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GP Kanada: Lance Stroll fast wie Gilles Villeneuve

Von Mathias Brunner
​​François Dumontier, Promoter des Kanada-GP, darf zufrieden sein: Der WM-Lauf auf dem Circuit Gilles Villeneuve wird vor vollen Tribünen stattfinden. Williams-Fahrer Lance Stroll ist ein Ticketverkauf-Turbo.

Der Grosse Preis von Kanada in Montreal steht vor der Tür, und der einzige Miesepeter in Petrus: Die Wettervorhersage für die kommenden Tage ist wechselhaft – das könnte einige Kurzentschlossene vom Trainingsbesuch am Circuit Gilles Villeneuve abhalten.

Ein weiteres Mal wird das beliebte Rennen in der kanadischen Metropole ausverkauft sein. Der Grand Prix ist bis 2029 gesichert, ein entsprechendes Abkommen wird am kommenden Wochenende in Montreal verkündet. 2018 wird auch die mehrfach angekündigte neue Boxenanlage in Angriff genommen.

Rennpromoter François Dumontier hat noch einen anderen Grund, sich aufs Heimrennen zu freuen. Im Rahmen des Spanien-GP Mitte Mai erklärte er verschiedenen Berichterstattern: «Klar sind die Fans nicht ganz so verrückt wie damals zur Ära von Gilles und Jacques Villeneuve, aber wir spüren stark, dass Kanada mit Lance Stroll wieder einen Formel-1-Piloten hat.» Zumal einen Jungen aus der Stadt, der 18-Jährige stammt aus Montreal.

Dumontier wählt den Vergleich mit Villeneuve vorsichtig: Denn von der übernatürlichen Fahrzeugbeherrschung Gilles Villeneuves ist Stroll weit entfernt.

Dumontier weiter: «Ein Kanadier in der Formel 1, das hat das Interesse der Fans weiter angefacht. Ich sehe Leute, die in den letzten Jahren den Kontakt zum Sport ein wenig verloren hatten, sie kehren nun zurück. Zudem erschliesst Stroll eine neue Kundschaft, weil er noch so jung ist. Das passt wundervoll zu meinen Plänen. Ich habe die so genannte Familienzone eingeführt, um vermehrt Familien zur Rennstrecke zu bringen.»

Auch die kanadischen Medien sind aus dem Dornröschenschlaf erwacht: In den letzten Jahren waren – abgesehen von den Läufen in Nordamerika – kaum kanadische Journalisten vor Ort zu sehen, nun reisten zahlreiche Berichterstatter nicht nur zum WM-Auftakt in Melbourne, um das Debüt von Lance Stroll zu verfolgen, sondern auch zu den jüngsten Rennen, für die Vorberichterstattung zum Kanada-GP.

Schon vor Wochen waren die ersten Tribünen in Kanada ausverkauft. Das ist seit sieben Jahren nicht passiert, als das Rennen nach einem Jahr Pause ins Formel-1-Programm zurückkehrte. Dumontier: «Es ist elementar, dass sich die Fans mit einem Piloten identifizieren können. Für Kanadier ist es grandios, dass sich ein aufstrebender Pilot aus ihrem Land mit den ganzen Stars balgt.»

Kanada-GP: Seit Jahren äusserst beliebt

François Dumontier darf als Präsident der Firma «Octane Management» und Promoter des Kanada-GP die Früchte seiner Arbeit ernten. Ein Blick in volle Tribünen am Circuit Gilles Villeneuve drängt die Frage auf: Was machen die Kanadier eigentlich richtig? Wieso kommen hier so viele Fans zum Rennen und in Europa jammern die meisten Veranstalter über sinkendes Interesse?

Vorab ein Blick in die Statistik: Basierend auf Umfragen der letzten Jahre teilt sich die Besuchermasse (beim Rennen mehr als 100.000 Fans) ungefähr wie folgt auf: 47 Prozent der Fans kommen aus der Provinz Québec (die Hälfte davon aus dem Grossraum Montreal). Gut 20% aus dem restlichen Kanada. Weitere 23 Prozent reisen aus den USA an. Und nur knapp jeder zehnte Besucher stammt von ausserhalb Nordamerikas.

Es fällt Jahr für Jahr auf: Montreal umarmt die Formel 1. Überall in der Stadt stolpert ein Besucher über Rennsport, ganze Strassenzüge werden gesperrt, um Feste zu feiern und Renn- oder Supersportwagen auszustellen, die Partys in der Rue Crescent sind legendär. Wer in Montreal nicht bemerkt, dass der Formel-1-Zirkus in der Stadt ist, dem ist nicht zu helfen.

François Dumontier als Promoter hat begriffen: Werbung ist alles. Und Mund-zu-Mund-Propaganda ist von allem die beste Werbung. Die Infrastruktur am Circuit Gilles Villeneuve ist bewährt, wenn auch ein wenig in die Jahre gekommen, die meisten Fans verlassen die Strecke happy – und kommen in den folgenden Jahren zurück.

Für 2016 ging François Dumontier einen neuen Weg: Um noch mehr Fans anzulocken, senkte er die Preise, im Schnitt um 20 Dollar (15 Euro) pro Eintrittskarte. Der Kartenverkauf für 2016 hatte schon vor einem Jahr begonnen, wer sich für für ein Ticket entschied, erhielt später ein Rennprogramm gratis hinzu.

François Dumontier hat verstanden: Die Formel 1 hat ein Nachwuchsproblem. Also sind für Familienzonen eingerichtet worden, die besonders auf Paare mit Kindern zugeschnitten sind. François Dumontier: «Wir müssen es schaffen, unser Produkt den Kindern und Jugendlichen vorzustellen. Denn sie sind die Kunden von morgen.» In diese Richtung will auch Formel-1-Grossaktionär Liberty Media gehen.

Nach dem Formel-1-Abschied von Jacques Villeneuve war Kanada jahrelang ohne GP-Piloten. Dumontier wurde erfinderisch: So organisierte er einen Formel-Ford-Einsatz des 63jährigen Jacques Villeneuve sr., Bruder des 1982 tödlich verunglückten Ferrari-Idols Gilles Villeneuve und Onkel des 1997er Formel-1-Champions Jacques Villeneuve. Jacques, der Ältere, bedankte sich mit zwei Siegen in der Seniorenklasse und balgte sich mit Piloten, die seine Enkel sein könnten.

Lance Stroll, so hofft Dumontier, ist für den Kanada-GP auf Jahre hinaus ein Zuschauermagnet. Der Williams-Fahrer hat in den Nachwuchsklassen bewiesen, dass er Rennen und Titel gewinnen kann. Ein GP-Sieger namens Stroll beim Heimrennen in Montreal, das wäre für Dumontier die Krönung seiner Arbeit.

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