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BMW-Boss: Ausstiege trüben DTM-Aussichten auf Jahre

Von Rob La Salle
BMW-Motorsportdirektor Jens Marquardt

BMW-Motorsportdirektor Jens Marquardt

Im Interview spricht BMW-Motorsportdirektor Jens Marquardt über die aktuelle Krise und die Zukunftsperspektiven für die DTM.

Die DTM erlebt aktuell zum einen aufgrund der aktuellen Zwangspause und zum anderen aufgrund der ungewissen Zukunft eine schwere Zeit. BMW-Motorsportdirektor Jens Marquardt erläutert im Interview die Situation der DTM und bezieht in der Diskussion um die Zukunft der Rennserie Stellung.

Herr Marquardt, wie wirkt sich aus Ihrer Sicht die Corona-Pandemie generell auf den Motorsport aus?

Ganz grundsätzlich hat die Pandemie gravierende Auswirkungen auf alles und jeden – natürlich auch auf die Automobilindustrie und den Motorsport, der ja in großen Teilen von seinem Eventcharakter und den Fans an der Strecke lebt. Ich betrachte die Perspektive für den Motorsport in drei Zeiträumen: Kurzfristig war es nach allem, was uns Wissenschaftler und Politiker seit vielen Wochen sagen, absolut notwendig, jeglichen Rennbetrieb zu stoppen. Mittelfristig haben wir die Hoffnung – umso mehr nach der Vorstellung des angepassten DTM-Kalenders –, in diesem Jahr mit auf die Pandemie angepassten Konzepten noch Rennen fahren zu können und unsere BMW M4 DTM in Action zu sehen. Eine langfristige Prognose traue ich mir noch nicht zu, da die Gesamtsituation zu unberechenbar ist.

Hätten Sie vor ein paar Wochen damit gerechnet, in diesem Jahr überhaupt noch einmal Rennsport bieten zu können?

Ich war bei aller Ungewissheit, die man aufgrund der fragilen Lage haben muss, immer guter Hoffnung, dass wir dieses Jahr auf die Rennstrecke zurückkehren werden. Die Zeichen dafür stehen nun noch etwas besser als zuvor. Wichtig ist mir aber zu betonen, dass wir nur Rennen fahren können und wollen, wenn es die allgemeinen Randbedingungen erlauben, die Konzepte dazu von der Politik für gut befunden werden. In diesem Zusammenhang möchte ich ein großes Kompliment aussprechen: Das von Herstellern und ITR gemeinsam ausgearbeitete Hygienekonzept ist sehr durchdacht und stellt die Gesundheit und Sicherheit aller an der DTM beteiligten Personen an vorderste Stelle. Natürlich werden wir die ganz bittere Pille schlucken müssen, dass uns unsere Fans nicht an der Rennstrecke unterstützen können. Das ist ein großer Wermutstropfen, aber ich denke, dass wir ihnen dennoch auch am Bildschirm eine gute Show bieten können.

Mit welchen Gefühlen bereiten Sie sich auf die DTM-Saison vor?

Mit gemischten Gefühlen – das trifft es wohl am ehesten. Natürlich steht die Corona-Pandemie über allem. Wenn ich aber auf das Sportliche schaue, dann sind wir motivierter denn je zu beweisen, dass mehr in unserem Paket steckt als das, was wir im letzten Jahr in der zweiten Saisonhälfte zeigen konnten. Dafür haben wir in der langen Vorbereitungsphase hart gearbeitet. Bei aller Vorfreude auf die anstehende Saison gebe ich aber auch offen zu, dass die Rückzugs-Ankündigungen unserer Mitbewerber die Aussichten auf die kommenden Monate und Jahre getrübt haben.

Wie meinen Sie das?

Wir hatten zwei Handlungsstränge: Zum einen den Fans – zumindest am Bildschirm – 2020 tolles Racing zu bieten und dafür die erforderlichen Rahmenbedingungen zu schaffen. Zum anderen, die DTM fit für die Zukunft zu machen und gemeinsam am letzten Feinschliff für die Hybridisierung 2022 und die Elektrifizierung 2025 zu arbeiten. Dieser zweite Handlungsstrang bricht nun natürlich weg.

Was heißt das für die Zukunft der DTM?

All unsere werksseitigen Motorsport-Engagements haben genau die gleiche DNA wie die DTM: den Hersteller-Wettbewerb auf Top-Niveau. Darauf sind die DTM als Rennserie und das zugrunde liegende Class-1-Reglement ausgelegt. Der Ausstieg von Audi konterkariert diese Voraussetzung, das ist klar.

Wann werden Sie über eine mögliche Saison 2021 entscheiden?

Es ist nicht an BMW allein, eine Entscheidung zu treffen. Es gilt jetzt, sich gemeinsam im Rahmen der ITR-Gremien über die Auswirkungen des Audi-Ausstiegs im Detail klarzuwerden und diese aufzuzeigen. Wenn das geschehen ist, wird man sehen, was das für die DTM, das zugrunde liegende Class-1-Reglement und die Zukunft bedeutet.

Worauf liegt nun Ihr Fokus?

Unser Fokus liegt voll und ganz auf der Saison 2020. Bei uns im Team ist jeder bis in die Haarspitzen motiviert und kann die Testfahrten in der kommenden Woche am Nürburgring kaum erwarten. Die Vorstellung des angepassten DTM-Rennkalenders lässt uns alle dem Start der Saison umso mehr entgegenfiebern. Die Konzentration auf Deutschland und seine direkten Nachbarländer Belgien und die Niederlande folgt dem Gebot der Stunde, keine unnötig langen Reise- und Transportwege zu haben. Darüber hinaus begrüße ich auch die Ansetzung von aufeinander folgenden Rennwochenenden auf derselben Strecke. Das ist ebenfalls ein Ausdruck maximaler Effizienz und Planungssicherheit. Ich kann nur noch einmal betonen: Unsere Leidenschaft für die DTM lebt – und wir wollen allen Fans in 2020 tolles Racing bieten. Darauf bereiten wir uns nun vor.

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