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Audi-Pilot Jamie Green: «Ich muss geduldig sein»

Von Andreas Reiners
Geduldig: Jamie Green

Geduldig: Jamie Green

DTM-Pilot Jamie Green im SPEEDWEEK.de-Interview über das lange Warten auf den Titel, seinen Wechsel zu Audi und Deutschkurse.

Jamie, warum hast du dich für einen Wechsel zu Audi entschieden?

Ich wollte mal eine Abwechslung im Leben haben. Ich war lange bei Mercedes und weiß die gute Beziehung zu dem Team auch zu schätzen. Ich hatte da auch eine gute Zeit. Ich wollte aber mal was anderes machen. Audi hat mir eine gute Möglichkeit geboten. Ich wollte mit anderen Menschen arbeiten, einen anderen Ansatz erleben. Audi ist ein gutes Team für mich. Ich hoffe, dass ich in den nächsten Jahren viel Spaß haben werde.

Was sind denn die Unterschiede zwischen Mercedes und Audi?

Das ganze Arbeitssystem ist anders. Es gibt Audi Sport, die das Auto designen und entwickeln. Dann gibt es noch die Teams, die die Wagen einsetzen. Das ist anders als bei Mercedes. Bei Mercedes wurden die Autos mit HWA unter einem Dach entwickelt und gefahren, bei Audi ist das ausgelagert. An das System muss ich mich gewöhnen, auch dass ich mit mehr Leuten arbeiten muss. Aber ich habe den Wechsel gemacht, um etwas Neues zu erleben. Und das ist es: anders! Lernen und sich entwickeln ist ein Teil des Lebens, das will ich. Ich will nicht 15 Jahre lang dasselbe machen. Ich bin 30 und habe, wenn ich gut arbeite, noch zehn Jahre in der DTM. Warum soll man 15 Jahre lang bei denselben Leuten bleiben und nie etwas anderes machen?

Wie weit bist du selbst, prozentual gesehen?

Um das Maximum herauszuholen, bin ich momentan wohl bei 80 bis 90 Prozent. Ich will im Laufe der Saison das Beste rausholen, das war immer mein Ziel, auch bei Mercedes schon. Das kann dieses Jahr schwierig werden, denn die Regeln sind eingefroren und wir haben nicht das stärkste Auto. Die Herausforderung ist, das Beste aus dem Wagen herauszuquetschen und Spaß dabei zu haben. Ich will die neue Chance genießen.

Jeder wartet auf deinen Durchbruch in der DTM. Was fehlt dir noch?

Letztes Jahr hat nicht viel gefehlt, da habe ich jedes Rennen in den Punkten beendet. In der DTM gibt es darauf keine wirkliche Antwort. Letztes Jahr waren wohl die Boxenstopps das Problem. Ich hatte lange Stopps, wenn ich vorne mitgefahren bin. Und dann binr ich, weil es kein DRS oder Option-Reifen gab, hinter Leuten gelandet, die eigentlich langsamer waren als ich. Davor waren es die Starts. Es gab aber immer ein Licht am Ende des Tunnels, wo man mein Talent sehen konnte. Ich glaube, man muss geduldig sein. Das Talent ist da, die Erfahrung ist da. Es wird passieren, aber man kann es nicht erzwingen.

Hast du Angst, irgendwann das ewige Talent zu sein?

Sich darüber Gedanken zu machen, wird mir nicht helfen. Wenn ich immer denke: ‹Mist, ich habe mein Potenzial wieder nicht ausgeschöpft›, geht das nach hinten los. Manchmal muss man einfach mutig sein. Ich bin zu Audi gegangen, das war mutig. Entweder funktioniert es oder nicht. Man darf den Glauben an sich nicht verlieren.

Wie entspannst du dich nach den Rennen?

