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Porsche bei den 24h Le Mans: Zehn magische Momente

Von Oliver Runschke
Porsche-Ikonen wie Jacky Ickx, Peter Falk, Norbert Singer, Jürgen Barth und Hans-Joachim Stuck erinnern sich an ihre besten Momente bei den 24h von Le Mans.

Am 14./15. Juni 2014 ist es soweit: Porsche kehrt mit dem 919 Hybrid nach 16 Jahren Pause in die Topkategorie des 24-Stunden-Rennens von Le Mans zurück. Mit 16 Gesamtsiegen ist die Marke Rekordhalter beim wohl härtesten Automobilrennen der Welt. Wie schwer es ist, diesen Marathon zu gewinnen, zeigen auch Momentaufnahmen wie diese zehn. Porsche hat Erinnerungen von zehn Ikonen im Cockpit und an der Boxenmauer aus den 16 Le-Mans-Siegen veröffentlicht, die bereits in der aktuellen Le-Mans-Sonderausgabe der Porsche-Hauszeitschrift «Christophorus» erschienen sind.

Jacky Ickx (Geb. 01.01.1945 in Brüssel, BE, vier Gesamtsiege auf Porsche, sechs insgesamt):

«Nach drei Stunden glaubten wir das Rennen verloren. Mein 936 war ausgefallen, und ich stieg bei Jürgen Barth und Hurley Haywood zu. Aber bei denen lief es auch nicht rund, wir lagen an 42. Stelle. Was dann geschah, ist für mich bis heute schwer fassbar. Es war wie ein Rausch. Ich bin die komplette Nacht durchgefahren, mit voller Geschwindigkeit, immer am Limit. Bei Regen und Nebel. Ich wurde immer schneller. Platz 42, 35, 28, 20, neun, sechs, fünf. Alle haben gespürt, dass wir das Unvorstellbare erreichen können. Jürgen und Hurley fuhren schneller denn je, die Mechaniker leisteten Unglaubliches. Ich spürte keine Müdigkeit. Dann gingen wir in Führung. Am Sonntagvormittag war ich total erschöpft. Am Schluss trug Jürgen den 936 mit nur noch fünf Zylindern ins Ziel. Ich hätte das nicht gekonnt. Man kann über viele Rennen tolle Geschichten erzählen. Aber 1977 ragt heraus. So etwas macht man nur einmal im Leben. Solche Rennen haben Porsche zur Legende gemacht.“

Hans Herrmann (Geb. 23.02.1928 in Stuttgart, Gesamtsieger 1970 auf Porsche):

«1969 habe ich den Sieg knapp an Jacky Ickx verloren, nachdem wir uns die letzten eineinhalb Stunden des Rennens in jeder Runde ein paar Mal überholt hatten. 1970 sorgte Ferdinand Piëch dafür, dass wir mit einem stärkeren Motor echte Siegchancen hatten. Dass ich genau ein Jahr nach dem knapp verpassten Sieg in Le Mans gewinnen konnte, war natürlich speziell. Außerdem war es der erste Gesamtsieg für ?Porsche – und es war mein letztes Rennen. Danach erklärte ich meinen Rücktritt vom Rennsport. Das hatte ich meiner Frau versprochen. Sie hat schon ein, zwei Jahre vorher angefangen zu drängen. Wegen der vielen Freunde, die wir verloren hatten. Auch mir war klar: Es kann ja nicht sein, dass ausgerechnet ich so viel Glück habe, und irgendwann ist diese Phase vielleicht zu Ende. Es war sehr bewegend, dass diese vielen Faktoren im Jahr 1970 zusammenkamen. Ob ich mir die Augen gewischt habe, weiß ich nicht mehr. Es kann aber gut sein, ich bin schon recht emotional.»

Richard Attwood (Geb. 04.04.1940 in Wolverhampton, UK, Gesamtsieger 1970 auf Porsche):

«Wir haben unter kuriosen Umständen gewonnen. Im Februar hatte mich Helmuth Bott, damals Porsche-Entwicklungsvorstand, gefragt, welches Auto ich für das 24-Stunden-Rennen in Le Mans wollte. Ich sagte ihm drei Dinge: Erstens wollte ich den 4,5-Liter-Zwölfzylinder anstatt des meiner Meinung nach anfälligen Fünflitermotors. Zweitens wollte ich die Kurzheck-Version des 917, weil das Auto mit dem langen Heck so instabil lag. Drittens wollte ich Hans Herrmann als Partner, weil er wusste, wie man bei diesem langen Rennen mit dem Material haushalten muss. Ich bekam alles. Und dann haben wir uns als 15. qualifiziert. In dem Moment dachte ich, ich hätte den größten Fehler meines Lebens gemacht. Wir würden keine Chance haben gegen die Fünflitermotoren. Wir waren nicht wettbewerbsfähig und konnten nur noch hoffen, dass die Autos vor uns Probleme bekommen würden. Genau das geschah.“

