MotoGP: Wie sich Jorge Martins Leben veränderte

Belgien-Farce: Hamilton, Alonso und Vettel schäumen

Von Mathias Brunner
Stefano Domenicali und Lewis Hamilton

Stefano Domenicali und Lewis Hamilton

Der Grosse Preis von Belgien wurde zur grossen Blamage: Nur wenige Runden hinter dem Safety-Car, dann war Schluss, und Weltmeister Lewis Hamilton findet – die Fans sind beschissen worden.

Die Formel 1 hat wieder einmal ein Eigentor geschossen, und teilweise sind die Verantwortlichen zu bedauern, denn «so missliches Wetter habe ich noch nie erlebt», wie Rennleiter Michael Masi sagt.

Es regnete den ganzen Tag, aus dem Rennstart um 15.00 Uhr wurde nichts, die Formationsrunde wurde in Fünfminutenschritten verschoben, und als das Feld vom Safety-Car mit Bernd Mayländer am Lenkrad endlich in die Sintflut hinausgeführt wurde, war nach wenigen Sekunden klar – so kann nicht gefahren werden. Also rote Flagge.

Inzwischen hatte die offizielle Rennuhr angefangen zu ticken, gemäss Reglement muss ein Grand Prix innerhalb von 180 Minuten abgewickelt sein, das wäre also 18.00 Uhr gewesen. Die Rennkommissare Garry Connelly (Australien), Felix Holter (Deutschland), Derek Warwick (England) und Yves Bacquelaine (Belgien) hebelten das aus und stoppten die Uhr bei einer Stunde. Rennchef Michael Masi: «Wir wollten mehr Spielraum haben, um das Rennen vielleicht doch noch aufnehmen zu können.»

Ein Witzbold auf Twitter: «Wenn die FIA die Zeit anhalten kann, wieso kann sie dann das Wetter nicht ändern?»

Um 18.06 verkündete Rennchef Michael Masi: Rennstart in elf Minuten. Der Australier: «Die Wetterexperten der Teams und auch unsere Meteorologen hatten eine Lücke im schlechten Wetter erkannt. Wir glaubten fest daran, dass wir noch ein Rennen zeigen können.»

Aber erneut wurde klar: Viel zu viel Wasser auf der Bahn, zu viel Gischt, Aquaplaning überall. Masi drückte um 18.25 Uhr auf den Knopf für rote Flagge (Abbruch), um 18.44 Uhr kam die Meldung – das Rennen wird nicht wieder aufgenommen.

Aufgenommen wurde dafür eine heftige Diskussion, denn Lewis Hamilton hat mit seinen Worten einen Riesenwirbel erzeugt. Der Weltmeister schimpfte im Dauerregen: «Als bekannt wurde, dass wir das Rennen wieder aufnehmen, war ich verblüfft. Denn man konnte sehen, dass sich das Wetter nicht gebessert hat. Um genau zu sein, gab es keinen Moment, an welchem man dieses Rennen guten Gewissens hätte freigeben können. Aber wir haben nun mal die Vorschrift, dass wir erst dann ein Rennen gezeigt haben, wenn zwei Runden zurückgelegt worden sind. Die wussten das, also haben sie uns für zwei Runden hinter dem Safety-Car auf die Bahn geschickt.»

«Ich kenne die ganzen politischen Sachzwänge im Hintergrund nicht, aber wir vermitteln einfach keine guten Werte, wenn wir den Fans einen solchen Auftritt als Rennen verkaufen. Deshalb habe ich gesagt, die Zuschauer sollten ihr Geld zurückfordern.»

Der 24jährige Salzburger Ferdinand von Habsburg kritisiert als Rennexperte beim ORF: «Die Safety-Car-Regel hat doch nicht zum Zweck, so ein Rennen zu starten und dann ohne einen Grand Prix ein Ergebnis auszurufen.» Viele Fans haben sich auf den sozialen Netzwerken dieser Meinung angeschlossen.

