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Timo Bernhard: «Bin oft an die 100 Prozent gekommen»

Von Felix Schmucker
Timo Bernhard mit Mutter Scholli und Vater Rüdiger

Timo Bernhard mit Mutter Scholli und Vater Rüdiger

Sportwagen-Superstar Timo Bernhard spricht im Interview über das Ende seiner professionellen Fahrer-Karriere. Er hat nun mehr Zeit für sein eigenes Team75 Bernhard, das 2020 auch wieder im ADAC GT Masters antritt.

Rund 20 Jahre lang hat Timo Bernhard als Fahrer die Sportwagenszene geprägt. Ob beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring, in der ALMS, in Le Mans oder in der FIA-Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC - überall war der Saarpfälzer erfolgreich. Seit 2016 engagiert er sich mit seinem Team75 Bernhard zudem im ADAC GT Masters, seit 2018 auch als Fahrer. Auf dem Nürburgring gelang ihm in diesem Jahr sein erster Sieg in der 'Liga der Supersportwagen'. Nun hat Bernhard bekannt gegeben, dass er seine Karriere als Rennprofi beendeten wird.

Herr Bernhard, ihr Rücktritt kam für viele überraschend. Warum beenden Sie gerade jetzt Ihre professionelle Laufbahn?

«Die Entscheidung war natürlich ein Prozess. Anfang August nach den 24 Stunden von Spa wurde sie für mich immer konkreter. Das Ganze war und ist natürlich für mich sehr emotional, weil man selbst merkt, dass eine Ära zu Ende geht. Zwei Gründe haben eigentlich letztendlich den Ausschlag gegeben: Zum einen habe ich das Gefühl, alle meine Ziele im Profisport erreicht zu haben. Zum anderen warten im Leben irgendwann neue Aufgaben. Ich hatte die Möglichkeit, jetzt Porsche-Markenbotschafter zu werden - eine Rolle, die ich schon immer angestrebt habe und die für mich ein Ziel nach meiner Profikarriere war. Das war sehr verlockend. Ich habe aber auch gemerkt, dass es für unser Team an der Zeit ist, den nächsten Schritt zu machen. Und dafür braucht es einfach mehr Aufmerksamkeit von mir. Ich habe gemerkt, dass ich durch die bisherige Doppelrolle als Fahrer und Teamchef etwas limitiert war. Jetzt habe ich einfach mehr Kapazitäten, um mich um das Team zu kümmern - sowohl was das Tagesgeschäft angeht als auch an den Rennstrecken. Und hoffentlich habe ich auch mehr Zeit für die Familie, die zuletzt oft auf mich verzichten musste.»

Was wird für Sie die größte Änderung sein?

«Wenn man als Leistungssportler an die Spitze will, muss man sich damit Tag und Nacht beschäftigen - ob es Fitness, Ernährung oder die Technik war. Das wird zukünftig nicht mehr so sein. Ich habe das in den vergangenen 20 Jahren sehr intensiv gemacht, vor allem in der LMP1-Zeit. Das war das allerhöchste Niveau, das ich mir für mich habe vorstellen können. Ich bin in dieser Zeit sehr oft an die 100 Prozent herangekommen, die ich leisten kann. Und das ist einfach ein unglaubliches Gefühl, das man nur schwer erreichen kann. Es war eine unheimlich tolle Zeit. Aber die vergangenen beiden Jahre mit der Doppelrolle waren nicht weniger aufregend. Ich hatte zwar nicht wirklich weniger zu tun, aber als Teamchef beschäftige ich mich einfach mit anderen Dingen.»

Wie wird Ihre neue Rolle aussehen?