Peter Falk (Geb. 27.11.1932 in Athen, GR, Porsche-Rennleiter bei 7 Gesamtsiegen):

«1987 wollten wir in Le Mans wie immer mit drei Autos antreten und hatten einen vierten 962 als Ersatzauto aufgebaut. Es war damals üblich, dass ein Fahrer vor der Abreise nach Frankreich alle Autos in Weissach Probe fuhr. Hans-Joachim Stuck zerstörte dabei ein Auto irreparabel. Da waren’s nur noch drei. So ging es nach Le Mans. In einem der freien Trainings baute Price Cobb mit seinem Auto einen schweren Unfall. Da waren’s nur noch zwei. Mit den beiden sind wir ins Rennen gestartet. Nach knapp einer Stunde kam Jochen Mass an die Box. Der Motor war kaputt. Ich glaube, ein Kolben war durchgebrannt. Da war es nur noch eines … Es lagen 23 lange Stunden vor uns, fast das komplette Rennen – und wir hatten nur noch ein Eisen im Feuer, den 962 von Stuck, Derek Bell und Al Holbert. Die Situation war für mich als Rennleiter und die ganze Mannschaft wahnsinnig anstrengend und aufregend: Was würde passieren mit einem verbliebenen Auto? Es ging gut. Wir haben gewonnen.»

Norbert Singer (Geb. 16.11.1939 in Eger, Sudetenland, Projektleiter bei 9 Gesamtsiegen):

«Ein Dreifachsieg ist ein großer Moment. Ich war im Vorfeld zurückhaltend. Der 956 war ein komplett neues Auto. Man muss nicht immer gleich sagen: Hurra, wir fahren auf Sieg! Man muss erst mal gucken, denn 24 Stunden zu bewältigen, ist nicht so einfach. Dieser Erfolg war perfekt und eigentlich überraschend. Wir hatten unsere Aufgabe wirklich sehr ernst genommen. Ein paar Jahre zuvor hatten wir da nämlich einen Fehler gemacht. 1979 war Ernst Fuhrmann noch bei Porsche, und er sagte uns Ingenieuren: ,Was haltet ihr davon, wenn wir heuer in Le Mans fahren? Es gibt praktisch keine Konkurrenz.‘ Nach dem Motto: Da fahren wir spazieren und nehmen den Sieg mit. Und was war? Wir sind mit keinem der beiden Autos angekommen, haben auch ohne Konkurrenz verloren. Man kann nämlich auch über die eigenen Füße fallen. Mit dieser Erfahrung genoss ich den Sieg 1982. Der 956 kam direkt ins Museum. Das ist das Auto, das an der Decke hängt.»

Gijs van Lennep (Geb. 16.03.1942 in Bloemendaal, NL, Gesamtsieger 1971 und 1976 auf Porsche):

«Natürlich ist mir mein erster Gesamtsieg unvergesslich. Helmut Marko und ich fuhren einen Porsche 917 Kurzheck. Dass der einen extraleichten Magnesium-Gitterrohrrahmen hatte, erfuhren wir erst hinterher. Man wollte uns wohl nicht beunruhigen. Le Mans ist besonders und berauschend. Dort zu gewinnen, ist unvergleichlich. Aber noch mehr als der Sieg hat sich mir ein anderes Bild von diesem Rennen 1971 eingebrannt. Ich sehe es noch heute oft vor mir. Es war Nacht, ich fuhr mit etwa 350 km/h die Hunaudières runter. Und dann sah ich ein Feuer. Benzin rann über die Strecke. Das brennende Auto aus einer kleineren Klasse war zu meinem Glück schon am linken Streckenrand zum Stehen gekommen, und ich war auch glücklicherweise gerade nicht in einen Zweikampf oder in eine Überrundung verwickelt. Ich sah die gelben Flaggen und fuhr im Schritttempo an der Unfallstelle vorbei.»

