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Niki Lauda: «Ross Brawn will fischen gehen»

Von Petra Wiesmayer
Niki Lauda ist sicher, dass Ross Brawns Weggang sein Team nicht schwächen wird

Niki Lauda ist sicher, dass Ross Brawns Weggang sein Team nicht schwächen wird

Ross Brawn und Mercedes hätten sich im Guten getrennt, betont der der Aufsichtsratsvorsitzende des Teams, Niki Lauda. Kompetenzstreitigkeiten hätte es nie gegeben.

Eine große Überraschung war es nicht, als Mercedes am Donnerstag verkündete, dass Ross Brawn das Team zum Ende des Jahres verlassen werde. Die Gerüchte schwirrten schon seit Monaten durch die Medien. Der 59-Jährige hatte seine Belegschaft am Mittwoch über seinen Entschluss informiert und der Aufsichtsratsvorsitzende des Rennstalls hatte schon damit gerechnet, dass Brawn gehen würde.

«Ross und ich haben ein sehr gutes Verhältnis. Wir haben zuletzt sehr viel miteinander gesprochen, ich habe ihn immer wieder darum gebeten, noch ein Jahr länger zu bleiben. Das waren gute Gespräche. Und trotzdem hat er mir freundlich und nett und ohne negative Emotionen abgesagt», sagte Lauda im Gespräch mit unseren Kollegen von der FAZ. «Das ist seine persönliche Entscheidung. Ross hat sich schon von den Mitarbeitern in der Mercedes-Rennwagenfabrik in Brackley verabschiedet. Wir alle gehen im Guten auseinander.»

Teaminterne Querelen seien auf keinen Fall der Grund für Brawns Kündigung gewesen, betonte der Österreicher. «Ross hat mir und 700 Mercedes-Mitarbeitern gesagt, dass er auch mal wieder andere Dinge machen möchte, dass er fischen gehen und Zeit mit seiner Familie verbringen möchte. Und er will Platz machen für andere im Team.» Dass, wie immer wieder kolportiert wurde, «zu viele Chefs» im Team und speziell der Zugang von Technikexperte Paddy Lowe der Hauptgrund für Ross Brawn Rückzug gewesen seien, bestreitet Lauda vehement.

«Erst einmal bin ich überhaupt gar kein Chef, ich bin der Aufsichtsrat-Hubschrauber, schaue von oben herunter und gebe nur sehr beschränkt Hinweise, wenn ich sehe, dass bestimmte Dinge schieflaufen. Durchsetzen tue ich dann überhaupt nichts», betonte er. «Toto ist bei uns zuständig für die Finanzen und all das Kommerzielle, Paddy kümmert sich allein um die Technik, beide sind gleichgestellt. Das ist klar geregelt. Ganz bestimmt haben wir durch den Weggang von Ross Brawn nun eine einfachere und direktere Struktur im Team – das kann auch ein Fortschritt sein. Und trotzdem fehlt uns Ross Brawn erst einmal. Ich werde deshalb ganz genau darauf achten, dass bei uns kein Kompetenz-Vakuum entsteht.»

Jetzt müssten Paddy Lowe und Toto Wolff in die Fußstapfen des Briten treten, der einen «ausgezeichneten Job» gemacht habe, fuhr Lauda fort. «Für beide wird es eine Riesenaufgabe sein, dieses Team zu führen, natürlich ist das auch mit Druck verbunden. Ich bin allerdings fest davon überzeugt, dass sie damit umgehen können. Und mehr noch: Gemeinsam wollen wir nun versuchen, dass die sportliche Situation noch besser wird. Wir sind in diesem Jahr Zweiter geworden, das ist okay. Aber wir wollen Weltmeister werden – nichts anderes kann das Ziel von Mercedes sein.»

Angst, dass Ross Brawn eine zu große Lücke hinterlassen und sein Team wieder zurückfallen werde, hat der 64-Jährige nicht. «Ich bin letztes Jahr im September zum Team gekommen, seinerzeit war Mercedes Fünfter und überhaupt nicht gut unterwegs. Seitdem haben wir hier einen guten Job gemacht: Neue Techniker kamen dazu, wir haben mit dem Auto vor dieser Saison gleich zwei Entwicklungsschritte und nicht nur einen gemacht – all das war bemerkenswert», sagte er. «Ross hat das Grundkonzept des Rennstalls also noch einmal grundlegend verändert, dadurch haben wir heute eine ausgezeichnete Basis.»

Auch die grundlegenden Änderungen im Reglement sollten Mercedes nicht schwächen, im Gegenteil, glaubt Lauda. «Das neue Jahr ist eine unglaubliche Herausforderung, darüber müssen wir nicht diskutieren. Aber für uns ist das doch auch eine Chance: Wir können noch einen Schritt nach vorne kommen, wir können noch besser werden.» Er selbst werde schon kommende Woche in die Motorenfabrik in Brixworth fahren und sehen, wie weit die Entwicklung des neuen Turbomotors vorangeschritten ist. « Wir müssen hier alle mit Volldruck weiterarbeiten – ob mit oder ohne Ross. Wir müssen ein gutes Auto für die neue Saison bauen, und dafür trägt nun Paddy Lowe die Verantwortung.»

Ross Brawn wird seit längerem mit McLaren, Ferrari oder auch Honda in Verbindung gebracht. Auf die Frage, ob er Mercedes nicht künftig gefährlich werden könne, entgegnete Lauda, dass das durchaus irgendwann möglich sein könnte. «Ross hat mir versichert, dass er erst einmal seine Ruhe haben möchte, das glaube ich ihm. Als Pensionär kann ich ihn mir allerdings auch noch nicht vorstellen. Wir dürfen uns doch auch nicht wundern, dass er weiterhin begehrt ist. Dieser Mann hat acht WM-Titel gewonnen in seiner Karriere, nur Adrian Newey ist in dieser Wertung unter den Technikern mit zehn Erfolgen noch vor ihm. Wenn Ross also einen anderen Job in der Formel 1 annimmt, dann habe ich das voll zu respektieren – und alle anderen auch.»

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