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Red Bull-Junior Igor Fraga: Vorbild Ayrton Senna

Von Mathias Brunner
​Red Bull hat das Nachwuchsprogramm um einen jungen Fahrer erweitert, um Igor Fraga. Der in Japan geborene Brasilianer hat die 2020er Toyota Racing Series in Neuseeland gewonnen.

Auch der Interlagos-GP 2019 fand ohne brasilianischen Formel-1-Fahrer statt. Seit Felipe Massa Ende 2017 in Rente gegangen ist, erlebten die Formel-1-Fans erstmals seit 1969 keinen brasilianischen GP-Stammfahrer.

Die Szene war rührend: Die brasilianische Rennlegende Emerson Fittipaldi umarmte zum Schluss der Formel-1-Saison 2017 seinen Landsmann Felipe Massa. Fittipaldi, Formel-1-Weltmeister von 1972 und 1974 sowie Indy-500-Sieger und IndyCar-Champion, schaute regelmässig bei Massa vorbei, wenn er einen Grand Prix besuchte. Ihr Zusammensein war von hohem, symbolischen Charakter.

Denn Emerson Fittipaldi war der erste brasilianische Stammfahrer im GP-Sport, als ihn Lotus-Chef Colin Chapman 1970 in die Formel-1-WM holte. Es begann eine Serie, die bis 2017 ungebrochen blieb: Brasilien hatte immer mindestens einen Piloten in der Formel 1. Um nur die Wichtigsten zu nennen – Emerson und Wilson Fittipaldi, Carlos Pace, Nelson Piquet, Ayrton Senna, Rubens Barrichello, Felipe Massa. Brasilien schien über Jahrzehnte ein fast unerschöpfliches Reservoir an vielversprechenden Piloten zu sein, doch seit Felipe Massas Rücktritt blicken die Fans in die Röhre.

Die Saison 2018 war das erste Jahr seit 1969 ohne brasilianischen Piloten mit Formel-1-Festanstellung, 2020 geht die Misere weiter, immerhin hat Sergio Sette Câmara einen Fuss in der Formel-1-Tür, denn Red Bull hat ihn als dritten Mann für Red Bull Racing und AlphaTauri verpflichtet.

Ein weiterer Hoffnungsträger fährt ebenfalls für Red Bull: Der am 26. September 1998 in Japan geborene Igor Fraga hat zuletzt mit dem Gewinn der Winterserie «Toyota Racing Series» auf sich aufmerksam gemacht, mit drei Pole-Positions, vier Siegen, neun Podestplätzen und drei besten Rennrunden. Der Südamerikaner ist nun zum Red Bull-Junior ernannt worden und wird für Charouz Racing 2020 in der Formel 3 antreten. Fraga: «Seit ich denken kann, haben mich Autos fasziniert, und schon als Kartfahrer war ich vom Gedanken beseelt – ich will Weltmeister werden, wie mein Vorbild Ayrton Senna.»

Die brasilianischen Formel-1-Fans brauchen dringend eine Indetifikationsfigur. Schon seit Jahren fällt in Interlagos auf, dass die Zuschauerzahlen rückläufig sind. Während in Mexiko-Stadt 90.000 Fans zu einem Freitagtraining kommen, verliert sich in São Paulo ein Bruchteil davon auf den Tribünen. Der grösste Grund für den krassen Unterschied bei den Zuschauerzahlen: Die Mexikaner gieren förmlich nach der Formel 1. In Brasilien hingegen hat sich eine gewisse Formel-1-Müdigkeit eingeschlichen.

Den Fans war seit Jahren klar, dass Felipe Massa Siegen und dem WM-Titel nie wieder so nahekommen würde wie zu seiner besten Saison 2008, als er im Finale von Interlagos hauchdünn Lewis Hamilton unterlag. Danach blieb Massa neun Jahre lang sieglos. Hand aufs Herz – hätten Sie ohne zu googeln gewusst, wer der vorherhand letzte brasilianische GP-Sieger ist? Es ist Rubens Barrichello in Monza 2009, mit einem BrawnGP-Mercedes, das ist also mehr als zehn Jahre her!

