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Im Memoriam: Hans Wilhelm Gäb 1936–2025

Kolumne von Rainer Braun
​Hans Wilhelm Gäb, einer der ehemals mächtigsten Sport- und Industrie-Manager, ist am 13. April im Alter von 89 Jahren gestorben. Eine sehr persönliche Würdigung.

Diesen Nachruf zu schreiben, fällt mir besonders schwer. Denn Hans Wilhelm Gäb war nicht nur ein brillanter Sport-Manager und Journalist, ein Verfechter von Fairness und sportlichen Werten – er war für mich wie für fast eine ganze Journalisten-Generation auch beruflicher Ziehvater und Ratgeber. Alles, was ich in meinem Leben als Journalist erreicht habe, verdanke ich diesem Mann.

Gäb hat uns so viel beigebracht, Fairness, Ehrlichkeit und eine gute Schreibe gelehrt und vorgelebt. Wenn er etwas hasste, war es Schlamperei im Aufbau eines Artikels, fehlende Bildzeilen und unzutreffende oder gar beleidigende Berichterstattung. Sein Fairness- und Gerechtigkeits-Gedanke stand stets über allem.

Wir kannten uns seit Mitte der 60er-Jahre, er war freier Mitarbeiter für allgemeine Sport-Themen bei der «Rheinischen Post» und der «Sport-Illustrierten». Als mich Gäb im Herbst 1968 fragte, ob ich das Sport-Ressort der neu zu gründenden «Auto Zeitung» in Köln übernehmen möchte, zögerte ich mit der Zusage nicht lange. Es war eine Riesenchance für mich und die beste Entscheidung, die ich damals treffen konnte.

Erstens habe ich mich damals als freiberuflicher Journalist und Kommentator gerade so über Wasser halten können, und zweitens war meine Arbeit in allen Bereichen ohnehin noch verbesserungswürdig. Unter der strengen und doch freundschaftlichen Redaktionsführung von Hans Wilhelm Gäb habe ich erst mal so richtig gelernt, wie ordentlicher Journalismus geht.

Oft genug hat er mir und den anderen Redakteuren gepredigt, dass Texte klar strukturiert und dem Leser «schmecken» müssen. Seine fünf Regeln dazu lauteten 1. Aussagekräftige Überschrift; 2. Vorspann mit dem Wichtigsten in aller Kürze; 3. Möglichst kurze Absätze; 4. Zitate und Fakten müssen gerichtsfest sein; 5. Kein Foto ohne erklärende Bildzeile.

Genau genommen habe ich nicht nur unterhaltsames Schreiben bei Gäb neu erlernt. Auch im Tischtennis hat er mich weitergebracht, denn so nebenbei war auch noch ein vorzüglicher Tischtennisspieler. Mit seinem Verein PSV Borussia Düsseldorf gewann er fast ein Dutzend Titel. An der redaktionseigenen TT-Platte haben wir öfter mal Bälle geschlagen, und als ich ihn mal um ein Match bat, hat er mich mit 21:19 von der Platte gefegt. Allerdings war er so nett, das Spiel bei einer Vorgabe von 19:0 zu beginnen …

Am 1. April 1969 startete das neue Blatt im Zeitungsformat zunächst mit Gäb als Chefredakteur und weiteren drei Gründungs-Mitgliedern. Dazu eine Redaktion-Sekretärin, ein Buchhalter und ein motorsport-verrückten Verleger. Die Redaktion wuchs dann beständig, so stieß das Kult-Reporter-Trio Heinz Prüller, Helmut Zwickl und Herbert Völker aus Österreich zum Blatt und bereicherten den großen Sportteil.

Gäb war aber nicht nur Chef, er hatte auch ein großes Herz für seine Mitarbeiter in der Redaktion. Als das Blatt ein Jahr nach seiner Gründung so langsam in finanzielle Schieflage geriet, verkaufte er – ohne zu zögern – seinen privaten BMW 3.0Si, um mit dem Erlös wenigstens für ein oder zwei Monate die Gehälter der Redakteure abzusichern. Glücklicherweise wurde das Blatt dann vom finanzstarken Bauer-Verlag in Hamburg übernommen. Es existiert übrigens heute noch.

