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Aufreger 2015: Viele Themen für heisse Köpfe

Von Mathias Brunner
​Vieles, was im vergangenen Jahr kontrovers diskutiert worden ist, hat sich in Wohlgefallen aufgelöst. Einige Rätsel sind geblieben. An heissen Themen wird es der Formel 1 auch künftig nicht mangeln.

Am Ende eines Jahres haben wir immer den gleichen Eindruck: Die Schnelllebigkeit des Grand-Prix-Sports zeigt sich bei den angeblich so grossen Aufregern und was daraus geworden ist. Viele Aufreger haben sich in Luft aufgelöst. Andere Geschichten werden bis heute von Geheimnissen umrankt. Wieder andere entwickeln sich zum Dauerbrenner. Wir haben einige Themen aus den letzten zwölf Monaten herausgegriffen.

Hamilton und Rosberg: Nitro und Glycerin
Zu Beginn des Jahres vermutete Niki Lauda (Aufsichtsrats-Chef des Mercedes-Rennstalls), das Verhältnis zwischen den Silberpfeilfahrern Lewis Hamilton und Nico Rosberg habe sich normalisiert. «Sie kämpfen gegeneinander, und dann umarmen sie sich.» Die Zuneigung hielt sich dann in Grenzen: Auf dem Weg zum Titel ging der Engländer in Japan und in den USA beinhart vor, Rosberg setzte seine Wut in drei Siege im letzten Saisonviertel um. Teamchef Toto Wolff musste anfangs Dezember ein Ausrufezeichen setzen: Nach den Rennen sei immer einer der Fahrer verärgert, sagt der Wiener. «Und das schwappt auf das Team über. Das muss ein Ende haben.» Viele im Fahrerlager glauben: Das ist Wunschdenken. Zwei Alpha-Tiere lassen sich nicht bändigen.

Kimi gegen Valtteri – Duell der Finnen
Wo wir gerade beim geliebten Feind sind: Kimi Räikkönen und Valtteri Bottas kämpfen auf und neben der Strecke gegeneinander. Ferrari flirtete monatelang mit dem Williams-Fahrer Bottas, um das Cockpit von Kimi neu zu besetzen. Bottas und Räikkönen gerieten in Russland und Mexiko aneinander. Zahlreiche Aussagen belegen: Sie sind sich einig darüber, sich nicht einig zu sein. Dieses Duell dürfte 2016 weitergehen.

Wirbel um Grands Prix
Im Januar wurde bekannt: Es wird keine Rückkehr der Formel 1 nach Südkorea geben. Niemand aus der Formel 1 trauert diesem Grand Prix auch nur eine Träne nach. Das Gleiche gilt für Indien. Dass hingegen der Deutschland-GP auf dem Nürburgring platzte und erstmals seit 1960 kein Formel-1-WM-Lauf auf deutschem Boden stattfand, das schmerzte sehr. Wenigstens ist die Zukunft des Traditions-GP von Monza nach monatelangem Poker mit Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone gesichert.

Renault im Brennpunkt
Im Januar äusserten sich Vertreter von Renault zuversichtlich, ihre Lektionen von 2014 gelernt zu haben. Tatsächlich waren die Franzosen 2015 schlechter als im Jahr zuvor. 2014 konnte Daniel Ricciardo für Red Bull Racing und Renault noch drei Mal gewinnen, 2015 ging RBR erstmals seit 2008 sieglos aus. Das Verhältnis zwischen dem französischen Autohersteller und dem Hause Red Bull erkaltete. Gegenseitige Schuldzuweisungen und falscher Stolz halfen wenig. Im Herbst rauften sich die beiden Parteien wieder zusammen, nachdem aus den erhofften Mercedes- und Ferrari-Motoren für RBR nichts wurde. Im Dezember übernahm Renault den Lotus-Rennstall, um wieder als Werksteam anzutreten. Ein wichtiges positives Signal für die Formel 1.

Blamage von McLaren-Honda
Beim ersten Test der alten, neuen Traumpaarung McLaren-Honda 2014 in Abu Dhabi war das rollende Labor der britisch-japanischen Seilschaft kaum auf der Bahn zu sehen. Bei den ersten Wintertests in Spanien zeigte sich: Viele Probleme waren ungelöst. McLaren-Chef Ron Dennis, Teamchef Eric Boullier und Honda-Rennleiter Yasuhisa Arai machten gut Wetter. Tenor: «Messt uns daran, wo wir am Ende der Saison stehen und nicht an unseren Leistungen im Januar.» Aber McLaren blieb eine Enttäuschung – zweitletzter WM-Rang. Fernando Alonso setzte sich nach einem weiteren Motorschaden in Brasilien in einen Gartenstuhl und löste einen Twitter-Sturm aus: «Orte, an welchen Fernando lieber wäre» mit den äusserst phantasievollen Fotomontagen der Fans.

