Charles Leclerc (Ferrari/6.): «Ein verfluchter Witz!»

Charles Leclerc im Angriffsmodus
In den vergangenen Jahren haben wir immer wieder auf strategische Patzer von Ferrari hingewiesen, in der Regel war diese Kritik berechtigt. Es gibt aber auch Grands Prix, in welchen die Italiener sehr viel richtig machen. Der Imola-GP 2025 ist ein solcher Grand Prix.
Charles Leclerc und Lewis Hamilton fuhren von den Rängen 11 und 12 los, am Ende wurde der Engländer Vierter, der Monegasse Sechster. Aber die Gemütsverfassung der beiden Ferrari-Stars hätte am Ende dieses spannenden WM-Laufs nicht unterschiedlicher sein können.
Lewis Hamilton überglücklich, Charles Leclerc stinksauer.
Denn eigentlich hätte Leclerc nicht nur der besser platzierte Ferrari-Fahrer sein müssen, er hätte mit etwas Glück sogar auf dem Podest stehen sollen. Aber was Leclerc in der ersten Safety Car-Phase in die Hände spielte (sieben Ränge gutgemacht dank eines perfekt getimten Stopps), ging in der zweiten Safety Car-Phase in die Hose.
Am Funk entstand eine Diskussion, welche Reifen Leclerc ausfassen sollte. Der achtfache GP-Sieger aus Monaco wünschte sich weiche Pirelli, daraufhin musste ihn der Kommandostand höflich, aber bestimmt darauf hinweisen, dass die wohl nicht bis ins Ziel halten würden.
Um genau zu sein, erhielt Leclerc überhaupt keine neuen Reifen, denn die Italiener verteilten klug ihre Chancen: Charles wurde auf der Bahn gelassen, Hamilton wurde hereingeholt.
Das hatte zur Folge, dass Lewis zum Schluss der schnellere Mann war und Leclerc die Anweisung erhielt, den Briten ziehen zu lassen.
Charles: «Damit habe ich kein Problem, das war in dieser Rennsituation für das Team das Richtige, denn ich hätte keine Chance gehabt, Druck auf den drittplatzierten Piastri zu machen, Lewis konnte das mit seinen frischen Reifen. Und was mich angeht, so musste ich ohnehin den Platz an Albon zurückgeben, daher war meine Chance dahin.»
Und genau diese Szene brachte Leclerc zur Weissglut. Aber von Anfang an.
Charles: «Ich bin stolz auf uns, denn wir haben vor dem Grand Prix den Tifosi versprochen, dass wir hier mit grossem Herzen fahren würden, und genau das haben wir getan.»
«Wenn du es so richtig fliegen lässt, dann fährst du die Ellenbogen aus, dann bist du am Limit und manchmal auch darüber. Heute bin ich erhebliche Risiken eingegangen. Gegen Pierre Gasly, später auch gegen Alex Albon. Als Gasly neben die Bahn rodelte, war das nicht meine Schuld.»
Die Regelhüter der FIA waren gleicher Ansicht: Sie schauten sich Leclerc gegen Gasly kurz an und kamen zum Schluss – keine weitere Untersuchung notwendig, ein normaler Rennzwischenfall.
Leclerc weiter: «Das Duell mit Albon war grenzwertig. Aber so, wie die heutigen Regeln für den Zweikampf verfasst sind, bist du ziemlich schnell mal am Limit.»
In besagtem Duell fuhr Albon neben die Bahn und war der Ansicht, dass er von Leclerc von der Bahn gedrängt worden sei. Die FIA-Polizei wäre zum gleichen Schluss gekommen, das roch nach einer Fünf- oder Zehnsekundenstrafe. Aber Ferrari schickte an Leclerc den Befehl, den Platz an den Thai preiszugeben.
Leclerc explodierte am Funk: «Was habe ich denn getan? Das ist doch ein verfluchter Witz!»
Später, mit etwas weniger Adrenalin in den Blutbahnen, fügte Charles hinzu: «Als mir das Team sagte, dass es keine neuen Reifen geben würde, war mir klar, dass der letzte Teil des Grand Prix verflixt hart werden würde.»
«Ich bereue nichts. Ich wollte für die Tifosi geben, und nun kann ich stolz in den Spiegel schauen im Wissen – das habe ich getan.»
Imola-GP, Autodromo Internazionale Enzo e Dino Ferrari
01. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing, 1:31:33,199 h
02. Lando Norris (GB), McLaren, +6,109 sec
03. Oscar Piastri (AUS), McLaren, +12,956
04. Lewis Hamilton (GB), Ferrari, +14,356
05. Alex Albon (T), Williams, +17,945
06. Charles Leclerc (MC), Ferrari, +20,774
07. George Russell (GB), Mercedes, +22,034
08. Carlos Sainz (E), Williams, +22,898
09. Isack Hadjar (F), Racing Bulls, +23,586
10. Yuki Tsunoda (J), Red Bull Racing, +26,446
11. Fernando Alonso (E), Aston Martin, +27,250
12. Nico Hülkenberg (D), Sauber, +30,296
13. Pierre Gasly (F), Alpine, +31,424
14 Liam Lawson (NZ), Racing Bulls, +32,511
15. Lance Stroll (CDN), Aston Martin, +32,993
16.Franco Colapinto (RA), Alpine, +33,411
17. Oliver Bearman (GB), Haas, +33,808
18. Gabriel Bortoleto (BR), Sauber, +38,572
Out
Kimi Antonelli (I), Mercedes, Ausfall
Esteban Ocon (F), Haas, Ausfall
WM-Stand (nach 7 von 24 Grands Prix und 2 von 6 Sprints)
Fahrer
01. Piastri 146 Punkte
02. Norris 133
03. Verstappen 124
04. Russell 99
05. Leclerc 61
06. Hamilton 53
07. Antonelli 48
08. Albon 40
09. Ocon 14
10. Stroll 14
11. Sainz 11
12. Tsunoda 10
13. Gasly 7
14. Hadjar 7
15. Hülkenberg 6
16. Bearman 6
17. Alonso 0
18. Lawson 0
19. Doohan 0
20. Bortoleto 0
21. Colapinto 0
Konstrukteurspokal
01. McLaren 279 Punkte
02. Mercedes 147
03. Red Bull Racing 131
04. Ferrari 114
05. Williams 51
06. Haas 20
07. Aston Martin 14
08. Racing Bulls 10
09. Alpine 7
10. Sauber 6