Hans Wilhelm Gäb verabschiedete sich nach seiner großherzigen Rettungs-Tat als PR-Chef zunächst zu Ford in Köln und danach in gleicher Funktion zu Opel in Rüsselsheim. In beiden Unternehmen war er einer der wichtigsten Entscheidungsträger für die Motorsport-Programme. Dies galt erst recht nach seinem Aufstieg in den Vorstand von General Motors Europe in Zürich. Dort unterstützte Gäb nach Kräften das Calibra-Engagement in der DTM bis zum Titelgewinn und Ausstieg 1996.

Während seiner Zeit bei Ford, Opel und General Motors stieg Hans Wilhelm Gäb zu einem der einflussreichsten Sport-Manager Deutschlands auf. Er optimierte das Sport-Sponsoring in den verschiedensten Bereichen. Bei Opel förderte und beriet er die Jung-Talente Steffi Graf (Tennis), Franziska van Almsick (Schwimmen) und Timo Boll (Tischtennis). Bayern München und der AC Mailand hatte Gäb werbemäßig ebenfalls für einige Jahre an Opel und GM gebunden.

Über 40 Jahre lang gehörte Hans Wilhelm Gäb dem Präsidium des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) an, 13 Jahre lang war er sogar dessen Präsident. Als aktiver Spieler nahm er sogar an der Weltmeisterschaft teil. Danach holte in die Stiftung Deutsche Sporthilfe als Vorstand in ihre Reihen, er wurde Ehrenpräsident es Deutschen Tischtennisbundes und stieg sogar bis ins Präsidium des Nationalen Olympischen Komitees auf.

Das IOC verlieh ihm 2006 den Olympischen Orden. Den gab er allerdings zehn Jahre später empört zurück. Mit dieser aufsehenerregenden Aktion protestiert der aufrechte Sportsmann Gäb gegen die Entscheidung des IOC, Russland nach der Aufdeckung eines großen Doping-Skandals nicht von den Olympischen Spielen 2016 in Rio auszuschließen.

Seinen Ruhestand verbrachte der gebürtige Rheinländer Gäb zuerst im Taunus-Städtchen Eppstein, danach im elf Kilometer entfernten Hofheim. Er war auch da noch immer als Berater und Ideengeber gefragt. Über den zwischenzeitlichen Niedergang von Opel war er so enttäuscht, dass er ein Berater-Angebot von Mercedes-Angebot annahm.

Seine alten Freunde und Weggefährten hat Hans Wilhelm Gäb nie vergessen. Wann immer er konnte, war er Gast am Stammtisch der noch lebenden alten Auto Zeitung-Mannschaft beim Italiener «Da Nino» in Overath. Sogar zum 55. AZ-Jubiläum im April letzten Jahres schleppte er sich noch mit letzter Kraft.

Dieses letzte Treffen mit alten Freunden war, so glaube ich, für ihn ein emotional sehr bewegender Moment. Denn mit ihm, Jürgen Stockmar (83) und Jürgen Reinke (81) waren alle drei frühen Chefredakteure «seiner Auto Zeitung» nochmals da. Zwischen diesem Termin und seinem Tod lag noch eine schwere Herz-OP.

Als ich ihm vor zwei Wochen zu seinem 89. Geburtstag gratuliert habe, war mir auf Grund seiner Antwort klar, wie es um ihn stand. Er schrieb mir ein paar Tage später dies: «Rainer, wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir im Finale unseres lustigen Lebens angekommen sind. Aber ein Jahr möchte ich gern noch durchhalten, damit du mir noch zum 90. Gratulieren kannst. Für dich alles Gute, lieber Rainer, ich denke an dich und unsere gemeinsame Zeit immer in Sympathie und Respekt. Hans»

Leider hat es für dieses letzte Ziel doch nicht mehr gereicht. Mach’s gut, lieber Hans Wilhelm. Viele Menschen und vor allem der Sport wissen, was sie dir zu verdanken haben.

Mein Mitgefühl gilt auch seiner Frau Hella und den Kindern.

Never forget you.


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