Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Sergio Marchionne (Ferrari): IndyCar statt Formel 1

Von Mathias Brunner
​Anhaltend droht Ferrari-Präsident damit, seinen Rennstall aus der Formel 1 abzuziehen. Jetzt sagt der Spitzenmanager, wo der Weg hinführen könnte – in die IndyCar-Serie nach Amerika!

Ferrari-Präsident Sergio Marchionne hat wiederholt damit gedroht, Ferrari könnte die Formel 1 verlassen. «Wenn sich der Sport in die richtige Richtung entwickelt, dann sind wir offen, über alles zu reden. Aber wenn aus dem Sport eine Art Supermarkt werden soll, dann interessiert mich das nicht die Bohne.»

«Die Formel 1 gehört fest zur Geschichte von Ferrari. Und ich werde alles tun, um die Position von Ferrari im Sport zu schützen und zu wahren. Aber wir bleiben nicht um jeden Preis und auch nicht aus rein geschäftlichen Gründen. Die Formel 1 hat etwas Edles, etwas Nobles, das ist kein Sport wie jeder andere, wir wollen das bewahren helfen, und es sollte hier nicht nur rein ums Geschäft gehen. Wenn sich der Sport ab 2021 in eine andere Richtung bewegt, dann wird das seitens Ferrari zu gewissen Entscheidungen zwingen.»

«Die Formel 1 gehört zur DNA von Ferrari. Aber wenn der Rahmen des GP-Sport so verändert wird, dass wir ihn letztlich nicht wiedererkennen, dann spielen wir nicht mehr mit.» Dann würde ich nach einer Alternativ-Strategie suchen und die Formel 1 ersetzen. Durch eine vernünftigere Lösung.»

Seither diskutieren Fans und Fachleute, wie ernst diese Drohung zu nehmen sei. Fazit beim Überfliegen der meisten Reaktionen: Das springende Pferd aus Maranello ist zu einem Papiertiger geworden.

Ein wenig schlagzeilenträchtiges Säbelgerassel von Ferrari ist nichts Neues. Designer Gustav Brunner hat in den 80er Jahren für Ferrari ein IndyCar gebaut, weil die Italiener dem GP-Sport den Rücken wenden und sich neu orientieren wollten. Was nicht passiert ist. Der elegante Wagen steht im Museum, bei einem Rennen ist er nie eingesetzt worden. Der grosse Enzo Ferrari hat immer wieder mit Ausstieg gedroht, ab und an hat er die Rennwagen zuhause gelassen oder in einer anderen Farbe als Rot lackiert. Aber Ferrari ist der Formel 1 immer treu geblieben.

Tenor im Internet, von Fans und Fachleuten zugleich: Ferrari wäre komplett verrückt, die Formel 1 zu verlassen.

Der Sport ist nach Jahren der Stagnation (besonders in Sachen Marketing) wieder am Wachsen, die neuen Machthaber haben viele Ideen (manch gute, auch einige weniger gute), Ferrari entwickelt sich wieder zum potenziellen Champion.

Wo will Marchionne denn hin? Will er in Le Mans Privat-Teams schlagen, wenn sich dort nach Audi und Porsche mit Toyota auch der letzte Hersteller verabschiedet hat? Will er Sportwagenrennen vor leeren Tribünen schönreden? Hat sich Marchionne mal überlegt, was mit der Ferrari-Aktie passiert, wenn der seine schönen roten Autos aus dem weltweiten Formel-1-Schaufenster klaubt?

Nein, Marchionne will vielleicht nach Amerika!

Im Rahmen des Genfer Autosalons ist Marchionne gefragt worden, ob er sich eine Rückkehr von Ferrari nach Indianapolis vorstellen könnte. Marchionne: «Warum nicht? Wir haben die Tradition, und wir denken darüber nach.»

Die italienischen Berichterstatter sind hellhörig geworden. Am vergangenen Freitag hat das Team Scuderia Corsa (die für Ferrari Fahrzeuge im US-amerikanischen Langstreckensport einsetzt) ein Abkommen mit dem Rahal/Letterman-Rennstall abgeschlossen – um beim Indy 500 Ende Mai ein Auto für den Spanier Oriol Servia einzusetzen.

Chef der Scuderia Corsa ist Giacomo Mattioli, der grösste Ferrari-Händler der Welt, mit Sitz in den USA. Möglicherweise bereitet Marchionne über Mattioli einen Einsatz in Amerika vor.

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