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Irre Idee: Caterham mit Alice Powell in Abu Dhabi?

Von Mathias Brunner
Alice Powell als Siegerin in der Formel Renault

Alice Powell als Siegerin in der Formel Renault

Aufregung im britischen Blätterwald: Dem Caterham-Rennstall, der verzweifelt Geld sucht, sind 44.500 Euro geboten worden – wenn im ersten Abu-Dhabi-Training die 21jährige Alice Powell fährt!

In rund zweieinhalb Tagen endete die Sammelaktion der Fans für den Einsatz von Caterham in Abu Dhabi. Die Aktion stockt nach flottem Start bei etwas mehr als der Hälfte des Geldes. Angestrebt wird die Summe von 2,35 Mio Pfund (rund 3 Mio Euro), Caterham steht bei 1,22 Mio Pfund. Rund 35.000 zusätzliche Pfund will der Grossvater der Rennfahrerin Alice Powell beitragen – unter der Bedingung, dass seine Enkelin Alice Powell im ersten Training von Abu Dhabi im Caterham-Renner sitzt!

Der intelligente SPEEDWEEK.com-Leser wird an dieser Stelle zwei Fragen stellen: Pardon, aber wer ist Alice Powell? Und zweitens, wieso sollte der Autoverband FIA der jungen Britin den Formel-1-Führerschein namens Superlizenz ausstellen?

Wer also ist Alice Powell?

Die Engländerin aus Oxford begann mit acht Jahren im Kartsport, mit 17 wechselte sie in eine nationale GT-Serie mit Ginetta-Flitzern. 2010 wurde sie zur ersten Frau, die ein Formel-Renault-Rennen gewann und doppelte gleich als erste Titelgewinnerin nach (BARC Formel Renault). Untalentiert ist Powell also durchaus nicht.

Doch gegen oben wird die Luft dünner: die Konkurrenz ist stärker, die finanziellen Anforderungen sind höher. 2012 erhielt Powell eine Chance in der GP2-Serie beim Team «Status Grand Prix»: Beim Finale von Monza wurde sie zur ersten Frau, die in der GP3 einen Punkt erobern konnte – als Achte. Das brachte Gesamtrang 19 in der Meisterschaft. Seither konnte sie als Finanzgründen nur noch an einem GP3-Rennen teilnehmen (Abu Dhabi 2013, mit Bamboo Engineering), sie wurde in den beiden Läufen 19. und 20.

2014 fährt Powell in der asiatischen Formel Renault. Nach zwei Laufsiegen liegt sie dort auf dem achten Zwischenrang.

Die britische «Daily Mail» enthüllt: Ihr Grossvater Jim Fraser hat dem Caterham-Rennstall 35.000 Pfund (44.500 Euro) geboten, sofern sein Augenstern in Abu Dhabi im ersten freien Training antreten werde.

Jim Fraser: «Ich hoffe auf positive Antwort der Insolvenzverwalter von Caterham. Die ganze Sache wäre für die Formel 1 doch toll, endlich wieder mal eine Frau im Feld.»

Fraser bezeichnet, vielleicht nicht ganz unvoreingenommen, Powell als «die beste Fahrerin der Welt. Mit einem guten Team könnte sie locker im Mittelfeld der Formel 1 mithalten.»

Powell selber sagt: «Es wäre fabelhaft, wenn es klappt, selbst wenn ich natürlich weiss, dass ein Formel-1-Renner ein ganz anderes Biest ist.»

Die Firma «Smith & Williamson», Insolvenzverwalter des Caterham-Teams, haben entsprechende Verhandlungen bestätigt.

Auf Twitter bekommt die ganze Aktion viel Hohn und Spott ab. «Grand Prix Diary» ätzt: «Das wird passieren, gleich nachdem Lord Lucan auf meinem Einhorn herumgeritten ist.»

Richard John Bingham, 7. Earl of Lucan ist ein britischer Adliger, der im November 1974 verschwand, nachdem sein Kindermädchen Sandra Rivett ermordet aufgefunden worden war. Sein aktueller Aufenthaltsort ist nicht bekannt. Er wurde am 11. Dezember 1992 für verschollen und schliesslich im Jahr 1999 für tot erklärt.

Superlizenz: So geht es wirklich

Wer eine Superlizenz möchte, muss entweder eine genau definierte Anzahl von Erfolgen in Nachwuchskategorien vorweisen können. Das kann Alice Powell nicht. Für einen solchen Fall gibt es die Regel, dass ein Fahrer 300 Kilometer in Renntempo in einem GP-Renner zurücklegen muss (so wie das der junge Max Verstappen getan hat, bevor man ihn im Rahmen des Japan-GP erstmals in den Toro Rosso liess). Wie, wann und mit wem Alice Powell einen solchen Test absolvieren will, ist völlig unklar.

Zur Erinnerung: Um den Formel-1-Führerschein namens Superlizenz zu erhalten, muss ein Fahrer gemäss Anhang L des FIA Sport-Kodex gewisse Bedingungen erfüllen. Die da wären (mit unseren Bemerkungen in Klammern):

Der Fahrer muss eine internationale Lizenz der Güteklasse A besitzen. (Der Antrag dazu wird vom jeweiligen nationalen Motorsportbehörde gestellt, also in diesem Falle von der spanischen.)

Der Fahrer muss zusätzlich eine der folgenden Bedingungen erfüllen:
a) Er muss in der vergangenen Saison bei mindestens fünf Grands Prix gestartet sein oder in den vergangenen drei Jahren bei mindestens fünfzehn Grands Prix. (Keines davon trifft auf Powell zu.)

b) Er muss zuvor eine Superlizenz besessen haben und ein regulärer Testfahrer eines in der Formel-1-WM engagierten Teams gewesen sein. (Keines davon trifft auf Powell zu.)

c) Er muss innerhalb der vergangenen Jahre eine der folgenden Meisterschaften unter den besten Drei abgeschlossen haben: Formel 2, internationale Formel-3-Trophy, GP2, Formel Nippon. (Keines davon trifft auf Powell zu.)

d) Er muss die IndyCar-Meisterschaft innerhalb der vergangenen zwei Jahre unter den besten Vier abgeschlossen haben. (Auch hier Fehlanzeige.)

e) Er muss aktueller Meister einer der folgenden Rennserien sein: Formel-3-Euroserie, nationaler F3-Meister von Grossbritannien, Italien, Japan oder Spanien, World Series Renault V6. (Wieder Fehlanzeige.)

f) Der Fahrer muss der FIA herausragende Fähigkeiten im Einsitzer bewiesen haben, ohne die Erforderungen von c) bis e) zu erfüllen. In diesem Falle muss der Fahrer unter Beweis stellen, dass er in der Lage ist, ein Formel-1-Auto über die Distanz von 300 Kilometern (eine Renndistanz) in konkurrenzfähigem Tempo zu bewegen. Dieser Test muss maximal 90 Tage vor Einreichen des Superlizenz-Antrags komplettiert und vom Landesverband abgenommen sein. (Wie soll das vor Abu Dhabi gehen?)

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