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Ferrari: Mehr Abtrieb, Reifen besser, mehr Speed

Von Mathias Brunner
​Im Grunde wäre es einfach: Der Ferrari von Sebastian Vettel und Charles Leclerc braucht mehr Abtrieb, das würde die Reifen besser aufwärmen, und das alles bringt mehr Speed. Aber wie soll das gehen?

Ferrari bat zu einem aussergewöhnlichen Termin: zu einem Gruppengespräch mit dem leitenden Ingenieur Matteo Togninalli. Solche Termine sind Zeichen einer Rückkehr zur Normalität, was die Arbeit von Ferrari mit den Medien angeht, begünstigt durch Teamchef Mattia Binotto. Mit dem früheren Rennstallchef Maurizio Arrivabene wäre so etwas undenkbar gewesen. Er hatte eine Mauer des Schweigens aufgebaut um den berühmtesten Rennstall der Welt.

Im letzten Teil der Spanien-Rennstrecke war eine Schwäche des Ferrari-Rennwagens betont worden, welchen den Italienern auch in Monte Carlo Kopfweh macht: Der Wagen baut zu wenig Abtrieb auf, aus diesem Grund werden die Reifen zu wenig nachhaltig aufgewärmt, und das alles kostet Geschwindigkeit. Der Ferrari ist aerodynamisch durchaus kein ineffizientes Auto, in schnellen Kurven ist der Speed da, die Höchstgeschwindigkeit passt auch. Aber es hat sich erwiesen: Abtrieb zählt 2019 mehr als Windschlüpfigkeit.

Matteo Togninalli arbeitet seit 2005 für die Scuderia, heute ist der lange Italiener leitender Renningenieur. Er sagt: «Monte Carlo ist der Kurs mit der niedrigsten Durchschnittsgeschwindigkeit. Es ist hier knifflig, die Reifen auf Temperatur zu bringen, zumal es bei der 2019er Generation der Pirelli-Walzen noch schwieriger geworden ist, die Karkasse aufzuwärmen. Es liegt an uns Technikern, Mittel und Wege zu finden, wie wir mehr Energie in den Reifen bringen. Wie wir das anstellen wollen? Einfach gesagt – durch mehr Abtrieb und besseren mechanischen Grip.»

Formel-2-Europameister Marc Surer hatte zu dieser Thematik gegenüber SPEEDWEEK.com festgehalten: «Ferrari hat ein konzeptionelles Problem – der Wagen baut zu wenig Abtrieb auf. Das fiel im Winter aus zwei Gründen nicht auf: Erstens reichte es im frühen Entwicklungsstadium der Autos auf der Wintertestbahn von Barcelona, um Bestzeiten zu fahren, und zweitens hatte Mercedes das eigene Fahrzeug in der ersten Testwoche nicht im Griff. Wenn wir uns die Sektoren anschauen, dann war Ferrari im Winter im letzten Pistenteil schlecht, dort also, wo du am meisten Abtrieb brauchst. Wir hätten da aufhorchen müssen.»

«Abtrieb kannst du nicht einfach herbeizaubern. Gut, du könntest grössere Flügel ans Auto packen, aber dann bist du auf den Geraden nicht mehr schnell genug. Das ist Ferrari in China passiert. Abtrieb muss vom Unterboden kommen, daher vermute ich – Ferrari hat ein konzeptionelles Problem. Wenn der Frontflügel die Luft aussen um die Vorderräder zwingt, dann ist das zur Versiegelung des Luftstroms an den Seitenkästen gut in schnellen und mittelschnellen Kurven, aber es scheint in langsamen Ecken einfach nicht zu funktionieren. Die Aerodynamiker wollen die Wirkung des Unterbodens betonen, indem sie mit geschickt geführtem Luftfluss verhindern, dass Luft seitlich abfliesst. Du willst diese Luft möglichst nachhaltig unterm Auto behalten und zum Heck leiten. Fliesst die Luft seitlich ab, dann verlierst du Abtrieb.»

Ferrari läuft gemäss Surer die Zeit davon: «Denn du brauchst ja nicht nur einen neuen Frontflügel, sondern der Flügel gibt alles vor, was weiter hinten passiert. Du müsstest daher den ganzen Wagen umkrempeln. Ferrari muss nachbessern und sucht verzweifelt mehr Abtrieb. Mercedes hat ein anderes Konzept, das von Anfang an auf mehr Abtrieb abzielte, daher sind sie auf den Geraden nicht so schnell wie Ferrari, aber sie gewinnen vor allem in langsamen Kurven so viel Zeit, dass sie am Ende die Nase vorn haben. Inzwischen hat Mercedes das Auto in Sachen Abstimmung im Griff. Das war im Winter nicht so. Ferrari sah damals in Barcelona besser aus als sie in Wirklichkeit waren, Mercedes sah weniger gut aus als in Wahrheit.»

Und wie ist das nun mit den Reifen? Marc Surer weiter: «Ferrari hatte oft ein Auto, das schonend mit den Walzen umgeht. Aber die jüngste Generation der Pirelli-Reifen erfordert viel Dynamik, um Temperatur reinzubringen. Das schaffst du am besten mit tüchtig Anpressdruck, denn das Auto rutscht dann nicht, und die Pirelli werden richtig durchgeknetet.»

Matteo Togninalli in Monte Carlo: «Jeder weiss, wie schwierig es hier ist zu überholen. Also setzen wir alles auf die Karte Qualifikation. Wir müssen in der Startaufstellung möglichst weit vorn stehen. Um das zu schaffen, müssen wir die Reifen besser zum Arbeiten bringen, nur dann kann der Fahrer jenes Vertrauen aufbauen, das er hier braucht, um richtig schnell fahren zu können.»

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