Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Wunderlenkung von Mercedes: FIA hält Ball flach

Von Mathias Brunner
​Die Mercedes-Gegner rätseln: Streben die Weltmeister mit der Wunderlenkung eine bessere Reifennutzung an oder eine optimierte Aerodynamik? Formel-1-Rennleiter Michael Masi hält sich bedeckt.

Formel-1-Weltmeister Mercedes-Benz hat die Gegner mit dem genialen Lenkungs-Kniff DAS (dual axis steering) kalt erwischt. Die Gegner wittern: Hier soll das Auskühlen der Reifen auf den Geraden minimiert werden, denn ein leicht nach innen zeigender Reifen heizt sich stärker auf. Einige Rivalen vermuten auch aerodynamische Vorteile bei der Verstellung der Spur.

Der Teufel liegt wie üblich im Detail, und die Abstimmung des Autos ist immer ein Kompromiss. Die Räder auf den Geraden strikte gerade zu halten, bringt mehr Speed, die Räder leicht anzustellen, dient der Reifentemperatur. Was ist beim Silberpfeil nun wichtiger? Der gewonnene Speed auf der Geraden oder ein Plus an Haftung in der folgenden Kurve? Nur die Mercedes-Ingenieure kennen diese Antworten.

Die Messungen in Katalonien sind bislang kein Hinweis darauf, dass aus dem Silberpfeil der neue Topspeed-König geworden wäre. Hier einige Werte vom Freitagmorgen, gemessen am Ende der Start/Ziel-Geraden:

Sebastian Vettel (Ferrari) 329,1 km/h
Romain Grosjean (Haas-Ferrari) 327
Lance Stroll (Racing Point-Mercedes) 320,3
Antonio Giovinazzi (Alfa Romeo-Sauber-Ferrari) 317,1
Esteban Ocon (Renault) 316,6
Daniil Kvyat (AlphaTauri-Honda) 316,4
Valtteri Bottas (Mercedes) 314,5
Nicholas Latifi (Williams-Mercedes) 313,0
Carlos Sainz (McLaren-Renault) 312,1
Max Verstappen (Red Bull Racing-Honda) 311,8

Was klar ist: Auf die Schnelle kann das kein Rennstall kopieren. Was auch klar ist: Die Regelhüter des Autoverbands FIA haben DAS als legal einstuft, sonst hätte Mercerdes diese Lenkung nicht im Wagen, 2021 werden wir das System jedoch nicht wiedersehen. Das ist keine Reaktion auf die Überraschung von Mercedes, sondern war schon längst durch den Regeltext für 2021 definiert.

Was sagt Formel-1-Rennleiter Michael Masi zum genialen Einfall der Mercedes-Ingenieure? Der 41jährige Australier lässt sich am Rande des Circuit de Barcelona-Catalunya: «Was die FIA angeht, so ist das einfach – wir besprechen keine Punkte, welche die Technik eines bestimmten Teams angeht, aus Gründen der Fairness. Wir sprechen direkt mit dem Rennstall, was dieses Thema angeht. Mir ist klar, dass ihr eine Schlagzeile braucht, aber die werde ich euch nicht liefern.»

Renault-Sportchef Alan Permane: «Wir haben schon ein wenig gestaunt, als wir das zu sehen bekommen haben. Wir wissen nicht genau, was Mercedes damit anstellt. Ich bin sicher, die FIA weiss genau, was sie macht, wenn das System im Mercedes steckt.»

Ferrari-Sportdirektor Laurent Mekies: «Als Aussenstehende können wir nur ahnen, was DAS bewirkt. Wir vertrauen der FIA, wenn sie dieses System als legal einstufen. Und wenn das reglementskonform ist, dann haben wir auch kein Problem damit. Gut finde ich, dass die Fans wirklich sehen, was im Cockpit vor sich geht. Das erzeugt Interesse.»

Gibt es keine Bedenken wegen der Sicherheit? Michael Masi: «Die Sicherheit hat bei uns erste Priorität. Ihr dürft versichert sein, dass wir uns das sehr genau anschauen.»

Laurent Mekies: «Ich weiss, dass Mercedes nichts auf die Bahn bringen würde, was nicht sicher ist.»

Lässt sich DAS so mir nichts, dir nichts kopieren? Laurent Mekies: «Die FIA sieht sich das genauer an als wir. Wir überlegen uns das nicht, wir haben andere Bereiche, die für uns wichtig sind. Wenn wir den Effekt besser verstehen, können wir auch abschätzen, wie wir weiter vorgehen.»

Alan Permane: «So wie das aussieht, hätten wir das gewiss nicht in Australien ebenfalls im Wagen. Aber Laurent hat Recht – um zu entscheiden, ob wird hier aktiv werden müssen, sollten wir besser verstehen, was DAS wirklich bewirkt.»

