Formel 1: So geht es mit Sergio Perez weiter

History Asien-GP: Singapur grandios, Indien grausig

Von Mathias Brunner
​Die Formel-1-Führung will ihre Position in Asien festigen, ein Grosser Preis von Vietnam ist für 2020 angedacht. Unsere Beispiele zeigen jedoch: Nicht jedes Rennen in Fernost wird automastisch zum Erfolg.

Die Veranstalter des Singapur-GP haben etwas Bemerkenswertes geschafft: Ihr Nachtrennen ist in kürzester Zeit zu einem Klassiker geworden, zu einem unverzichtbaren Teil im WM-Kalender. Unter Kunstlicht wirken die GP-Boliden besonders zauberhaft. Die Fahrer schwärmen von den Herausforderungen einer tückischen Piste, die bei Hitze und hoher Luftfeuchtigkeit befahren werden muss. Die Fans freuen sich über viel Renn-Action und die zahlreichen Konzerte, die sie mit einem Formel-1-Ticket kostenlos geniessen können. Singapur verströmt Weltstadt-Flair, eine Stadt liegt im GP-Fieber. Der Erfolg von Singapur bestärkt die Formel-1-Führung um CEO Chase Carey, den Auftritt in Asien auszubauen. Ein Strassen-GP von Hanoi soll 2020 stattfinden. Aber die Vergangenheit hat gezeigt, dass nicht alle Rennen in Asien automatisch zum Erfolg werden. Hier einige gute und weniger gute Beispiele.

Suzuka: Der Klassiker

Die Japaner sind komplett durchgeknallt, was die Formel 1 angeht. Ihre Rennverrücktheit zeigt sich nicht nur in phantasievoller Bekleidung – einige schneidern selber, andere kaufen sich für teures Geld Original-Memorabilien, die sich dann voller Stolz tragen. Es gibt kein Land, in welchem die Fans so viele Geschenke für die Fahrer basteln. Sebastian Vettel sagt: «Die Fans sind einzigartig. Ich kenne kein anderes Land, in dem so viele Fans schon am Donnerstag auf ihren Tribünenplätzen sitzen, dabei fährt gar niemand von uns auf die Bahn. Sie wollen einfach die Autos sehen und den Mechanikern bei der Arbeit zusehen. Das Gleiche gilt nach dem Rennen – da bleiben sie auf ihren Plätzen sitzen und geniessen das Spektakel. Sie saugen wirklich alle Eindrücke in sich auf und vermitteln uns das Gefühl tiefer Dankbarkeit, dass wir hier Rennen fahren.» Suzuka ist eine Rennpiste von altem Schrot und Korn. Wenn es um Lieblingsbahnen geht, tauchte Suzuka bei fast allen Fahrern unter den ersten Drei auf – ähnlich oft genannt wie Monaco oder Spa-Francorchamps. Vor kurzem ist der Vertrag mit Suzuka verlängert worden, der Grosse Preis von 2018 wird ausverkauft sein.

China: Ein Fall von fifty-fifty

Am 14. April 2019 wird in China der 1000. WM-Lauf der Formel-1-Historie stattfinden. Der Erfolg des GP-Sports im Reich der Mitte war ein Waagrechtstart: Viel Interesse beim ersten Rennen, dann blieben auf der riesigen Rennanlage die Fans aus. Erst in den letzten Jahren hat kommen wieder mehr Fans zur Rennstrecke ausserhalb von Shanghai. Als die Bahn 2004 eröffnet wurde, galt sie als die teuererste Rennanlage der Welt – mit Baukosten von (offiziell nie bestätigten) 500 Millionen Dollar. Chase Carey und seine rechte Hand Sean Bratches glauben an China: Mittelfristig ist ein zweiter Grand Prix neben Shanghi nicht ausgeschlossen.

Malaysia: Vorhang!

Eigentlich war die Zukunft des Malaysia-GP bis und mit 2018 gesichert. Denn der Vertrag über die GP-Ausrichtung, den die Organisatoren von Sepang damals noch mit dem mittlerweile abgesägten Formel-1-Baumeister Bernie Ecclestone abgeschlossen hatten, endete erst in diesem Jahr. Doch dann wurde beschlossen, dass der Vorhang schon vorher fällt. 19 Jahre dauerte das Formel-1-Abenteuer der Asiaten, das an chronischem Zuschauermangel zu leiden begann. Der von Bernie Ecclestone ausgehandelt Vertrag erwies sich vor diesem Hintergrund als unbezahlbar. Das ist schade, weil wir in Sepang immer wieder tollen Motorsport serviert erhielten.

Fuji: Eine Strecke gibt auf

In Fuji hatten die ersten beiden Grossen Preis von Japan stattgefunden, 1976 und 1977. 2007 kehrte die Formel 1 an den Fuss des berühmten Vulkans zurück. Doch nur zwei Jahre später mussten die Japaner das Handtuch werfen. Sie konnten die nötigen Investitionen zur Modernisierung der Bahn nicht aufbringen und verabschiedeten sich aus dem GP-Kalender. An sich sollte das Rennen abwechselnd mit Suzuka ausgetragen werden. In einem Schreiben teilte der Betreiber der Toyota-eigenen Strecke 2009 mit, dass es unternehmerisch zu riskant sei, in schwierigen Zeiten die zur Befriedigung von Zuschauern und Fans nötigen Investitionen zu tätigen. Dies betreffe auch den fälligen Ausbau der Infrastruktur rund um den Kurs, wo die Fans mühsam auf nur einer Zufahrtsstrasse an- und abtransport wurden und es stets zu endlosen Warteschlangen kam. Sayonara, Fuji.

