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Honda & Dakar: So sieht ein schlechter Verlierer aus

Von Günther Wiesinger
Auch im fünften Jahr wurde das Honda-Werksteam bei der Dakar-Rallye von KTM schwer geschlagen. Honda hält die 60-Minuten-Zeitstrafe für ungerechtfertigt.

Der 33-jährige Joan Barreda nahm seine Niederlage bei der Dakar-Rallye sportlich. Er gab seine Antwort auf den verheerenden Penalty unbeirrt auf der Strecke, gewann vier von zehn Etappen, kam aber über Platz 5 in der Gesamtwertung mit 43:08 min Rückstand nicht hinaus, weil das Honda-Werksteam bereits am vierten Tag 60 Strafminuten wegen illegalen Nachtankens erhielt.

Das Honda-Team hatte die Sprint,enge für die Werkspiloten Barreda, Brabecm Gncalves und Metge an diesem Tag schlicht falsch berechnet und deshalb einen illegalen Tankstopp eingelegt, um Ausfälle der kompletten Mannschaft durch Spritmangel zu verhindern.

Joan Barreda fiel durch die Strafe vom zweiten auf den 32. Platz zurück; zu diesem Zeitpunkt führte Husqvarna-Fahrer Pablo Quintanilla.

Am Schluss feierte KTM mit Sunderland, Walkner und Farrés einen Hattrick, es war der 16. Gesamtsieg für KTM hintereinander und der erste Sieg eines Briten in der Dakar-Geschichte.

Honda musste beim fünften Werksauftritt von HRC eine empfindliche Niederlage hinnehmen: 5. Barreda. 6. Goncalves. 8. Caimi. 14. Metge.

Sogar Yamaha-Pilot Adrien van Beveren kam als Vierter vor der Honda-Truppe ins Ziel.

Das Honda Team reagierte am Samstag und Sonntag mit zwei Press-Releases mit merkwürdigen Statements und Inhalten.

Man wird erinnert an das Jahr 2015, als Casey Stoner beim 8-h-Rennen in Suzuka auf der Honda schwer stürzte und Honda tagelang nicht eingestand, dass ein Elektronik-Defekt (Traction Control) zu diesem wilden Crash geführt hatte.

Am Samstag bezeichnete sich Honda gleich als «moralischen Sieger» der Dakar 2017.

Der Gesamtstand widerspiegle nicht die wahre Story, denn die Honda CRF450 Rallye habe die Hälfte der Etappen gewonnen und über die ganzen zwei Wochen dominiert, wurde betont. Aber die Gesamtplatzierungen von Joan Barreda und Paulo Goncalves seien durch einen 60-Minuten-Penalty schwer beeinträchtigt worden, der entsprechende Eintrag im Gesetzbuch habe unterschiedliche Interpretationen erlaubt, wurde von Honda verlautbart. Die Zeitstrafen wurden als «Hammerschlag» bezeichnet.

Dann wörtlich: «Ohne diese Sanktion hätte das Gesamtergebnis die klare Vorherrschaft des Teams auf der Strecke widergespiegelt. Das Monster Energy Honda Team verlässt den Event als klarer moralischer Sieger.»

Ja, ja. Wenn das Wörtchen 'wenn' nicht wär', wäre ich schon längst ein Millionär. Oder ein bisschen vulgärer: Wenn meine Tante vorne so ein Ding hätte, wär' sie mein Onkel...

KTM hätte auch melden können: Wenn Toby Price, unser bester Mann und Vorjahresieger, nicht durch einen Oberschenkelbruch ausgefallen wäre, hätten wir viel überlegener gewonnen. Ich habe aber nichts dergleichen gelesen.

Ich habe volles Verständnis für die Enttäuschung der Honda-Truppe, deren Aufwand keine Grenzen kannte. Shuhei Nakamoto, Executive Vice President von HRC, sagte klipp und klar: «Die Dakar-Rallye ist das zweitwichtigste Projekt von HRC nach der MotoGP-WM.»

Aber Honda hat in fünf Dakar-Jahren nur einen Podestplatz errungen – 2015 wurde Goncalves Zweiter.

Im Honda-Press-Release erfuhren wir auch, Honda habe die Dakar mit einem erfreulichen Spielstand beendet, das Resumee falle positiv aus, denn man habe auf den zehn Etappen bewiesen, dass man alle Requisiten habe, die man für einen Dakar-Triumph brauche.

Das entspricht über weite Strecken der Wahrheit, Fahrer und Motorrad sind wettbewerbsfähig, das bestreitet niemand.

Aber illegales Nachtanken, schön heimlich 1 km abseits der Strecke, da bleibt kein Spielraum für Interpretationen, das ist Betrug, das ist ein Taschenspielertrick, der geahndet werden musste. Die KTM-Fahrer führten an diesem Tag nicht zum Spaß einen Zusatztank mit 25 Litern mit sich.

