch wir machten uns auf den Weg zum Hotel.

Als ich mich beim Verlassen des Raumes noch einmal umdrehte, saß die Gruppe der restlichen trinkenden Grazien immer noch da.

Beim Rennen allerdings habe ich sie im Publikum nicht mehr entdecken können.


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