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Ferrari: Neuer Teamchef, was sich für Vettel ändert

Von Mathias Brunner
Mattia Binotto

Mattia Binotto

​Ferrari hat einen neuen Teamchef: Auf Maurizio Arrivabene folgt Mattia Binotto. Wer ist dieser Binotto? Und welche Auswirkungen hat seine Beförderung aufs Team und die Arbeit von Sebastian Vettel?

Es ist vollzogen: Ferrari hat einen neuen Teamchef, er heisst Mattia Binotto. Maurizio Arrivabene hat keinen neuen Vertrag mehr erhalten, weil er unterm Strich das Vertrauen des Ferrari-Präsidenten John Elkann verloren hatte. Elkann orientiert sich daran, was der im Juli 2018 verstorbene Fiat/Chrysler-Chef Sergio Marchionne angedacht hatte – falls es erneut nichts wird mit dem WM-Titel, dann muss der Verantwortliche den Kopf dafür hinhalten, und der Verantwortliche war Maurizio Arrivabene.

Klar, natürlich hat nicht Arrivabene das Auto in die falsche Richtung entwickelt. Gewiss hat er auch nicht am Lenkrad gezerrt, als Sebastian Vettel in Hockenheim von der Bahn rutschte. Aber im Fussball muss eben auch der Trainer gehen, wenn das anvisierte Ziel verpasst wird. Oder wenn die Team-Atmosphäre nicht mehr stimmt.

Wer ist Arrivabenes Nachfolger, wer ist dieser Mattia Binotto eigentlich? Mattia Binotto, geboren am 3. November 1969 in Lausanne, Absolvent des Polytechnikums Lausanne für Mechanik, später weitere Ausbildung in Modena zum Fahrzeugingenieur, ist seit 1995 bei Ferrari in Maranello tätig. Zunächst als Motorenfachmann im Testteam, ab 1997 in der Rennmannschaft.

2004 und 2005 engagierte sich Binotto als Renningenieur und arbeitete am Wagen von Rubens Barrichello, stieg dann zum leitenden Ingenieur auf, 2009 zum Chef der Motorenentwicklung. Im Oktober 2013 eine weitere Beförderung: zum stellvertretenden Motorenchef, 2014 erhielt Binotto den Posten des in Ungnade gefallenen Luca Marmorini.

Binotto war ein Glücksgriff: Als Chef der Motorabteilung hatte er nicht jedes Einlassventil selber entworfen, sondern eher die Funktionen eines Managers übernommen, das kommt ihm beim neuen Job zugute. Binotto ist kein Alleskönner wie die früheren Konstrukteure à la Mauro Forghieri, er ist eher ein Manager wie Ross Brawn. Binotto gilt als Menschenkenner, guter Zuhörer, weiser Einschätzer einer Situation. Er ist kein Sprüchekloper, eher einer der stillen Sorte, was jedoch nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass es sich um einen sehr ehrgeizigen Menschen handelt. Seit Monaten wurde ihm nachgesagt, mit dem Posten von Arrivabene zu liebäugeln.

Ein besonderes Erfolgsrezept für die Renaissance von Ferrari seit 2017 gibt es laut Mattia Binotto nicht, immer wieder betont er die Qualität seiner Mitarbeiter, sich selber stellt er ungern in die Auslage. Motto: Ein Trainer ist nur so gut wie seine Mannschaft.

Binotto meint: «Es ist einfach wichtig, dass jeder seine Aufgabe kennt. Aber niemand ist wichtiger als die Mannschaft. Ich muss sicherstellen, dass jeder auf dem richtigen Posten sitzt, dass er sich entfalten kann, dass der Teamgeist stimmt. Aber ich könnte wirklich nicht behaupten, dass wir grundsätzlich etwas anders machen als in den letzten Jahren. Wir wissen genau, was wir tun müssen, um endlich wieder die Weltmeisterschaft zu gewinnen.»

2018 wäre dies fast geschafft worden. Am Ende ging der Titel erneut an Mercedes aus drei Gründen: Erstens hat sich Ferrari bei der Entwicklung des Autos ab Frühsommer verrannt; zweitens gab es strategische Fehler; drittens verschenkte Sebastian Vettel zu viele Punkte.

Einen Nachfolger als Technikchef wird es für Binotto nicht geben: John Elkann traut ihm zu, beide Funktionen ausüben zu können. Das ist deshalb möglich, weil Binotto auf gute Mitarbeiter bauen kann, die mehr Verantwortung erhalten.

Was ändert sich für die Fahrer? Sebastian Vettel und Maurizio Arrivabene hatten ein enges Arbeitsverhältnis. Die Meinung von Vettel war Arrivabene wichtig. Kimi Räikkönen blieb wohl nur so lange im Team, weil sich Vettel bei Arrivabene für den Finnen starkmachte. Kimi bedankte sich mit einer sehr guten Saison 2018, mit einem dritten WM-Schlussrang und dem Sieg in Texas. Kimi nicht mehr zu verpflichten und den jungen Charles Leclerc zu befördern, das gehört ebenso zur Vision von Sergio Marchionne wie Binotto an der Spitze des Rennstalls.

Der Monegasse Leclerc ist überaus talentiert und giert nach Erfolg. Wenn es hart auf hart geht, wird er nicht vom Gas geben. Das wird Vettel zu spüren bekommen. Aber der wahre Gegner von Sebastian Vettel ist nicht Charles Leclerc, sondern Lewis Hamilton. Das weiss auch Mattia Binotto.

Binotto ist ein Ferrari-Eigengewächs, Sergio Marchionne hielt grosse Stücke auf ihn. Aber nur die Ergebnisse werden zeigen, ob Binotto der richtige Mann am Ferrari-Steuerrad ist. Holt Ferrari endlich den ersten Fahrer-Titel seit Kimi Räikkönen 2007 oder den ersten Konstrukteurs-Pokal seit 2008, dann wird Binotto der grosse Held sein. Verpasst Ferrari diese Ziele erneut, dann sitzt auch Mattia Binotto auf einem Schleudersitz.

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