Formel 1: Strafe für Nico Hülkenberg

Josef Schnitzer und ein ungewöhnlicher Auftrag

Kolumne von Uwe Mahla
​Die Schnitzer-Truppe aus Bayern ist legendär, das technische Genie hiess Josef Schnitzer, 1978 viel zu früh verstorben. Er träumte von einem F1-Motor, aber das ungewöhnlichste Projekt war das nicht.

Der 1978 bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückte Josef Schnitzer war zeitlebens das technische Genie hinter den frühen Heldentaten der bis weit ins zweite Jahrzehnt der 2000er-Jahre so erfolgreichen Schnitzer-Truppe aus dem oberbayerischen Freilassing.

Paradebeispiele seiner Schaffenskraft: die Sechszylinder der schneidigen BMW-Renn-Coupés, der Formel-2-Motor und Harald Ertls Meisterschafts-320 Turbo. Der eigene Formel-1-Motor blieb ein Traum.

Anfang 1976 holte der Chef der BMW-Motorsport GmbH, Jochen Neerpasch, Josef Schnitzer für einige Zeit nach München. Das war zu einem Zeitpunkt, da das Gegeneinander zwischen den Teams wie Schnitzer oder Alpina und dem Werk noch nicht endgültig aussortiert war.

Neerpaschs Interesse bestand darin, die technische Leistungsfähigkeit seiner GmbH mithilfe der Schnitzer’schen Fähigkeiten zu erhöhen.

Auf diese Weise womöglich einen unbequemen Kontrahenten besser kontrollieren zu können, das habe ihm fern gelegen. Neerpasch: «Im Gegenteil, wir wollten uns ja gemeinsam mit den Teams auf breiter Front aufstellen, um so die Wettbewerbssituation von BMW insgesamt zu stärken.»

Der Schnitzer-Josef sei, wie es bisweilen hieß, schwierig und die Zusammenarbeit daher nicht einfach gewesen. Das wollte einer, der es wissen müsste, nicht bestätigen – Paul Rosche, der spätere technische Geschäftsführer der BMW Motorsport GmbH. Der erinnerte sich: «Die Kooperation hat anstandslos funktioniert. Er hat klare Aufgaben erhalten und da hat er hervorragende Arbeit geleistet.»

Schnitzer widmete sich in erster Linie der Entwicklung des Turbo-Projekts auf Basis des Vierventil-Sechszylindermotors. Mit diesem in seiner stärksten Ausbaustufe rund 800 PS starken Triebwerk startete die BMW-Werksmannschaft in der Marken-Weltmeisterschaft. Zu nennenswerten Ergebnissen außer Aufsehen erregenden Trainingszeiten kam es allerdings wegen der mangelnden Standfestigkeit entweder des Motors selbst oder der überstrapazierten Peripherie nicht.

Paul Rosche entsann sich aber auch noch eines anderen Auftrages für Josef Schnitzer während dessen BMW-Zeit, und dabei schmunzelte er, wie nur ein Paul Rosche schmunzeln konnte: «Ich hatte vom Vorstand die Weisung erhalten, unseren Formel-2-Motor für das Motorboot unseren Großaktionärs Herbert Quandt umzufunktionieren.»

Vor dem Hintergrund des sehr speziellen «Kunden» eine sensible Angelegenheit. Rosche betraute Schnitzer mit dem Projekt.

Eines Tages fuhr man zum Starnberger See, um Quandt das Ergebnis zu präsentieren. Beim Warmfahren des komplexen Triebwerks gab sich dies zunächst von seiner unwilligen Seite, spotzte, hustetet, lief unrund und machte viel Lärm.

Schließlich fühlten die Techniker sich einigermaßen fit für die Demonstrationsfahrt.

Quandt stieg ins Boot und Rosche beobachtete vom Steg aus: «Das Ding schoss mit affenartiger Geschwindigkeit davon und verschwand aus meinem Sichtfeld. Als es nach einer Viertelstunde wieder an Land kam, sahen alle Insassen völlig zerzaust aus. Und Herr Quandt meinte wegen der brutalen Leistungsentfaltung und des atemberaubenden Tempos nur: ’So hatte ich mir das nicht vorgestellt.’»

Josef kehrte, jedenfalls nicht aus diesem Grund, alsbald wieder ins familiäre Unternehmen zurück, um weitere technische Pretiosen zu entwickeln.


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