Zwei Škoda Fahrer ringen um die WRC2-Meisterschaft
Andreas Mikkelsen
Toksport WRT-Teamkollege Gus Greensmith benötigt im Škoda Fabia RS Rally2 ein Spitzenresultat, um das Titelrennen bis zum Saisonfinale offen zu halten. Mehr als zwei Drittel der 30 gemeldeten Crews in der WRC2-Kategorie vertrauen auf Rallye-Versionen des Škoda Fabia.
Der vorletzte Lauf zur FIA Rallye-Weltmeisterschaft 2023 ist womöglich der letzte, in dem um den diesjährigen WRC2-Titel gekämpft wird. Bei der erstmals im WM-Kalender stehenden Rallye Zentraleuropa vom 26. bis 29. Oktober 2023 will Andreas Mikkelsen im Škoda Fabia RS Rally2 die Krone in der WRC2-Kategorie unter Dach und Fach bringen. Nur zwei Konkurrenten besitzen noch mathematische Chancen, den WRC2-Gesamtführenden aus Norwegen abzufangen: sein britischer Teamkollege bei Toksport WRT Gus Greensmith und der Franzose Yohan Rossel.
Nach sieben WM-Läufen in Folge auf losem Untergrund kehrt die FIA Rallye-Weltmeisterschaft auf Asphaltstrecken zurück. Die erstmals ausgetragene Rallye Zentraleuropa umfasst Wertungsprüfungen in der Tschechischen Republik, Österreich und Deutschland. Mit dem Start in der tschechischen Hauptstadt Prag und dem Service-Park im bayerischen Passau präsentiert sich der vorletzte Saisonlauf als wahrhaft internationale Veranstaltung. Škoda Motorsport ist mit seiner Kundensport-Mannschaft vor Ort und hält Ersatzteile in einem speziell ausgerüsteten Lkw vor. Zudem stehen Techniker von Škoda Motorsport bereit, um die Kundenteams mit ihrem umfassenden Know-how zu unterstützen.
Damit ist die Bühne für den möglichen Showdown im diesjährigen Titelkampf der WRC2-Kategorie bereitet. Die drei verbliebenen Titelanwärter treffen direkt aufeinander: der Gesamtführende Andreas Mikkelsen (Škoda Fabia RS Rally2, 108 Punkte) aus Norwegen, der zweitplatzierte Franzose Yohan Rossel (Citroën C3 Rally2, 104 Punkte) und der Brite Gus Greensmith (Škoda Fabia RS Rally2, 99 Punkte). Nur neun WM-Zähler trennen dieses Trio – doch das ist nur die halbe Wahrheit. Da jeder Pilot gemäß WRC2-Reglement bei maximal sieben WM-Rallyes punkten kann und nur die besten sechs Resultate zählen, sieht das Bild etwas anders aus.
Der aktuell drittplatzierte Gus Greensmith hat mit seinem schwedischen Beifahrer Jonas Andersson die WRC2-Wertung in Portugal und Mexiko gewonnen – er bestreitet am kommenden Wochenende seinen siebten und letzten punktberechtigten Saisonlauf. Da für ihn auch ein Ausfall zu Buche steht, wird sein Ergebnis bei der Zentral Europa Rallye auf jeden Fall in die Gesamtwertung einfließen. Folglich kann der Toksport WRT-Pilot auf maximal 127 Punkte kommen.
Yohan Rossel wiederum hat bei all seinen sechs bisherigen Auftritten gepunktet, wobei ein mit zwölf Punkten honorierter vierter Platz sein schlechtestes Ergebnis war. Gemäß WRC2-Arithmetik könnte er sein Konto also selbst bei einem Sieg höchstens noch auf 120 WM-Punkte aufstocken.
Andreas Mikkelsen und sein norwegischer Landsmann Torstein Eriksen auf dem Beifahrersitz hingegen haben für ihre 108 Zähler in der Gesamtwertung bloß fünf WM-Läufe benötigt. Holt er am kommenden Wochenende seinen vierten Saisonsieg in der WRC2-Kategorie, stünde er mindestens bei 133 Zählern – der Titel wäre ihm dann nicht mehr zu nehmen. In allen anderen Szenarien entscheidet Mikkelsen das Titelrennen nur dann für sich, wenn er die Rallye Zentraleuropa vor Greensmith und Rossel beendet. Wie auch immer Mikkelsen abschneidet: Falls nötig, kann der WRC2-Champion von 2021 beim Saisonfinale in Japan (16. bis 19. November 2023) nochmals antreten, während Greensmith und Rossel nicht mehr eingreifen können.