Formel-1-CEO Stefano Domenicali wehrt sich jedoch gegen die Darstellung, die bizarre Darbietung der Königsklasse sei auf finanzielle Sachzwänge zurückzuführen. Der Italiener sagt: «Das stimmt nicht. Es geht hier um Verantwortung und klare Abläufe, nicht ums Einhalten von Verträgen, das Eine hat mit dem Anderen nichts zu tun.»

Viele Fans vermuten: Ohne «ein Rennen» hätte die Formel 1 kein Antrittsgeld erhalten. Domeniali: «Wir erhalten so oder so die volle Gebühr. Daher betone ich – da gibt es keine geschäftliche Verwicklung.»

Der Ärger von Lewis Hamilton ist anhaltend. Am Sonntagabend meldete er sich bei seinen Fans mit den folgenden Worten auf seinen sozialen Netzwerken:

«Das war eine Farce heute, und die einzigen Verlierer sind die Fans, die gutes Geld dafür bezahlt hatten, uns fahren zu sehen. Klar kannst du gegen das Wetter nichts machen, aber wir haben hochgestochene Ausrüstung, die es uns erlaubt zu sehen, was vor sich geht, und es war dabei offensichtlich – das Wetter würde nicht aufklaren.»

«Wir wurden nur aus einem Grund da hinausgeschickt. Zwei Runden hinter dem Safety-Car, ohne die Chance, einen Rang gutzumachen oder den Fans etwas zu bieten, das ist kein Rennsport. Wir hätten einfach abbrechen sollen, statt das Leben der Fahrer zu riskieren. Vor allem jedoch sollten wir den Fans das Geld zurückgeben, denn sie sind das Herz unseres Sports.»

Nur: Hätte die Formel 1 die Fahrer gar nie auf die Bahn geschickt, hätte das die Fans auch nicht glücklicher gemacht.

Fernando Alonso: «Das war doch kein Grand Prix, also ist es traurig und schockierend, nach solch einer Darbietung Punkte zu vergeben. Heute wurden WM-Punkte einfach verschenkt.»

Sebastian Vettel: «Wahrscheinlich war es die richtige Entscheidung, kein Rennen zu fahren, da es einfach nicht nötig ist, ein solches Risiko eingehen. Dann aber Punkte zu vergeben, das ist doch ein Witz! Wenn man für die Qualifikation Punkte verleihen will, dann bitte. Aber was haben wir heute getan, um Punkte zu verdienen? Ich weiss es nicht.»

Im NASCAR- und IndyCar-Sport sind zahlreiche Rennen von Sonntag einfach auf Montag verschoben worden, aber das geht aus mehreren Gründen in der Formel 1 nicht: Viele Fans und Streckenposten müssen am Montag arbeiten, Satelliten für die Fernsehübertragungen lassen sich nicht mir nichts, dir nichts verschieben, und zudem musste der GP-Tross am Sonntagabend zusammenpacken, um nach Zandvoort weiterzureisen.

McLaren-CEO Zak Brown gibt zu bedenken: «Jeder von uns ist enttäuscht darüber, dass wir keine Show bieten konnten. Das Reglement sagt, dass eine Veranstaltung nach diesen wenigen Runden ein Rennen genannt werden kann – das müssen wir unter die Lupe nehmen. Niemand ist gegen das Wetter gefeit, aber wir müssen als Sport Mittel und Wege finden, auf solche Situationen besser zu reagieren. Wir müssen aus diesem Tag etwas lernen und in einer künftigen, ähnlichen Situation anders reagieren. Dies hier heute ein Rennen zu nennen, das fühlt sich einfach nicht richtig an.»

Lando Norris meinte: «Für solch eine Darbietung sollten wir keine Punkte vergeben. Vielleicht würde ich anders reden, wenn ich weit vorne ins Ziel gekommen wäre, aber wir haben hier kein Rennen gezeigt, also sollte es auch keine Punkte geben.»

Ex-GP-Pilot Romain Grosjean: «Das war für alle eine ganz schwierige Situation. Ich weiss nicht, was die FIA anders hätte machen sollen.»

Pierre Gasly: «Ich bin nicht der Ansicht, dass ich heute WM-Punkte verdient habe. Aber auch ich habe den Eindruck – wir sind nur deshalb auf die Bahn geschickt worden, um die Vergabe von Punkten möglich zu machen.»