Masi steht vor seinem zweiten Jahr als Rennleiter: «Was mich verblüfft hat, ist die Kameradschaft in der Formel-1-Gemeinde. Klar sind das auf der Piste Rivalen, aber hinter den Kulissen wird am gleichen Strang gezogen, zum Wohle des Sports. Ich habe 2019 unfassbar viel gelernt, nachdem ich wegen des Todes von Charlie Whiting gewissermassen ins kalte Wasser kam. Ich habe versucht, die Zusammenhänge zu verstehen. Nun will ich das Gelernte umsetzen, ich bin auf 2020 besser vorbereitet.»

Barcelona, Tag 3, Stand nach 4 Stunden

1. Valtteri Bottas (FIN), Mercedes W11, 1:15,732 (65 Runden) C5
2. Esteban Ocon (F), Renault RS20, 1:17,102 (76) C4
3. Lance Stroll (CDN), Racing Point RP20-Mercedes, 1:17,338 (52) C4
4. Daniil Kvyat (RU), AlphaTauri AT01-Honda, 1:17,427 (62) C4
5. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing RB16-Honda, 1:17,636 (86) C2
6. Antonio Giovinazzi (I), Alfa Romeo-Sauber C39-Ferrari, 1:18,035 (65) C3
7. Carlos Sainz (E), McLaren MCL35-Renault, 1:18,274 (76) C2
8. Romain Grosjean (F), Haas VF-20-Ferrari, 1:18,380 (48) C3
9. Sebastian Vettel (D), Ferrari SF1000, 1:18,384 (40) C3
10. Nicholas Latifi (CDN), Williams FW43-Mercedes, 1:19,004 (44) C3

Pirelli-Reifen von C1 (hart) bis C5 (extraweich)

Barcelona-Test, Tag 2

1. Kimi Räikkönen (FIN), Alfa Romeo-Sauber C39-Ferrari, 1:17,091 (134 Runden) C5
2. Sergio Pérez (MEX), Racing Point RP20-Mercedes, 1:17,347 (145) C3
3. Daniel Ricciardo (AUS), Renault RS20, 1:17,749 (41) C3
4. Alex Albon (T), Red Bull Racing RB16-Honda, 1:17,912 (134) C2
5. Pierre Gasly (F), AlphaTauri AT01-Honda, 1:18,121 (147) C2
6. Sebastian Vettel (D), Ferrari SF1000, 1:18,154 (73) C4
7. George Russell (GB), Williams FW43-Mercedes, 1:18,266 (116) C3
8. Charles Leclerc (MC), Ferrari SF1000, 1:18,335 (49) C3
9. Lewis Hamilton (GB), Mercedes W11, 1:18,387 (106) C1
10. Lando Norris (GB), McLaren MCL35-Renault, 1:18,474 (137) C3
11. Romain Grosjean (F), Haas VF-20-Ferrari, 1:18,496 (158) C3
12. Esteban Ocon (F), Renault RS20, 1:18,557 (52) C2
13. Valtteri Bottas (FIN), Mercedes W11, 1:19,307 (77) C2

Barcelona-Test, Tag 1

1. Lewis Hamilton (GB), Mercedes W11, 1:16,976 (94 Runden) C2
2. Valtteri Bottas (FIN), Mercedes W11, 1:17,313 (79) C3
3. Sergio Pérez (MEX), Racing Point RP20-Mercedes, 1:17,375 (58) C3
4. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing RB16-Honda, 1:17,516 (168) C3
5. Daniil Kvyat (RU), AlphaTauri AT01-Honda, 1:17,698 (116) C3
6. Carlos Sainz (E), McLaren MCL35-Renault, 1:17,842 (161) C3
7. Daniel Ricciardo (AUS), Renault RS20, 1:17,873 (55) C2
8. Esteban Ocon (F), Renault RS20, 1:18,004 (62) C3
9. George Russell (GB), Williams FW43-Mercedes, 1:18,168 (73) C3
10. Lance Stroll (CDN), Racing Point RP20-Mercedes, 1:18,282 (52) C2
11. Charles Leclerc (MC), Ferrari SF1000, 1:18,289 (132) C3
12. Nicholas Latifi (CDN), Williams FW43-Mercedes, 1:18,382 (63) C3
13. Robert Kubica (PL), Alfa Romeo-Sauber C39-Ferrari, 1:18,386 (59) C3
14. Kevin Magnussen (DK), Haas VF-20-Ferrari, 1:18,466 (106) C3
15. Antonio Giovinazzi (I), Alfa Romeo-Sauber C39-Ferrari, 1:20,096 (79) C3

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