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Ralf Schumacher: Brutales Urteil über Williams

Von Mathias Brunner
​Ralf Schumacher (44) ist sechs Jahre lang für das Williams-Team gefahren. Umso schmerzlicher für den sechsfachen GP-Sieger, wenn er ein brutales Urteil über den drittältesten Formel-1-Rennstall fällen muss.

Williams kommt nicht aus der Krise heraus. Das drittälteste und auch dritterfolgreichste GP-Team (nach Ferrari und McLaren) hat zwei Jahre lang in Folge den letzten WM-Rang belegt und hält sich nur mit Mühe über Wasser. Claire Williams, die Tochter von Firmengründer Frank Williams, spricht von Verkauf.

Für Ralf Schumacher ist das wie ein Stich ins Herz. Der Deutsche ist von 1999 bis 2004 für das Traditions-Team gefahren und hat dort sechs Grand-Prix-Siege erobert. 2001 und 2002 ist er mit Williams WM-Vierter geworden. Aber der heutige Sky-GP-Experte kommt um ein brutales Urteil nicht herum: «So wie es aussieht, waren weder Frank Williams noch seine Tochter in der Lage, das Team in modernem Stil zu führen.» Ralf Schumacher spricht damit dem langjährigen Williams-Kritiker Jacques Villeneuve aus der Seele: Der Fisch stinkt vom Kopfe. Ralf: «Da liegt wohl mit dem Führungsstil so manches im Argen.»

Williams hat die Zeichen der Zeit verkannt und damit den Anschluss verpasst. Ralf weiter: «Da hätte schon vor Jahren der Weg freigemacht werden müssen für junges Personal ins Management. Ich habe das selber erlebt – die Zeiten haben sich eben geändert. Das System Frank Williams bestand immer daraus, von oben heran viel Druck auszuüben. Aber inzwischen haben wir in der Formel 1 zahlreiche junge Leute mit Studium. Die sind teilweise nur kurz in der Königsklasse, denn sie lassen mit sich so nicht umspringen.»

Claire Williams schliesst eine Neuausrichtung nicht mehr aus. Ralf Schumacher wittert eine Chance, «aber nur dann, wenn sich Frank und Claire komplett zurückziehen und ein guter Investor an Bord kommt. Ich halte den Rennstall noch immer für toll. Wenn ich die richtigen Partern und das Geld hätte, dann würde ich da sofort mitmachen. Es muss aber bei Williams mal tüchtig ausgestaubt werden.»

Als Kandidaten für eine Übernahme werden Michael Latifi und Dmitry Mazepin gehandelt. Der iranisch-kanadische Unternehmer Latifi (57) ist über die Firma Latrus Racing bereits heute unter jenen Firmen, die Williams mit Darlehen stützen. Sein Sohn Nicholas (24) wird Anfang Juli sein GP-Debüt für Williams geben. Der Lebensmittel-Unternehmer, dem das Forbes-Magazin ein Vermögen von 2 Milliarden Dollar nachsagt, ist überdies seit Mai 2018 Teilhaber der McLaren-Gruppe, wo er sich für 265 Millionen Dollar 9,84 Prozent der Firmenanteile gesichert hat.

Der Russe Dmitry Mazepin (52) aus dem weissrussischen Minsk hat sein Vermögen mit Dünger gemacht. 2018 wurde er von Wirtschafts-Experten auf ein Vermögen von 7 Milliarden Dollar eingeschätzt. Sein in Moskau geborener Sohn Nikita (21) fährt in der Formel 2. Dmitry Mazepin hat schon einmal versucht, einen GP-Rennstall zu übernehmen, doch Force India ging 2018 in den Besitz von Lawrence Stroll und seiner Geschäftspartner über; das Team heisst heute Racing Point und wird 2021 der neue Werksrennstall von Aston Martin.

Nochmals Ralf Schumacher: «Mazepin steht in den Startlöchern und ist vermögender als Latifi und Stroll. Er hat bis jetzt alle Teams gekauft für seinen Sohn, von der Formel 3 aufwärts.»

Dass sich Milliardäre für ihre Söhne ganze Rennställe leisten, sieht Ralf Schumacher nicht unbedingt als eine negative Tendenz. «Ich kann das nicht kritisieren, denn ich bin froh, dass es Menschen gibt, die unseren Sport lieben und bereit sind, so viel Geld zu investieren – und sei es für ihre Kinder.»

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