Ich habe eine Frau und zwei Kinder, die halten mich auf Trab. Unsere Söhne beschäftigen mich viel. Wir leben jetzt in Monaco, ich kann mein Fitnesstraining also draußen machen, mit Freunden essen gehen oder Formel 1 gucken. Golfen gehe ich auch mal, aber seit die Kinder da sind, ist das selten geworden. Ich bin ziemlich normal. Ich lerne Deutsch, das ist schwierig.

Dann versuch die nächste Antwort doch mal auf Deutsch.

Deutsch lernen ist nicht meine Lieblingsbeschäftigung. Ich mache das zwei Mal pro Woche eine Stunde lang. Ich verstehe viel, aber nicht alles. Es ist wichtig für die DTM, wenn man Deutsch versteht. Ein Engländer, der in Monaco lebt, hört nicht so oft Deutsch.

Du hattest schon Reibereien auf der Strecke mit Mattias Ekström. Er sagt, dass es ein Vorteil sei, dass ihr jetzt Teamkollegen seid…

Ja, auf jeden Fall. Man kann natürlich gegeneinander fahren. Dann erzählt man dem anderen aber auch nichts, was gut gelaufen ist, damit er keinen Vorteil daraus ziehen kann. Ich glaube, so erreicht man aber das Maximum nicht. Wir sind beide erfahren genug, haben genug Respekt voreinander, um es anders zu machen. Wenn einer schneller als der andere ist, wird es keine Auseinandersetzungen geben. Er hatte viele Erfolge. Ich habe zwar nie die Meisterschaft gewonnen, aber ich bin selbstbewusst genug, um zu wissen, dass man sich austauschen muss, um Erfolg zu haben. Da haben wir dieselbe Ansicht und das ist gut.

Du hast Erfahrungen in DTM- und Formel-1-Autos. Jeder fragt sich, warum Formel-1-Fahrer in der DTM erfolglos sind. Warum ist das wohl so?

Das erste ist der Hunger nach Erfolg. Man reist so viel um die Welt im Jahr. Das ist anstrengend und laugt einen aus. Der Hunger und der Blick fürs Detail gehen da verloren. Ich verstehe das auch. Es geht auch um Geld, die haben genug Geld im Rücken. Als Mercedes Ralf Schumacher hat gehen lassen, war das nicht das Ende der Welt für ihn. Sie haben so viel erreicht, sie haben ihre Karrieren gemacht. Die DTM ist da nur ein Bonus. Da ist man nicht mehr mit 100 Prozent Energie dabei. Bernd Schneider ist 15 Jahre lang DTM gefahren. Wenn man den dann in ein Formel-1-Auto setzt, hätte er sicher auch Probleme. Nicht, weil er das Auto nicht fahren kann, sondern weil er 15 Jahre lang etwas anderes gemacht hat. Das ist sicher Teil des Problems.

Glaubst du, dass Paul di Resta es richtig gemacht hat? Ein paar Jahre in der DTM und dann der Wechsel in die Formel 1?

Auf jeden Fall ist das kein schlechter Weg. Aber der beste Weg ist natürlich einer, wie Sebastian Vettel ihn gegangen ist. Er musste nicht in die DTM, weil er mit Toro Rosso in die Formel 1 gegangen ist. Das ist der direkte Weg. In der DTM kann man sicher Sachen lernen, die man sonst nirgends lernt. Aber die Autos fahren sich in der DTM anders. Und in der Formel 1 kann man immer alles ändern. Das Budget ist da und auch die technischen Möglichkeiten. In der DTM hat man kleinere Budgets, striktere Regeln, die Technik ist limitiert. Als Fahrer fühlt man sich im Vergleich zur Formel 1 in der Entwicklung eingeschränkt. In der DTM muss man ein Auto fahren, auch wenn es sich nicht hundertprozentig gut anfühlt. In der Formel 1 wird es dann eben angepasst. Aber Timo Glock war nicht so lange in der Formel 1, er ist jünger und frischer. Ich denke, er hat eine größere Chance, Erfolg zu haben.

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