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«Dakar»: Größtes Abenteuer für Ilka Minor

Von Toni Hoffmann
Der Ford Raptor beim Test in Dubai

Der Ford Raptor beim Test in Dubai

Ilka Minor hat bei 223 internationalen Rallyeeinsätzen wahrlich viel erlebt. Doch am 2. Januar 2017 beginnt für sie das wohl größte Abenteuer, als Co-Pilotin von Martin Prokop gibt Ilka ihr Debüt bei der bekannten Rallye

125 Weltmeisterschafts-Rallyes, insgesamt bereits 223 Gesamtstarts im Rallyesportmit dieser beeindruckenden Zwischenbilanz ihrer internationalen Karriere als Rallyecopilotin begibt sich Ilka Minor dieser Tage auf ein ihr bislang völlig unbekanntes Terrain: Die 41-jährige in Wien lebende Kärntnerin wird an der Seite des Tschechen Martin Prokop ihr Debüt bei der weltberühmten Rallye Dakar geben, die von 2. bis 14. Januar in Südamerika abgehalten wird und als «Königin» aller Marathonrallyes gilt.

Giftschlangen und Riesenspinnen

Das Biwak ist quasi die mitrollende Basis der Rallye Dakar – in dem riesigen Lager wird auch jenes Wohnmobil stehen, in dem Ilka Minor und Martin Prokop nächtigen werden. Weil dort nur begrenzt Platz vorhanden ist, müssen die Mechaniker der Prokop-Crew wie viele andere auch mit Zelten Vorlieb nehmen. An sich keine Schreckensvision – doch die Dakar wird heuer erstmals in Paraguay gestartet. Womit den «Jungs, die im Zelt schlafen müssen» eine weniger erholsame Nacht drohen könnte, Ilka erklärt: «Dort soll es sehr viele Giftschlangen und auch große Spinnen geben.“ Mit einem Augenzwinkern fügt Ilka hinzu: „Die Bildersuche im Internet wirkt wenig beruhigend.» Die mit 39 SP-Kilometern relativ kurze Eröffnungsetappe könnte also für manche im Tross nicht die einzige «heiße Action» des ersten Tages bleiben.

Am zweiten Tag werden bereits 275 Prüfungskilometer absolviert, die SP-Längen werden im weiteren Verlauf der Rallye bis auf 500 SP-Kilometer gesteigert, am längsten Tag werden beinahe 1.000 Kilometer zurückgelegt, davon 406 im SP-Modus. Ilka Minor gibt offen zu: „Ich bin noch nie so lange in einem Wettbewerbsauto gesessen. Die Sitze sind ganz ähnlich wie im Rallyeauto – nur dass der Schalensitz kleinere Ohren hat, weil du sonst zu oft mit dem Helm anschlagen würdest. Außerdem hast du eine andere Sitzposition, weil du ja in die Ferne schauen und gemeinsam mit dem Fahrer eventuelle Gefahren erkennen sollst.“

Seekrank in der Wüste

Wer schon einmal die Erfahrung machen durfte, mit einem starken und großzügig gefederten Gefährt in der Wüste steilste Dünen hinauf- und hinab zu erklimmen, wird wohl zustimmend nicken, wenn Minor erzählt: «Du siehst oft nur noch den Himmel, so steil geht es bergauf, dann geht es im Sturzflug hinunter – dabei kann man nicht nur die Orientierung verlieren, sondern auch seekrank werden. Bei der Abu Dhabi Desert Challenge wurden heuer zahlreiche Piloten seekrank – das kann so weit gehen, dass man deshalb die Rallye aufgeben muss. Zum Glück hat unser Team einen Wüstentest absolviert, sodass wir uns ein wenig darauf einstellen konnten.»