Rätsel um Fernando Alonso
Der Testunfall von Fernando Alonso im Februar ist bis heute ein Mysterium. Nachdem der Spanier in Barcelona scheinbar ohne Gegenwehr des Piloten in eine Mauer gerollt war, überschlugen sich die Spekulationen: War Alonso ohnmächtig geworden? Hatte die Lenkung versagt? Ist Alonso Epileptiker? War es gar Absicht? Wenig hilfreich, dass McLaren widersprüchliche Aussagen zum Zustand des Fahrers machte, und die Windbö als Unfallursache akzeptierten die meisten Insider schon gar nicht. Alonso erlitt eine Gehirnerschütterung und fehlte beim Saisonbeginn in Australien. Was wirklich geschah, bleibt im Dunkeln.

Das Märchen Manor
Die Formel 1 (man glaubt es kaum) schreibt auch positive Geschichten. Während Caterham aus der Insolvenz nicht mehr herauskam und aufgelöst werden musste, schaffte Manor-Marussia das scheinbar Unmögliche: Aus einem Scherbenhaufen an den Start in Melbourne. Möglich wurde das durch den Unternehmer Stephen Fitzpatrick und die unermüdliche Arbeit von Teamchef John Booth und Team-Manager Graeme Lowdon. Manor fuhr zwar ein Jahr lang hinterher, aber der Rennstall überlebte und erhält 2016 die begehrten Mercedes-Motoren sowie technische Hilfe von Williams. Booth und Lowdon gingen im Herbst von Bord: Sie haben sich mit Teambesitzer Fitzpatrick überworfen.

Carmen entwickelt
Spott und Hohn für Lotus, als im Februar die Spanierin Carmen Jordá als Entwicklungsfahrerin engagiert wurde. Der Ire Rob Cregan fuhr 2012 an der Seite der schönen Jordá in der GP3-Serie. Er lästerte: «Carmen könnte nicht mal eine Rolle Film entwickeln, geschweige denn einen Hybrid-Formel-1-Renner.» Tatsächlich fuhr die Blondine kein einziges Mal den Lotus. Sie hofft nun, dass sie von Renault verpflichtet wird. Die Hoffnung ist bekanntlich, das Letzte, was stirbt.

Sound? Welcher Sound?
Ein grosser Aufreger ist geblieben – die Erkenntnis, dass ein V6-Turbo mit Mehrfach-Energierückgewinnung einfach nicht so viel Getöse macht wie ein 2,4-Liter-Sauger. Viele Fans haben sich mit dem weniger lauten Geräusch abgefunden und freuen sich sogar, dass man inzwischen den Streckensprecher erkennt. Andere staunen über Zwischentöne wie sirrende Turbolader oder kreischende Reifen. Wieder andere zetern bis heute, weil sie einfach mehr Sound wollen. Der Autoverband FIA und die Motorenhersteller arbeiten an mehr Lärm. Fortsetzung anfangs 2016.

Sinnfreies Reglement
Doppelte Punkte beim WM-Finale: wegen zu viel Künstlichkeit von den Fans verteufelt. Funkverbot für die Fahrer: lächerlicher Kinderkram, teilweise wieder zurückgenommen. Stehende Starts nach Gelbphasen: gar nicht erst umgesetzt. Dafür Fahrer, die das Design ihrer Helme nicht ändern dürfen. Die Formel 1 hat wiederholt bewiesen, dass gut gemeint meist das Gegenteil von gut darstellt. Ferrari-Präsident Sergio Marchionne höhnte: «Das Reglement kommt mir bisweilen vor, als wäre es von Betrunkenen an einer Bar entworfen worden.» Einiges ist besser geworden, das lächerliche Strafsystem für Motoren oder einzelne Bauteile verärgerte aber selbst treue Fans. Eine Strafversetzung von 55 Rängen wie teilweise für die McLaren-Honda-Fahrer, das ist einfach nur noch lächerlich. Geht das nicht anders, liebe FIA?

Max Verstappen zu jung?
Mit 17 Jahren gab Max Verstappen in Australien sein GP-Debüt. Kritiker befürchteten: Verstappen werde überfordert sein, es werde reihenweise krachen, und dann ginge das grosse Wehklagen los. Max fuhr dann in seinem zweiten Grand Prix in die Punkte (in Australien liess ihn sein Auto im Stich), wurde Vierter in Ungarn und Texas, zeigte in Belgien das Überholmanöver des Jahres (Felipe Nasr in Blanchimont aussen überholt) und bewies – hier wächst mindestens ein GP-Sieger heran. Die Kritiker sind längst verstummt.

Ferrari und Sebastian Vettel
Die Fussstapfen von Michael Schumacher sind gross, aber natürlich strebt Sebastian Vettel bei seinem neuen Formel-1-Abenteuer den WM-Titel mit Ferrari an. Die Frage unter den Tifosi war nicht nicht, ob Vettel Grands Prix gewinnen würde, die Frage lautete vielmehr – wann? Vettel führte sein Team in die Renaissance: Ferrari war das einzige Team, das 2015 den überlegenen Silberpfeilen Niederlagen beibringen konnte: in der Hitze von Malaysia, im Chaos von Ungarn, in der Nacht von Singapur. Ferrari etablierte sich hinter Mercedes als Nummer 2. Der schwierigste Schritt kommt nun: Kann Ferrari 2016 auf Augenhöhe mit Mercedes-Benz kämpfen?

