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Tourist Trophy: Die Faszination ist ungebrochen

Von Helmut Ohner
John McGuinness: Die Schallmauer ist durchbrochen!

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Seit 1907 gibt es die Motorrad-Rennen auf der Isle of Man. Wie lange wird der «Mythos Tourist Trophy» noch weiterleben? Lesen Sie den letzten Teil der Geschichte der TT.

Der Gefahr nach Aberkennung des WM-Status an Medieninteresse und Zuschauergunst zu verlieren, begegneten die Veranstalter der Tourist Trophy 1977 mit einer deutlichen Erhöhung des Preisgeldes. Allein der Sieger des Classic-Rennens erhielt 1979 einen Scheck über 40.000 Schweizer-Franken! Um weitere Spitzenfahrer anzulocken wurde ihnen zusätzlich auch noch ein lukratives Startgeld offeriert.

Einige der alternden Stars nutzten diese Zeit Ende der Siebziger-, Anfang der Achtzigerjahre, um ihr Siegkonto gewaltig aufzupolieren. So holte sich Bill Smith vier Siege. Alan Jackson, Mick Grant und Tony Rutter ließen sich drei Siege gutschreiben und Phil Read trug sich auch noch zweimal in die Siegerliste der Tourist Trophy ein.

Im Jahr 1978 rückten die Rennen auf der Insel erneut in den medialen Mittelpunkt, als Mike Hailwood seine Rückkehr zum Motorradsport verkündete. Der Brite, der zwischenzeitlich Formel-2-Europameister und dessen Karriere in der Formel-1 durch einen Unfall beim GP von Deutschland auf dem Nürburgring abrupt beendet wurde, entschied sich mit fast 40 Jahren, nochmals sein Glück auf der Isle of Man zu versuchen. Viele Skeptiker befürchteten die Zerstörung einer Legende. Es wurde aber das wohl eindrucksvollste Comeback im Motorradrennsport. Allen Unkenrufen zum Trotz steuerte Hailwood seine Ducati 900 zum viel umjubelten Sieg im Rennen der Klasse Fornel-1 (Viertakter bis 1000ccm). Fast zwei Minuten trennten ihn nach sechs Runden vom vierfachen TT-Sieger John Williams. Im Jahr darauf krönte «Mike the Bike» seine Karriere mit seinem siebenten Sieg in der Senior-TT auf einer Suzuki 500 und machte sich damit bei seinen Fans unsterblich.

Wie eng Freude und Trauer gerade bei der Tourist Trophy beisammen liegen, zeigte das Jahr 1978. Im Rennen der Seitenwagen verunglückten zwei Gespanne unabhängig voneinander nur wenige hundert Meter nach dem Start des Rennens. Für Mac Hobson, Sieger des Vorjahres und zu diesem Zeitpunkt Zweiter der Weltmeisterschaft, seinem Beifahrer Chas Birks und dem Schweizer Ernst Trachsel kam jede Hilfe zu spät.

Im selben Jahr bedeutete ein Sturz das Ende der Karriere für Pat Hennen. Der Suzuki-Werksfahrer, der als erster Amerikaner einen WM-Lauf in der Halbliterklasse gewinnen konnte, hatte gerade einen neuen Rundenrekord aufgestellt als er bei der Jagd auf den Führenden Tom Herron bei annähernd 200 km/h den Randstein touchierte. Monatelang kämpften die Ärzte um das Leben von Hennen. Noch heute leidet der Amerikaner unter den Nachwirkungen dieses Unfalls.

Immer wenn der Blutzoll besonders hoch war, wie eben 1978 oder auch 1970 als sechs Tote zu beklagen waren, entflammten sofort wieder die öffentlichen Diskussionen über die Sinnhaftigkeit solcher Straßenrennen.

Ohne Zweifel ist der Mountain-Kurs weltweit die wohl gefährlichste Rennstrecke. Mehr als 240 tote Rennfahrer in der über hundertjährigen Geschichte scheinen diese Einschätzung zu untermauern. Trotz der Gefährlichkeit oder vielleicht gerade deswegen, geht von diesem Rennen eine ungeheure Faszination aus, nicht nur für die Zuschauer. Nirgends ist die Herausforderung an Mensch und Maschine grösser als auf der Isle of Man. Für jeden Fahrer ist es etwas Besonderes - wenn nicht überhaupt das Größte - ein TT-Rennen zu beenden und vielleicht sogar eine der begehrten Replicas zu gewinnen. Solange es wagemutige Rennfahrer gibt, die sich dieser speziellen Herausforderung stellen wollen, hat diese Art von Rennen auch seine Berechtigung.

Nach den Auftritten von Mike Hailwood versank die Tourist Trophy ein wenig im Dornröschenschlaf und die britischen und irischen Fahrer übernahmen die Vorherrschaft. Aber für die Fans von Rennen auf Naturrennstrecken blieb die Isle of Man trotzdem immer im Mittelpunkt ihrer Interessen.