Manfred Jantke (Geb. 02.10.1938 in Oppeln, Oberschlesien, PR- und Sportchef 1972-1991):

«Die Gegend an der Sarthe ist im Grunde von Langsamkeit geprägt. Und dann kommen einmal im Jahr die schnellsten Autos der Welt. Tempo zieht ein, bringt Spannung, Lärm und Gefahr. So ein Kontrastprogramm wie die Region erleben die Fahrer auch. Als Rennleiter habe ich die Fahrer oft zu ihren Einsätzen geweckt. Das waren spezielle Momente, und es gab große Unterschiede. Der körperlich stärkste Fahrer war sicher Jochen Mass. Er war eigentlich nie müde und brauchte kaum Schlaf. Jacky Ickx war immer sofort präsent, wenn man ihn weckte. Aber manche haben den Anforderungen kaum standhalten können, die musste ich aus einem tiefen Erschöpfungsschlaf rütteln. Kaum dass sie zu sich gekommen waren, mussten sie ans Steuer. Und damals waren die Autos auch noch wahnsinnig laut. Aus Abrahams Schoß direkt in eine Höllenmaschine – so muss sich das angefühlt haben.»

Jürgen Barth (Geb. 10.12.1947 in Thum,?Sachsen, Gesamtsieger 1977 auf Porsche):

«Es gehörte zu meinen Aufgaben, mich um die Kundenteams zu kümmern, und ich war zuständig für Organisatorisches, also Quartiere, Essen, Tickets und dergleichen. Parallel war ich Reservefahrer und hoffte immer auf einen Einsatz, wie 1982: Hurley Haywood, der sich einen 956 mit Al Holbert teilte, musste wegen einer Magenverstimmung aufgeben. Der Magen war eine Schwäche von ihm. Gegen 23 Uhr bekam ich Bescheid und sprang sofort in den Rennanzug. Die Kollegen lästerten damals, ich hätte Hurley etwas ins Essen gemischt, um fahren zu können. Das war natürlich Blödsinn. Im Auto ließ die Freude etwas nach, denn ich musste feststellen, dass Hurley und Al beide um einiges schmalere Becken hatten als ich. Meine Hüfte passte nur schräg in den Sitz, ich wechselte permanent von der einen auf die andere Seite. Wir sind Dritte geworden. Beim Start hatte ich nicht geahnt, dass ich teilnehmen würde. Sonntag stand ich auf dem Podium.“

Rudi Lins (Geb. 28.06.1944 in Bludenz, AT, Rennfahrer auf Porsche von 1964 bis 1971):

«Ich bin drei Mal in Le Mans gefahren, aber 1970 ist das Jahr, das mir am nachdrücklichsten in Erinnerung ist. Zusammen mit Helmut Marko haben wir im Porsche 908 die Prototypen- und die Index-Wertung gewonnen und sind Gesamtdritte geworden. Es hat nachts in Strömen geregnet. Stundenlang Regen, Regen, Regen. Es kann sich keiner vorstellen, der es nicht selbst erlebt hat, was das in Le Mans für einen Rennfahrer bedeutet. Wenn man ein Auto überholen will, muss man erst in die volle Gischt eintauchen. Man sieht nichts, hat keine Ahnung, was sich hinter der Gischt verbirgt: ein Auto? Zwei? Eine Zeit lang waren Hans Herrmann und ich gemeinsam in der Nacht unterwegs. Das tat gut, weil man wusste, wer da um einen rum ist. Für Helmut Marko und mich kam hinzu, dass unser 908 ein offenes Auto war. Wir waren am Ende eines Turns immer ganz nass – wenn nicht vom Schweiß, dann vom Regen. Ich war erst 25, ein junger Bursche.»

Hans-Joachim Stuck (Geb. 01.01.1951 in Garmisch-Partenkirchen, Gesamtsiege auf Porsche 1986 und 1987):

«Mein Le-Mans-Moment dauerte drei Minuten und 14,8 Sekunden. 1985 Poleposition mit dem Porsche 962 C, eine perfekte Runde. Und weil die Hunaudières-Gerade später durch Schikanen entschärft wurde, ist das wohl ein Rekord für die Ewigkeit. Der 962 ist das beste Rennauto, das ich je gefahren bin. Brachiale Leistung und ein wahnsinniger Ground Effect. Die Fliehkräfte waren enorm, Servounterstützung gab es auch keine. Man brauchte eine Kondition wie ein Bär und sehr viel Mut. Ich hatte wegen der Reifen nur einen Schuss. Start, Dunlop-Bogen, links, rechts durch die Esses. In der Tertre Rouge war ich an der Haftungsgrenze. Aber die Kurve ist so wichtig für den Speed auf der Hunaudières, und sie hat gepasst. 50 Sekunden Vollgas, dann aus 360 km/h die enge Mulsanne anbremsen, früh wieder aufs Gas. Indianapolis, Arnage, Porsche-Kurven, Maison Blanche, Ford-Schikane und fertig. In diesen drei Minuten war ich messerscharf konzentriert. Es gab nur mich und diesen Porsche in Le Mans

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