Adieu, Jules
Am 17. Juli ist in Nizza der junge Franzose Jules Bianchi verstorben. Seit seinem schweren Unfall am 5. Oktober 2014 in Suzuka lag der Marussia-Fahrer im Koma. Der Unfallbericht des Autoverbands FIA gab dem Fahrer die Hauptschuld am Drama. Sein Vater Philippe Bianchi arbeitet mit seinen Anwälten an einer Klage. «Wenn es Verantwortliche für den Tod meines Sohnes gibt, dann müssen sie zur Rechenschaft gezogen werden.» Vor dem Ungarn-GP im Juli bildeten die Formel-1-Fahrer auf der Startaufstellung einen Kreis, um dem verlorenen Kollegen zu gedenken.

Angst um die Reifen
Reifenplatzer von Nico Rosberg im Training zum Grossen Preis von Belgien, im Rennen dann am Ferrari von Sebastian Vettel, der anschliessend Formel-1-Ausrüster Pirelli hart kritisierte. Die Italiener reagierten ab Monza mit veränderten Vorgaben für Reifendruck und –sturz. Prompt stand Hamiltons Sieg in Italien nach dem Grand Prix auf der Kippe, weil die Reifendrücke am Silberpfeil fragwürdig waren. Lewis konnte aber seinen Sieg behalten, Pirelli und FIA mussten die Messmethoden neu definieren.

Krise? Welche Krise?
Marussia und Caterham lagen Ende 2014 am Boden, Lotus, Force India und Sauber befanden sich in argen Nöten und mussten Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone um Vorauszahlungen bitten. Die Formel 1 hatte sich in die Krise gefahren, und die Hauptdarsteller haben viel zu lange einfach nur zugeschaut. FIA-Chef Jean Todt hatte es verpasst, beim Schritt in die Turbo-Ära den Motorherstellern Maximalpreise für die sündhaft teuren neuen Antriebseinheiten aufs Auge zu drücken. Und eine Regel, wozu sie zum Ausrüsten einer Mindestzahl von Rennställen verpflichtet sind. So geriet der Sport in den Schwitzkasten der Motorhersteller. Todt und Ecclestone zogen im Herbst die Reissleine und gaben eine Ausschreibung für einen günstigeren Alternativ-Motor heraus. Mercedes-Benz, Renault, Ferrari und Honda wollen diesen günstigeren Motor eines unabhängigen Herstellers nicht sehen, sie haben bis Mitte Januar Zeit, dem Autoverband Vorschläge zu unterbreiten, wie ihre Motoren erschwinglich werden sollen. Das Thema Kosten wird uns noch sehr lange begleiten.

Die Dominanz von Mercedes
38 Rennen in der neuen Turbo-Ära: 32 Siege für Mercedes, 36 Pole-Positions, von möglichen 76 Podesträngen haben Hamilton und Rosberg 63 abgehakt. Mercedes hat 2015 alle Rekorde geknackt: 16. Sieg im 19. Rennen beim WM-Finale von Abu Dhabi, 703 WM-Punkte (mehr als 2014, obschon es damals auf dem Yas Marina Circuit doppelte Punkte gab), 12 Doppelsiege, 32 Podestränge. Kein Formel-1-Auto hat je heller geglänzt als der Silberpfeil.

Red Bull Racing-Teamchef Christian Horner ist davon überzeugt, dass die Dominanz 2016 weitergeht. Ungewöhnlich wäre das nicht: Die meisten WM-Titel waren das Ergebnis von Erfolgswellen – so wie vier Jahre lang bei Red Bull Racing (2010 bis 2013 vier Titel mit Sebastian Vettel), so wie die beiden Renault-Titel von Fernando Alonso (2005 und 2006), so wie die unerreichten fünf Titel hintereinander von Michael Schumacher und Ferrari (2000 bis 2004), wie die beiden Titel von Mika Häkkinen für McLaren-Mercedes zuvor und wie davor die Erfolgsserie von Williams (Damon Hill Weltmeister 1996, Jacques Villeneuve 1997) und zuvor von Benetton und Michael Schumacher, davor wiederum von Williams mit Nigel Mansell 1992 und Alain Prost 1993, als Nachfolger der grossen McLaren-Ära mit Ayrton Senna und Alain Prost.

Damit zeigt sich einmal mehr: Auch in der Formel 1 liegt im Wechsel allein das Beständige. Vielleicht ist das auch ein ganz brauchbares Motto für den Jahreswechsel.

Im Namen des gesamten Teams von SPEEDWEEK.com wünsche ich allen Lesern einen guten Rutsch und Ihren Liebsten und Ihnen für 2016 nur das Beste.

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