Indien: Beim Debüt abbruchreif

Als die Formel 1 2011 erstmals auf den «Buddh International Circuit» bei Greater Noida (ausserhalb von Neu-Delhi) ausrückte, hatte der Kurs bereits stattliche Patina, und das ist nicht als Kompliment gemeint. Die Piste war schlampig gebaut, einige Bereiche kurz nach Fertigstellung abbruchreif. Treppen führten ins Nichts, Mauern standen schräg, Türen schlossen nicht. Drei langweilige Rennen folgten in einem Land, das andere Probleme hat als die Formel 1. Die Piste war zu weit von New Delhi entfernt, um Fans anzulocken. Oder wie es ein Kollege auszudrücken pflegte: «Die meisten Zuschauer sind heute als Sitze verkleidet gekommen.»

Jahrelang zankten sich die indischen Behörden mit dem langjährigen Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone um die Entrichtung von Steuern. Die Inder waren der Meinung, dass die Rennställe für ihren Auftritt auf dem «Buddh International Circuit» eine Quellensteuer bezahlen sollten (was die Rennfahrer beispielsweise in jedem Land für ihre Arbeit entrichten). Der Knackpunkt: Das Finanzamt in Indien will die Steuer nicht auf den Gewinn der Teams erheben, sondern auf die kompletten Einkünfte. Natürlich waren die Rennställe damit nicht einverstanden. Die Summen wären horrend gewesen.

Indien war nie der beliebteste WM-Lauf im GP-Terminkalender: Die Rennställe stöhnten über Zollformalitäten, welche komplexer und undurchsichtiger waren als bei jedem anderen Formel-1-Rennen. Der ständige Smog im Grossraum Neu Delhi und die jämmerlichen hygienischen Zustände kamen hinzu. Vom Verkehrschaos, unwürdiger Bauqualität der Rennstrecke und sinkenden Zuschauerzahlen ganz zu schweigen. Die Inder hatten kein Geld für einen Luxus wie den GP-Sport. Die Rennpiste sollte Zentrum einer ganzen Sportstadt werden, was sich als grossspuriges Gewäsch erwies. Und dann dieser Schmutz überall! Niemand weint diesem Grand Prix auch nur eine Träne nach.

Südkorea: Der programmierte Misserfolg

Der Grand Prix von Südkorea im Landkreis Yeongam hatte seit der Premiere im Jahre 2010 mit finanziellen Problemen zu kämpfen, das Interesse der Zuschauer liess zu wünschen übrig, an der Piste wurde noch gewerkelt, als schon das erste Training lief. Wochenlange Regenfälle hatten die Arbeit verzögert. Ein kapitaler Misserfolg war programmiert, das war allen klar – ausser den Südkoreanern. Wer nimmt vier Autostunden von der Hauptstadt Seoul in die Provinz Süd-Jeolla auf sich, um auf einer windigen Tribüne zu hocken und kein nennenswertes Rahmenprogramm geboten zu bekommen? Dass die Besucher in Stundenhotels nächtigen mussten, deren übliche Bewohnerinnen von der Stadtregierung in Busladungen ausser Reichweite gebracht worden waren, erhöhte die Attraktivität nicht. Das triste Fahrerlager wurde auch von den kichernden Grid-Girls nicht entscheidend aufgehübscht.

Nach vier Jahren wurde das Rennen in der Nähe der trostlosen Stadt Mokpo aus dem Kalender gestrichen, zur Erleichterung auch der GP-Teams. Von der einst geplanten Stadt rund um den Kurs, auf Grafiken wie eine Mischung aus Singapur und Monaco wirkend, sind nur Computer-Animationen übriggeblieben. Wie wichtig die Formel 1 den Pistenbetreibern wirklich war, zeigte sich, als der GP-Tross 2011 zur zweiten Ausgabe zurückkam: Auf dem Siegerpodest lagen noch die Champagnerkorken der Siegerehrung 2010, und in den Kühlschränken der Rennställe Essensreste aus dem Vorjahr. Was für eine Schweinerei!

TI-Circuit Aida: Grössenwahn auf japanisch

TI was? Auf dem «Tanaka International Circuit Aida» fand 1994 und 1995 jeweils ein Pazifik-GP statt – denn das Prädikat Grosser Preis von Japan war schon vergeben (an Suzuka). Die Piste? Ein Grössenwahn des Unternehmers Hajime Tanaka in der Präfektur Okayama, so abgelegen, als solle die Rennstrecke vor der Öffentlichkeit versteckt werden. Das Pistenlayout: Zu langsam, keine Herausforderung. Nach zwei Mal war glücklicherweise Feierabend. Die Strecke wurde später in Okayama International Circuit umbenannt, auf ihr finden regelmässig Rennen zu zahlreichen japanischen Serien statt.

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