Carlos Sainz: «Wenn es nur um die Punkte geben, dann war das kompletter Blödsinn. Wir sollten nicht auf die Bahn gehen müssen für so etwas. Wenn die Absicht darin bestand, dass wir das Rennen aufnehmen können, dann okay. Habe ich heute einen halben Punkt verdient? Nein, denn in meinen Augen bin ich kein Rennen gefahren.»

Daniel Ricciardo: «Lassen sich Mittel und Wege finden, dass die Fans ihr Geld zurückerhalten? Ich will hier keinem an den Karren fahren, denn gegen Mutter Natur kannst du nichts ausrichten.»

Valtteri Bottas: «Die Sicht war gleich null. Und die Situation wurde zu keinem Zeitpunkt besser. Haben wir hier ein Rennen gezeigt? Ist das punktwürdig. Ich finde nicht.»

Nochmals Formel-1-CEO Stefano Domenicali: «Mir tut es auch leid, was passiert ist. Die Leute sind gekommen, um ein Rennen zu sehen, und das konnten wir ihnen nicht zeigen. Aber wir haben das Richtige getan. Es gibt im Leben einfach Situation, die nicht in deiner Hand liegen. Und leider können wir ein Rennen nicht einfach auf Montag verschieben, das geht schon alleine wegen der Streckenposten nicht.»

Können die Fans auf Geld zurück hoffen? Domenicali lässt eine Tür offen: «Das können wir in Ruhe mit dem Organisator besprechen. Wir verkaufen keine Tickets. Aber man könnte hier schon eine Geste des guten Willens senden.»

Belgien-GP

01. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing RB16B-Honda, 3 Runden
02. George Russell (GB), Williams FW43B-Mercedes, +1,8 sec
03. Lewis Hamilton (GB), Mercedes W12, +4,4
04. Daniel Ricciardo (AUS), McLaren MCL35M-Mercedes, +7,7
05. Sebastian Vettel (D), Aston Martin AMR21-Mercedes, +12,0
06. Pierre Gasly (F), AlphaTauri AT02-Honda, +16,3
07. Esteban Ocon (F), Alpine A521-Renault, +17,8
08. Charles Leclerc (MC), Ferrari SF21, +20,6
09. Nicholas Latifi (CDN), Williams FW43B-Mercedes, +22,3
10. Carlos Sainz (E), Ferrari SF21, +23,8
11. Fernando Alonso (E), Alpine A521-Renault, +27,9
12. Valtteri Bottas (FIN), Mercedes W12, +29,8
13. Antonio Giovinazzi (I), Alfa Romeo C41-Ferrari, +32,5
14. Lando Norris (GB), McLaren MCL35M-Mercedes, +39,0
15. Yuki Tsunoda (J), AlphaTauri AT02-Honda, +45,4
16. Mick Schumacher (D), Haas VF-21-Ferrari, +55,7
17. Nikita Mazepin (RUS), Haas VF-21-Ferrari, +1:02,6 min
18. Lance Stroll (CDN), Aston Martin AMR21-Mercedes, +1:12,4
19. Kimi Räikkönen (FIN), Alfa Romeo C41-Ferrari, +1:18,3
20. Sergio Pérez (MEX), Red Bull Racing RB16B-Honda, +1:21,5

WM-Stand nach 12 von 23 Rennen

Fahrer
1. Hamilton 202.5 Punkte
2. Verstappen 199.5
3. Norris 113
4. Bottas 108
5. Pérez 104
6. Sainz 83.5
7. Leclerc 82
8. Ricciardo 56
9. Gasly 54
10. Ocon 42
11. Alonso 38
12. Vettel 35
13. Tsunoda 18
14. Stroll 18
15. Russell 13
16. Latifi 7
17. Räikkönen 2
18. Giovinazzi 1
19. Schumacher 0
20. Mazepin 0

Teams
1. Mercedes 311
2. Red Bull Racing 304
3. McLaren 169
4. Ferrari 166
5. Alpine 80
6. AlphaTauri 72
7. Aston Martin 53
8. Williams 20
9. Alfa Romeo 3
10. Haas 0

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