Zumal in der Wüste ohnehin alles anders ist: Eine Besichtigung, wie bei den herkömmlichen Rallye üblich, gibt es freilich nicht. Das Roadbook ist die «Bibel» des Raid-Copiloten, in Kombination mit einem mit Display ausgestatteten Kästchen. Die Vorstellung, Ilka Minor würde mit einem analogen Kompass auf dem heißen Sitz den Weg durch die Wüste ausforschen, kann man getrost für immer verwerfen – vielmehr erinnert das Szenario an Computerspiele. Ilka erläutert: «Du fährst im Roadbook Wegpunkte ab, eine mit Kompass ausgestattete GPS-Box zeigt dir am Display bestimmte Infos an. Es gibt offene Wegpunkte: Dabei zeigt dir die GPS-Box eine Kompassnadel, einen Pfeil an, der die Richtung vorgibt - wenn du den Punkt erfasst hast, ertönt ein Signalton. Bei den versteckten Wegpunkten verschwindet der Pfeil – stattdessen wird eine Zahl, werden Kompassgrade angezeigt, da ist es dann schon schwieriger, die korrekte Richtung zu halten. Sobald du im Umkreis von 800 Metern eines versteckten Wegpunktes bist, kehrt auf dem Display der Kompass zurück.»

Der analoge Kompass ist übrigens ebenso verboten wie beispielsweise Smartphones und damit einhergehende Kompass-Applikationen. Dafür wiederum findet man im Raptor von Prokop und Minor ein altes Satellitentelefon in bester «Knight Rider»-Optik. Ilka: «Das alte Satellitentelefon ist erlaubt – zumal du mit dem normalen Handy ohnehin kaum Empfang hast, während der Satellit ungestört erreicht werden kann.» Darauf basiert auch jene Art Blackbox, mit der die Teilnehmer Infos an die Rennleitung senden können: «Bei einem Crash drückst du den roten Knopf, wenn jemand verletzt ist. Grün bedeutet Crash ohne Verletzte. Blau bedeutet, dass man stoppt, um einem anderen Teilnehmer zu helfen.»

Höhenkrank über 4.000 Meter

Sollte man andere Teilnehmer vor dem Traualtar einander das „Jawort“ gebend erblicken, könnte jener Fall eingetroffen sein, der dem Dakar-Tross zumindest theoretisch gleich ab der dritten Etappe droht: die berüchtigte Höhenkrankheit. Denn gleich am dritten Tag wird in Bolivien von runden 300 Metern Seehöhe auf eine Höhe von über 4.000 Metern „übersiedelt“. Ganze sechs Tage verbringt das Feld in diesen luftigen Höhen bis hin zu 4.900 Meter. Die Gefahr der Höhenkrankheit ist den Dakar-Teilnehmern bewusst. So haben Martin Prokop, dessen Freundin und Ilka Minor wegen dieser Gefahr in Colorado/USA extra ein spezielles Fitnesstraining über 2.500 Metern Seehöhe absolviert. Minor berichtet: «Wir waren 15 Tage zusammen unterwegs, um uns annähernd auf die Bedingungen in Bolivien einstellen zu können. Das war zugleich auch ein guter Test, ob wir es menschlich so lange auf engstem Raum miteinander aushalten. Und dabei gab es überhaupt keine Probleme. Martin war immer gut aufgelegt und fröhlich, zugleich aber in hohem Maße fokussiert. Martin wirkt rein äußerlich immer recht gemütlich – doch er ist gut trainiert und eine harte Nuss.»

Ziel als Ziel

Für ihre Dakar-Premiere hat Ilka Minor ganz bewusst auf jedes Spekulieren mit einer konkreten Platzierung verzichtet: «Für mich ist es die erste Dakar und da ist ganz einfach nur das Ziel das Ziel. Es wäre schön, wenn ich meine erste Dakar durchfahren könnte. Ich bin theoretisch sehr gut auf meine erste Rallye Dakar vorbereitet – in der Praxis jedoch weiß ich nicht, ob ich in der Lage sein werde, all die Erkenntnisse auch umzusetzen. Martin ist ein ausgeglichener Pilot und sein privates Team ist klein aber fein.»

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