«Zum einen bin ich Porsche-Botschafter. Das ist ein sehr elitärer Kreis, denn bisher waren dies aus dem Motorsport nur Mark Webber und Walter Röhrl. Das ist eine spannende Rolle, in der ich sehr viele Bereiche abdecke - nicht nur Motorsport. Was unser Team betrifft, da werden wir uns klarer strukturieren. Es gibt jetzt drei Säulen. Zum einen unser Juniorteam im Kartsport, das wir zukünftig bei uns ins Haus holen werden und um das sich mein Vater kümmern wird. Das Juniorteam hat bereits in diesem Jahr erste Früchte getragen, denn mit Alexander Tauscher steigt ein vielversprechendes Talent bei uns in die ADAC GT4 Germany auf. Die zweite Säule ist der GT4-Kundensport für Amateurfahrer. Dazu zählen auch Trackdays oder der Porsche Sports Cup. Betreut wird das GT4-Programm von Klaus Graf. Der dritte Bereich ist das Pro-Team, das im ADAC GT Masters fährt. Ich stehe über allem, aber werde mich gezielt um die GT3 kümmern. Zudem verstärken wir uns auf der technischen Seite und haben jemanden verpflichtet, der ein absolutes Ass ist und über viel Erfahrung aus dem LMP1-Bereich mitbringt. Wir haben im GT-Bereich eine richtig gute Infrastruktur, die zahlreiche Aufstiegsmöglichkeiten bietet. Das gibt es sonst vielleicht nur im Formelsport.»

Stichwort ADAC GT Masters: Wenn Sie auf die diesjährige Saison zurückblicken, in der Sie sich ein Auto mit Klaus Bachler geteilt haben, wie fällt Ihre Bilanz aus?

«Mit der endgültigen Platzierung sind wir natürlich nicht zufrieden. Da sind wir ehrgeizig. Es gab mehrere Punkte, die da reingespielt haben. So waren wir bei den ersten beiden Läufen in mehrere Unfälle verwickelt. Das hat natürlich nicht geholfen. Was mir aber gut gefallen hat, ist, dass wir einen tollen Spirit hatten und trotz des schlechten Saisonbeginns eine relativ starke Sommerzeit mit drei Podestplätzen und dem ersten Sieg hatten. Auch das Hockenheim-Wochenende mit zwei Top-fünf-Platzierungen war gut. Wir haben in dieser starken Phase gezeigt, dass wir zu den fünf besten Teams in der Serie gehören. Leider haben wir das nicht über das ganze Jahr zeigen können, und das hätten wir gebraucht, um wirklich um den Titel mitkämpfen zu können. Denn das ist das Level, das wir zukünftig anstreben. Aber trotz allem hatten wir bis zum Sachsenring zumindest theoretisch noch Chancen auf die Vizemeisterschaft, was bei der hohen Leistungsdichte auch nicht so einfach ist.»

Wie geht es 2020 mit dem Küs Team 75 Bernhard im ADAC GT Masters weiter? Das erste Auto ist ja bereits besetzt ...

«Genau. Den ersten Porsche 911 GT3 R unseres Teams werden Klaus Bachler und Simona de Silvestro fahren. Es ist toll, dass Klaus weiter bei uns ist. Er ist für mich einer der meistunterschätzten Fahrer. Er ist extrem gut, technisch versiert und ein toller Teamplayer. Es ist wichtig, dass wir eine Konstante haben, die das Auto, die Serie und die Reifen kennt. Es ist auch für Simona wichtig, dass sie einen Teamkollegen hat, der zusammen mit dem Team dafür sorgt, dass sie sich schnell zu Hause fühlt. Simona ist extrem stark. Sie hat mich schon vor einigen Jahren in der IndyCar-Serie beeindruckt. Sie hat schon oft bewiesen, dass sie ein riesiges Potenzial hat. Es ist eine Auszeichnung für das ADAC GT Masters, dass sie als absolute Weltklassefahrerin dort antreten wird. Sie ist für mich vielleicht sogar die beste Rennfahrerin, die es aktuell gibt. Insgesamt ist es eine tolle Konstellation und unser Anspruch ist ganz klar, Topleistungen zu zeigen. Für das zweite Auto gibt es sehr viel Interesse. Auch dort kann eine spannende, erfolgversprechende Konstellation herauskommen.»

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