Valentino Rossi sucht das Glück

Nebelkerzen in Le Mans: Der grosse GT-Bluff

Von Oliver Runschke
Über der GTE-Klasse hängt kurz vor Le Mans das Damoklesschwert der Fahrzeugeinstufung. Es wird gezockt, was das Zeug hält.

Täuschen, tricksen und tarnen: Das Ergebnis vom Le-Mans-Vortest in der GTE-Klasse war eine Farce und taugt allenfalls dazu, sich aus dem Blatt einen Papierflieger zu basteln. Ansonsten kann man den Zeiten vom Sonntag nicht über den Weg trauen und daraus schon gar keine Prognose für das Rennen in zehn Tagen ableiten. In der GTE-Klasse wird gezockt, was das Zeug hält. Vor dem wichtigsten Rennen der Saison zwischen Porsche, Ferrari, Aston Martin und Corvette hängt der Fluch der Fahrzeugeinstufungen über der GTE-Pro-Klasse für Werksteams. Beim Test wird daher nicht schneller gefahren, als man gerade muss, ansonsten droht das Damoklesschwert der schlechteren Einstufung.

Das führte schon beim WEC-Lauf in Spa zu skurrilen Ergebnissen und setzte sich in Le Mans am Sonntag nahtlos fort. Im freien Training in Spa lagen erstaunliche viele Privatteams aus der GTE-Am-Klasse vor den Werksteams der GTE-Pro-Klasse. Denn nachdem die FIA Porsche nach dem Sieg im verregneten Rennen zum Saisonauftakt in Silverstone 25 Kilogramm aufbrummte, sind alle Hersteller noch vorsichtiger geworden als ohnehin schon. Corvette kann davon ein Lied singen: Im vergangenen Jahr bekamen die Amis zur ohnehin nicht passenden Einstufung kurz vor dem Rennen noch regelwidrige 10 Kilogramm Ballast verpasst und fuhren fortan so grandios hinterher wie noch nie, seitdem Corvette Racing in Le Mans startet.

Aston Martin fährt fünf Sekunden langsamer als vor zwölf Monaten

Auch beim Le Mans-Testtag zeigte sich, dass die grösste Kunst darin besteht, möglichst langsam zu fahren: Die Bestzeit von Frederic Makowiecki im Porsche 911 RSR war zwei Sekunden langsamer als Porsche im vergangenen Jahr mit dem RSR fuhr, die letztjährigen Polesetter von Aston Martin lagen am Sonntag  mehr als fünf Sekunden über ihrer Zeit von vor zwölf Monaten.
Hinter dem schnellsten am Sonntag, Porsche-Werksfahrer Frederic Makowiecki landete Paolo Ruberti im 8Star-Ferrari 458 Italia aus der Am-Klasse - unter den ersten zehn GTE lagen fünf GTE-Am. Zwar sind GTE-Pro und Am vom technischen Reglement her in diesem Jahr identisch, dennoch darf man von Werkautos einiges mehr erwarten. Auffällig war am Testtag eine Ferrari-Dominanz: Unter den ersten 13 lagen zehn Ferrari 458. Auch von der Bestzeit trennte Ferrari nicht viel, Giancarlo Fisichella lag im schnellsten 458 Italia nur 0,2 Sekunden zurück.

Obwohl die Technik der GTE-Klasse Stande Ende 2013 eingefroren wurde, sind die Werks-GTE technisch nicht identisch zum vergangenen Jahr. Porsche hat zum Saisonende des vergangenen Jahres den RSR verbessert, startet aber in Le Mans mit dem gleichen Aero-Kit, mit dem die Schwaben vor zwölf Monten einen Doppelsieg gelandet haben. Aston Martin fährt absolut unverändert zum Vorjahr und Ferrari durfte eine neue Aerodynamik homologieren. Das ist gemäss Reglement nicht vorgesehen und warum die Roten ein neues low-downforce-Kit fahren dürfen, kann niemand erklären. Corvette startet erstmals mit der neuen C7.R und profitiert nicht nur von dem neuen Auto, sondern auch von einer vorteilhafteren Einstufung als bei der alten C6.

Werke befürchten neue Einstufungen vor Le Mans

Eine erste Änderung der Einstufung gab es bereits zum Testtag. Aston Martin bekam einen um fünf Liter grösseren Tankinhalt zugesprochen. Die fünf Liter hatte die FIA den Briten im vergangenen Jahr gestrichen, als die Aston Martin beim Rennen in Austin/Texas beinahe mit vier Stopps über die Distanz von sechs Stunden gekommen wären. Die Vantage drückt nun aber noch eine Erhöhung der Bodenfreiheit um fünf Millimeter, die Aston Martin eine Woche vor dem Saisonstart in Silverstone aufgedrückt bekam. Nun hoffen oder befürchten die vier Werke in der GTE-Pro-Klasse, je nach Ausgangsposition, auf weitere Post von der FIA nach dem Testtag.

Porsche-Sportchef Hartmut Kristen, im Fahrerlager ohnehin nicht gerade als Fan von Fahrzeugeinstufungen bekannt, zeterte nach dem Testtag: «Ich denke, dass heute noch nicht alle Hersteller die Karten auf den Tisch gelegt haben, um keine schlechtere Einstufung zu riskieren. Es wäre sicherlich der bessere Weg, eine Regelung zu finden, bei der man nicht Angst haben muss, für eine gute Performance sofort bestraft zu werden, so wie das uns nach unserem Doppelsieg beim Saisonauftakt in Silverstone passiert ist. Der augenblickliche Zustand wird einem Saisonhöhepunkt wie den 24 Stunden von Le Mans nicht wirklich gerecht.»

Auch Makowiecki tappt komplett im Dunkeln, was das Kräfteverhältnis in der GTE-Klasse angeht: «Ich kann es nicht einschätzen. Es wird sicherlich sehr eng und ich denke, wir müssen im Rennen den ersten Stint abwarten um eine Aussage treffen zu können.»

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