«Ja, unsere Ausgangslage sieht gut aus», bekräftigt Mikkelsen vor seinem ersten Asphaltauftritt in der laufenden Saison. «Die Zentral Europa Rallye bedeutet aber für uns alle Neuland. Gerade wenn auch noch Regen dazukommt, dürften die Straßen unberechenbar rutschig und stellenweise schmutzig werden. Bei solchen Verhältnissen passiert schnell ein Fehler, der deine Rallye ruiniert.» Gus Greensmith, zuletzt bei der Rallye Chile Zweiter der WRC2-Wertung, blickt nicht besonders enthusiastisch auf seine Titelchancen: «Während Andreas aussetzte, hätte ich gewinnen müssen, um den Rückstand aufzuholen. Jetzt geht es für mich nur darum, bei der Rallye Zentraleuropa so viele Punkte wie möglich zu erobern», kommentiert der Brite.
Obwohl Kajetan Kajetanowicz im Škoda Fabia RS Rally2 in Chile keine WM-Zähler holte, besitzt er beste Aussichten, den Titel in der Wertung der WRC2 Challenger zu gewinnen. Der Pole liegt derzeit zwar 25 Punkte hinter Sami Pajari, der ebenfalls einen Škoda Fabia RS Rally2 bewegt. Der junge Finne hat in diesem Jahr jedoch bereits sieben WM-Rallyes absolviert – seine Saison in der Challenger-Wertung ist also beendet, punkten kann er dort nicht mehr. Für Kajetanowicz ist die Zentral Europa Rallye hingegen erst der sechste Lauf des Jahres. Das gleiche gilt für den drittplatzierten Nikolay Gryazin, dem im Škoda Fabia RS Rally2 aktuell 32 Zähler in der Gesamtwertung der WRC2 Challenger auf Pajari fehlen.
Ähnlich stellt sich die Situation im WRC Masters Cup für Fahrer ab 50 Jahren dar. Hier wird einer von vier Škoda Piloten den Titel mit nach Hause nehmen. Es führt der Spanier Alexander Villanueva vor dem Deutschen Armin Kremer, Johannes Keferböck aus Österreich und seinem spanischen Landsmann Miguel Díaz Aboitiz. Der frühere FIA Rallye-Europameister Kremer, dem beim Heimspiel erneut seine Tochter Ella den Aufschrieb vorliest, kann ebenso wie Keferböck und Díaz Aboitiz noch bei zwei Läufen Punkte sammeln – für den Gesamtsieg müsste einer dieser drei allerdings beide Male gewinnen. Villanueva setzt in Zentraleuropa aus, hat aber die Möglichkeit, bei der Rallye Japan die eventuell noch nötigen WM-Zähler einzufahren.
Das Titelrennen in der WRC2-Teamwertung entscheidet sich zwischen den drei rechtlich voneinander unabhängigen Mannschaften von Toksport WRT, die alle mit Škoda antreten.
Die erstmals ausgetragene Zentral Europa Rallye umfasst 18 Wertungsprüfungen (WP) über zusammen 310,01 Kilometer. Der vorletzte Saisonlauf beginnt am Donnerstag, 26. Oktober um 13 Uhr Ortszeit in Prag. Die Straßen der tschechischen Hauptstadt bilden auch den Schauplatz der ersten kurzen WP. Auf dem Weg in den Service-Park in Passau steht noch eine weitere Showprüfung in Klatovy an. Die Freitagsetappe besteht aus sechs WP in Tschechien. Samstag und Sonntag folgen weitere zehn WP in Österreich und Deutschland. Die Rallye endet am Sonntag, 29. Oktober um 14.30 Uhr in Passau.
Škoda Auto steht bei dem internationalen WM-Lauf zu Beginn jeder WP spektakulär im Blickpunkt: Der Hersteller stellt der Rennleitung eines der sogenannten 0-Autos zur Verfügung. Der frisch gebackene Deutsche Rallye-Meister Marijan Griebel steuert einen Škoda Fabia RS Rally2 als Vorauswagen in Wettbewerbsgeschwindigkeit direkt vor den eingeschriebenen Teilnehmern. Seine Aufgabe ist es, die Sicherheit der Strecke final zu überprüfen und die Zuschauer auf das folgende WM-Feld vorzubereiten. Griebels Einsatzteam Pole Promotion hat den Škoda Fabia RS Rally2 dafür mit einer speziellen Folierung versehen. Aufkleber weisen auf die vielen nationalen Meisterschaften hin, die Škoda Kundenteams in den drei Gastgeberländern der Zentral Europa Rallye gewonnen haben: 19 in der Tschechischen Republik, zehn in Deutschland und neun in Österreich.
Wussten Sie, dass …
... die Zentral Europa Rallye Wertungsprüfungen in drei Ländern – Tschechien, Österreich, Deutschland – umfasst, was in der FIA Rallye-Weltmeisterschaft extrem selten vorkommt?
... die Zuschauerprüfung in Klatovy nicht nur fest zum Programm der Tschechischen Rallye-Meisterschaft gehört, sondern in den 1990er-Jahren auch einen Bestandteil der Deutschen Rallye-Meisterschaft DRM bildete?
... 15 Škoda Fabia RS Rally2 für den kommenden WM-Lauf gemeldet sind und dies in der ersten WM-Saison dieser jüngsten Ausbaustufe des Fabia einen Rekord darstellt?