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Jolyon Palmer: Bei Lewis Hamilton rollt der Frust mit

Von Mathias Brunner
​Der Engländer Jolyon Palmer fuhr 2016/2017 mit Renault in der Formel 1. Als heutiger GP-Experte der BBC behauptet Palmer: «Bei Weltmeister Lewis Hamilton rollt im Mercedes der Frust mit.»

Im Herbst 2017 musste Jolyon Palmer bei Renault sein Cockpit räumen: Nach mangelhaften Leistungen wurde der Engländer ersetzt, durch Red-Bull-Leihgabe Carlos Sainz. Der 27jährige Palmer ist dem Sport verbunden geblieben, als Grand-Prix-Experte der BBC. Und da richtet der 35fache GP-Teilnehmer mit der grossen Kelle an, wenn er behauptet: «Bei Weltmeister Lewis Hamilton rollt im Mercedes der Frust mit.»

Palmer erklärt das so: «Lewis flog nach China mit dem Plan, ein perfektes Rennen zu fahren und endlich den ersten Saisonsieg zu holen. Stattdessen gab es erneut eine Niederlage. Dabei hatte alles so gut angefangen! Er dominierte am Freitag. Dann fiel auf Samstag markant die Temperatur, und die Mercedes-Fahrer hatten Mühe, die Reifen ins optimale Betriebsfenster zu bringen. Ich wundere mich nicht, dass unter solchen Umständen Bottas im Qualifying der schnellere Mann war.»

«Für mich zeichnet sich hier ein Muster ab: Wenn der Wagen gut ist und Hamilton die Fahrzeugbalance mundet, dann ist Lewis fast unaufhaltbar. Wenn der Wagen Mucken hat, dann scheint Bottas damit besser umgehen zu können. Das ist zu Beginn der Saison 2017 einige Male passiert und nun auch in Bahrain und China. Die Reaktionen von Lewis am Boxenfunk widerspiegeln seine Unzufriedenheit. Da rollt an Bord der Frust mit und ein seltsames Bedauern. So entschuldigte er sich am Funk für seinen schlechten Start. Ich glaube, ich habe mich in meiner ganzen Karriere nicht öffentlich beim Team für einen Start entschuldigt. So etwas macht ein Fahrer nicht. In den ersten Runden musst du doch ganz Anderes im Kopf haben!»

«Und überhaupt – was war denn am Start so schlecht? Er hat einen Platz gegen Verstappen verloren, das ist alles. Aber Lewis redete noch in Runde 10 am Funk davon, das finde ich merkwürdig. Als GP-Pilot musst du das sofort abhaken und dich auf die neuen Aufgaben konzentrieren. Doch es war offensichtlich, dass der Start an ihm nagte. Vielleicht geht das auf seine eigenen Worte vom Donnerstag zurück, als er vom Team ein höheres Niveau verlangte. Möglicherweise fand Lewis, er habe seinen eigenen Ansprüchen nicht genügt. Aber er setzt sich viel zu sehr unter Druck. Wir haben noch 18 Rennen. Da gewinnst du nicht jedes Mal beim Start einige Plätze.»

«Diese ersten Funksprüche deuten auf Enttäuschung über sich selber hin. Danach jedoch kamen Bemerkungen an die Adresse der Mercedes-Strategen. Mercedes hat das mit der Safety-Car-Phase schlicht versemmelt. Für Bottas war es zu spät, aber Hamilton hätte von Mercedes sofort an die Box geholt werden sollen, so wie es Red Bull Racing vorbildlich getan hat. Zu diesem Zeitpunkt lag Hamilton auf Rang 4 und hatte wenig zu verlieren. Er wäre mit gleichen Reifen und identischer Taktik vor Daniel Ricciardo auf die Piste gekommen. Für mich hat Mercedes hier den Sieg verschenkt.»

«Und das ist nicht das erste Mal: In Australien hat sich Mercedes in Sachen Hamilton-Speed verrechnet, das hat Hamilton einen verdienten Sieg gekostet. Sein Frust jetzt nach dem Stopp der beiden RBR-Autos ist nachvollziehbar. Sein Team hat ihn im Stich gelassen. Mercedes hat geschlafen.»

«Wenn du eine Gelegenheit verpasst, dann tut das weh. Wenn du aber einen möglichen Sieg verlierst, weil andere schlauer waren, dann schmerzt das doppelt. Insofern kann ich es nachvollziehen, wenn Hamilton am Funk jammert. Was ich nicht verstehe: In den letzten zwanzig Runden hat Lewis das immer wieder erwähnt. Am Mercedes-Kommandostand war längst klar, dass die Siegchance weg ist. Das musste man den Fachleuten nicht mehrfach unter die Nase reiben.»

«Passiert ist passiert, es ist sinnlos, sich nachher den Kopf zu zerbrechen – hat nicht Hamilton diese Worte nach Fehlern selber gewählt? In China hatte ich eher den Eindruck, dass er sich vom Rennverlauf ablenken lässt und gar nicht mehr richtig in den Tritt gekommen ist. Erneut eine Fehlentscheidung der Strategen, das erhöht den Druck und damit automatisch die Möglichkeit zu weiteren Fehlern. Denn sie werden sich selber mehr in Frage stellen als zuvor.»

«Letztlich hatte Hamilton Glück im Unglück: Durch die Kollision zwischen Vettel und Verstappen hat sich der Abstand zum WM-Leader sogar verringert. Diesen Gefallen wird ihm Max nicht jedes Mal machen. Lewis Hamilton sollte über seine Form nachdenken. Sorgen mache ich mir um ihn aber nicht: Er hat immer dann Bestleistungen gezeigt, wenn er unter Druck stand.»

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