Die folgenden Jahrzehnte sollten vor allem im Zeichen eines Mannes stehen - des Nordiren Joey Dunlop. Der bescheidene Sportler aus Ballymoney, der nie ein Mann der großen Worte war, machte 1976 erste Bekanntschaft mit dem schwierigen Mountain-Course. Ohne viel Streckenkenntnis versuchte Dunlop einfach den schnelleren Konkurrenten zu folgen, um auf diese Weise die kniffligen Passagen rascher zu erlernen. Es reichte zwar noch nicht für eine Spitzenplatzierung, doch nach einem 16. und 18. Rang war für Experten bereits damals klar, dass sie einen künftigen Siegfahrer gesehen hatten. Sie sollten Recht behalten, denn bereits im folgenden Jahr durfte Dunlop im Classic-Jubilee-Rennen zum ersten Mal den Siegessekt verspritzen.

Was dann folgte, wird wohl so schnell kein Rennfahrer überbieten können. Insgesamt triumphierte der «King of the Road», wie er von seinen Gegnern und Fans ehrfurchtsvoll genannt wurde, trotz Gegnern wie Carl Fogarty, Steve Hislop oder Phillip McCallen unübertroffene 26 mal. Dazu kommen noch 14 weitere Top-3-Platzierungen und 79 Zielankünfte. Die Rekordbücher zählen außerdem unvorstellbare 256 Runden mit einem Schnitt von mehr als 110 Meilen pro Stunde! Ob kleine Zweitakter oder großvolumige Viertakter, mit allen Motorrädern fand der unerschrockene Ire die schnellsten Linien um den Mountain-Kurs.

Aber Joey Dunlop, der im Jahr 2000 bei einem unbedeutenden Rennen in Tallin sein Leben verlor, sorgte auch abseits der Rennpisten für Schlagzeilen. 1985 steuerte er seinen Fischkutter bei der Überfahrt von Irland auf die Isle of Man gegen eine Klippe. Die Besatzung konnte damals gerettet werden, acht Motorräder mussten allerdings danach mühsam vom Meeresgrund geborgen werden. Davon wenig beeindruckt holte sich Dunlop in diesem Jahr drei Siege.

David Jefferies schien die Fähigkeiten zu besitzen, in die Fußstapfen des großen Dunlop treten zu können. Innerhalb von nur drei Jahren verbuchte der großgewachsene Brite neun Siege auf seinem Konto. Doch 2003 bezahlte der erst 30-jährigen seine Leidenschaft für Straßenkurse im Training zur Tourist Trophy mit seinem Leben.

In der letzten Dekade wurde der Rundenrekord - nicht zuletzt auch wegen zahlreicher Streckenmodifikationen - ständig nach unten gedrückt. Feierte man 1957 noch die erste Runde mit einem Schnitt von mehr als 100 Meilen pro Stunde (der Schotte Bob McIntyre benötigte für eine Umrundung der Insel 22.24,4 Minuten) liegt der Rundenrekord von Bruce Anstey mittlerweile bei unvorstellbaren 17:06,682 (was einem Schnitt von 212,913 km/h entspricht). Wie lange wird es wohl dauern, bis ein Fahrer eine Runde unter 17 Minuten fahren wird?

Bis zum heutigen Tag haben die Rennen um die Tourist Trophy nichts an Faszination verloren. Selbst die vielfachen MotoGP-Weltmeister Valentino Rossi oder Jorge Lorenzo ließen es sich nicht nehmen, ihren Kollegen bei der wilden Hatz über den berühmten Mountain-Kurs Respekt zu zollen. Und Zuseher aus allen Herren Ländern pilgern ohnedies Jahr für Jahr zu Tausenden auf die kleine Insel in der Irischen See, um ihren Helden zuzujubeln.

Erfolgreichste Fahrer
Joey Dunlop 26 Siege, John McGuinness 21, Dave Molyneux, Mike Hailwood 14, Phillip McCallen 13, Bob Heath, Steve Hislop und Michael Dunlop je 11, Giacomo Agostini, Rob Fisher und Stanley Woods je 10. Ferner: Siegfried Schauzu 9, Klaus Enders 4, Max Deubel, Walter Schneider, Rolf Steinhausen und Luigi Taveri 3, Fritz Hillebrand 2, Georg Auerbacher, Dieter Braun, Florian Camathias, Ernst Degner, Helmut Fath, Werner Haas, Rupert Hollaus, Ewald Kluge, Heinz Luthringshauser, Georg Meier und Fritz Scheidegger je 1 Sieg.

TT-Rekorde
Solo: Bruce Anstey 17.06,682 (Schnitt 212,913 km/h)
Schnellste Dame: Jenny Tinmouth 18.52,42 (Schnitt 193,033 km/h)
TT Zero: ?John McGuinness 19.17,300 (Schnitt 1?88,882 km/h)
Seitenwagen: Nick Crowe/Daniel Sayle 19.24,24 (Schnitt 187,758 km/h).

Prominente TT-Opfer
1939 Karl Gall (A), 1953 Les Graham (GB), 1961 Marie Laure Lambert (CH), 1962 Tom Phillis (AUS), 1970 Santiago Herrero (E), 1972 Gilberto Parlotti (I), 1976 Walter Wörner (D), 1978 Ernst Trachsel (CH), 1992 Manfred Stengl (A), 2003 David Jefferies (GB), Martin Loicht (A) 2010.

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