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Senna, Vettel, Hamilton: Wehmut wegen Waldgeraden

Von Mathias Brunner
​Grand-Prix-Stars wie Ayrton Senna, Sebastian Vettel oder Lewis Hamilton schwärmten vom alten Hockenheimring. Wieso ein Umbau der Rennstrecke jedoch nicht mehr zu abzuwenden war.

Sebastian Vettel war knapp sechs Jahr alt, als er zum ersten Mal den Hockenheimring erblickte. «Wir waren nur fürs freie Training da, das war 1993, und es schüttete wie aus Eimern. Wir stoffelten die Waldgerade hinunter, um zur ersten Schikane zu gelangen. Alle Autos waren erst auf ihrer Installationsrunde, fahren wollte bei dem Wetter eigentlich keiner, aber alleine schon bei geringem Tempo das Röhren der Motoren zu hören, der Boden zitterte, du hast die Autos mehr als gehört, du hast sie gespürt, gerochen, das war unfassbar, so etwas vergisst du nie wieder.»

«Das erste Rennen, das ich in Hockenheim gesehen habe, das war 2001. Das war das Jahr, als Michael Schumacher eine Kollision mit einem blauen Renner des Prost-Rennstalls hatte, ich glaube, es war Luciano Burti, gleich nach dem Start. Es war brutal heiss. Ich habe gesehen, wie Wasserflaschen aufgefüllt und für zehn Mark wiederverkauft wurden. Keine Ahnung, warum mir das mit dem Wasser in Erinnerung geblieben ist.»

«Hockenheim ist auch jene Strecke, welche die meisten Fans mit Michael Schumacher verbinden. Das ist ein weiterer Grund, warum ein Sieg hier in meiner Karriere ein Meilenstein wäre. Heppenheim ist so nahe. Wir reisen rund um die Welt, und dann hier zu fahren, praktisch in meinem Zuhause, das ist für mich etwas ganz Besonderes.»

Traditionalisten und Racer vermissen die früheren Waldgeraden von Hockenheim. Die brasilianische Rennlegende Ayrton Senna hat diese Passagen geliebt. Zu McLaren-Zeiten schwärmte der dreifache Champion: «Es gibt keinen Ort, wo du dich in deinem Rennauto wohler fühlst. Du bist ganz alleine in diesem Wald, du riechst die frische Luft. Dann tauchst du aus dieser grünen Leere ins prallvolle Motodrom ein – das ist ein unfassbares Gefühl.»

Lewis Hamilton sagte vor kurzem: «Wir müssen beim Umbau von Rennstrecken aufpassen. Ich fand den langen Hockenheimring immer grandios. Die neue Strecke ist auch eindrucksvoll, aber eben nicht mehr einzigartig. Der alte Hockenheimring erzeugte Spektakel, dann wurde er geändert. Ich hoffe, Rennstreckenbetreiber sind offen für unsere Vorschläge.»

In den Worten des englischen Champions schwang mit: Wieso haben wir das eigentlich getan? Wieso ist diese Strecke, wie einige Fans schonungslos sagen, kastriert worden?

Antwort: Zu Beginn des neuen Jahrtausends schien diese Pistenführung nicht mehr zeitgemäss zu sein. Der damalige Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone fand: Wenn die Autos so viel Zeit im Wald verbringen und nur selten im Motodrom zu sehen sind, das sei für die Fans zu wenig attraktiv. Der Brite wollte, dass die Rennwagen im Fernsehen 67 Mal an den Werbeplakaten vorbeifahren und nicht nur 45 Mal.

Ergebnis: Flora und Fauna erhielten ihren Hardtwald zurück, die nördliche Waldgerade wurde komplett renaturiert, nur aus der Luft ist der Pistenverlauf noch zu erkennen. Die südliche Gerade ist zum Forstweg geworden.

Die Umbauten stiessen bei Fans und Fahrern grossteils auf Ablehnung, die Piste war noch zwei Drittel lang. Viele zeigten damals mit dem Finger auf Formel-1-Rennstreckenarchitekt Hermann Tilke – völlig zu Unrecht. Denn der Olpener sagt: «Der Hockenheimring hatte etwas ganz Besonderes, das Layout war einzigartig, also wollten wir so viel wie möglich von der alten Strecke behalten. Die ursprüngliche Idee war daher, die bestehende Strecke gemäss der aktuellen Sicherheitsbedingungen breiter zu machen, die originale Länge aber zu behalten. Die Einschränkungen waren zu diesem Zeitpunkt nicht ganz klar, und die Idee erwies sich letztlich zu meinem grossen Bedauern als undurchführbar.»

Eines der grössten Hindernisse bestand darin, dass kaum Bäume abgeholzt werden durften und die umzäunten Baumsektionen mit dem anschliessenden Wald hätten verbunden werden müssen. Zudem mussten die Bauarbeiten zwischen den Rennen 2001 und 2002 abgeschlossen sein, was einen immensen Zeitdruck erzeugte.

Nochmals Hermann Tilke: «Der neue Kursverlauf resultierte aus dem Auftrag, etwas Neues am alten Schauplatz zu bauen, ohne die existierenden Wälder zu reduzieren und gleichzeitig eine phantastische Strecke zu bauen, die Fahrer und Besucher gleichermassen zufriedenstellt.»

Ebenfalls im Pflichtenheft: Einfachere Nutzung der Rennanlage und Raum für mehr Zuschauer. Hermann Tilke: «Durch das neue Layout bauten wir eine neue Tribüne, von der aus man 90 Prozent der neuen Sektion einsehen kann, mit fantastischer Sicht auf die Parabolika, die Haarnadel und die Schikane. Im Vergleich zum Originaldesign sind 37.000 zusätzliche Plätze entstanden.»

Und obschon wir die alte Pistenführung verloren haben – das Pisten-Layout begünstigt spannende Rennen. Wir haben seit dem Umbau einige Thriller erlebt, auch ohne Windschattenschlachten auf den Waldgeraden.

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