Niemand bestreitet: Barreda hat 2017 vier Dakar-Etappen gewonnen.

Aber die seltsame Honda-Rechnung, Barreda und Goncalves hätten ohne die 60 Minuten Strafe die Plätze 1 und 2 belegt, ist realitätsfremd, um es vornehm auszudrücken. Da fehlt bei Honda jede Einsicht.

Klar, Barreda und Goncalves kamen 43 beziehungsweise 52 Minuten hinter Sieger Sam Sunderland (KTM) ins Ziel. Aber die KTM-Fahrer Sunderland und Walkner waren nach dem Honda-Fauxpas oft im Cruise-Modus unterwegs, besonders Sunderland lag ja teilweise mit mehr als 35 Minuten Vorsprung vorne.

Sam Sunderland (27) war seinem Red Bull KTM-Teamkollegen «Hiasi» Walkner sogar behilflich, auf Platz 2 vorzustossen und dieses Topergebnis abzusichern. Etappensiege standen für KTM in der zweiten Hälfte der Rallye nicht mehr im Vordergrund.

Joan Barreda hat schon 18 Etappensiege

Wer am grossen Ziel scheitert, muss seine Performance auf Nebenschauplätzen ins rechte Licht rücken. Barreda hat jetzt 18 Dakar-Etappensiege, er hat damit Rekordhalter Edi Orioli überholt, der die Dakar-Rallye 1988 auf Honda gewann. Brav.

Der Vollständigkeit halber sei aber erwähnt, dass ein Teil dieser 18 Etappensiege von Barreda (er fuhr 2014 erstmals auf Honda) auf Husqvarna gewonnen wurde... Aus dem Honda-Release geht das natürlich nicht hervor.

Dann hält die Honda-Pressemitteilung vom Sonntag noch einmal in aller Deutlichkeit fest, dass Barreda quasi um den Gesamtsieg betrogen wurde. «Durch einen strengen 1-Stunden-Penalty nach unterschiedlicher Interpretationen zu den Nachtank-Richtlinien wurde dem Spanier effektiv die bronzene Tuareg-Statue aus den Händen gestohlen», ist da zu lesen.

Dabei stellte der mehrfache Dakar-Sieger Marc Coma als Dakar-Rennleiter klar fest: «Das illegale Nachtank-Manöver von Honda wiegt so schwer, als würde man ein Fahrzeug aus dem Parc Fermé entfernen.» Das Reglement hätte auch 5 oder 10 Stunden Strafe erlaubt, sogar die Disqualifikation wäre im Strafrahmen gelegen.

Man kann über den Wortlaut der Honda-Hofberichterstattung geteilter Meinung sein. Aber als Musterbeispiel eines fairen Verlierers stellt sich Honda in diesem Fall nicht dar.

Nakamoto redet sich seit Jahren in Rage, sobald man auf KTM zu sprechen kommt. 2013 sagte er mir beim Silverstone-GP: «KTM ruiniert den Motorsport.»

Denn der David aus Oberösterreich hatte sich damals erdreistet, 27 Moto3-WM-Läufe in Serie gegen den Goliath aus Japan zu gewinnen – und Jack Miller von einem privaten Honda-Team wegzulocken.

KTM hatte sich damals wahrhaft eines schweren Vergehens schuldig gemacht: Die KTM-Ingenieure hatten das Moto3-Reglement sorgfältig studiert und dann – ohne Einverständnis von Honda – ein Sieger-Motorrad gebaut, das in fünf Jahren viermal die Konstrukteurs-WM gewann.

Honda kopierte nachher für 2014 das Bohrung/Hub-Verhältnis von KTM und deren Doppelauspuff – und gewann mit Danny Kent souverän die WM.

Honda heimst ja im Motorradsort einen Erfolg nach dem anderen ein, und kein Werk kann zu jeder Zeit in allen Rennserien gleichzeitig gewinnen.

Honda triumphierte im Vorjahr in der MotoGP-WM mit Marc Márquez, auch Crutchlow, Miller und Pedroa feierten MotoGP-Siege, dazu wurde im Wettstreit mit KTM endlich die Motocross-WM gewonnen MXGP, jetzt führt Ken Roczen in der prestigereichen Supercross-WM.

In solchen Zeiten sollte ein Gigant wie Honda über den Dingen stehen – und den Dakar-Erfolg von KTM sportlich hinnehmen, wie auch den Moto3-Triumph von Brad Binder in der WM 2016.

Aber Nakamoto (60) geht Ende April in Pension. Er hätte sich bei der «Dakar» gern noch ein nettes Abschiedsgeschenk gemacht.

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