TV Globo, jahrelang der Formel-1-Leuchtturm von Brasilien, berichtet nur noch fragmentarisch aus der Formel 1. Der Sender muss sparen und hat Personal von den Strecken abgezogen. Zu Zeiten von Ayrton Senna wäre so etwas undenkbar gewesen. Massa warnte schon vor drei Jahren: «Globo ist aber noch immer die Informationsquelle Nummer 1 für die Fans, was unseren Sport betrifft. Aber wenn die immer weniger Berichte bringen, dann wird das nicht dazu beitragen, das Interesse wieder anzufachen.»

Wirtschaftskrise in Brasilien, immer neue Skandale um Korruption bei Privatfirmen und staatlich geführten Unternehmen, dazu kein neuer Senna weit und breit, das WM-Rennen bereits entschieden – das alles drückt die Stimmung.

Brasilien braucht dringend eine neue Lichtgestalt, und die könnte vielleicht einen berühmten Namen tragen: Fittipaldi oder Piquet. In den Nachwuchsklassen ist die Zahl der aufstrebenden Brasilianer überschaubar. Sérgio Sette Câmara wurde 2019 in der Formel 2 Gesamtvierter.

In der Formel 3 wurde Pedro Piquet (der 21jährige Sohn des dreifachen Formel-1-Weltmeisters Nelson Piquet) Gesamtfünfter, Felipe Drugovich (wer?) wurde F3-Gesamt-16.

Besser läuft es dem 18jährigen Enzo Fittipaldi, Enkel des grossen Emerson Fittipaldi. Der Ferrari-Nachwuchspilot ist 2018 in der italienischen Formel 4 Meister geworden, in der deutschen Meisterschaft reichte es zum dritten Schlussrang. 2019 wurde Enzo Zweiter der Formula Regional Europe (einer Meisterschaft mit F3-Rennwagen), hinter dem Dänen Frederik Vesti.

In der italienischen Formel 4 wurde Gianluca Petecof (17) Zweiter, der Teenager aus São Paulo gehört wie Enzo Fittipaldi dem Nachwuchskader von Ferrari an.

Pietro Fittipaldi (23), Bruder von Enzo, ist vor einem Jahr von Haas als Testfahrer verpflichtet worden. Seither hat der in Miami geborene Enkel von Emerson Fittipaldi einige Male den GP-Renner getestet. Er hat sich dabei gut aus der Affäre gezogen, aber Bäume ausgerissen hat er jetzt auch keine. In der DTM wurde er 2019 nur 15.

Fazit: Die brasilianischen Fans werden sich noch etwas gedulden müssen.

Die Red Bull-Junioren 2020

Ende Januar 2020 erweiterte Red Bull das Nachwuchsprogramm um den 14jährigen Jak Crawford aus den USA, der 2019 Siebter der nordamerikanischen Formel-Ford-Meisterschaft geworden ist. Er fährt 2020 für Van Amersfoort Racing in Deutschland und Italien in der Formel 4, für jenes Team also, für welches einst auch der heutige GP-Sieger Max Verstappen fuhr.

Für das gleiche Team hat Red Bull-Junior Dennis Hauger 2019 überlegen den italienischen Formel-4-Titel geholt.

Das Programm der weiteren Junioren: Der Este Juri Vips (19) fährt im Team Mugen in Japan Super Formula, der Japaner Yuki Tsunoda wird für Carlin in der Formel 2 an den Start gehen. Vips ist 2019 in der Formel-3-EM Vierter geworden, der 19jährige Tsunoda wurde Neunter in der Formel-3-EM und Vierter in der Euroformula.

Der Neuseeländer Liam Lawson (17) fährt eine zweite Saison Formel 3, an seiner Seite tritt der Norweger Nennis Hauger (16) an. Ebenfalls in der dritten Automobilsport-Saison ist Jack Doohan, Sohn der Motorradlegende Mick Doohan. Der Australier ist ebenfalls in der Formel 3 zu finden, so wie nun Igor Fraga.

Wann ihre Saison beginnt, weiss keiner: Bahrain ist bereits geplatzt, an Rennen in Zandvoort (2. Mai) und Barcelona (9. Mai) glaubt keiner. Realistischer ist ein Saisonbeginn auf dem Red Bull Ring am 4. Juli.

Der 15jährige Brite Jonny Edgar fährt neben Crawford in der Formel 4 von Italien und Deutschland.

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