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Johnny Herbert: «Nachtanken bleibt eine Schnapsidee»

Von Mathias Brunner
​Dem dreifachen GP-Sieger Johnny Herbert (51) graut davor, dass FIA-Präsident Jean Todt in der Strategiegruppe die alte Idee des Nachtankens zur Sprache bringt. Das sei der falsche Ansatz.

Vor wenigen Tagen hat FIA-Präsident Jean Todt bestätigt: «Wir werden bei der Sitzung der Strategiegruppe auch die Frage diskutieren, ob es wirklich falsch ist, auf Tankstopps zu verzichten.» Der frühere Grand-Prix-Pilot Johnny Herbert kennt die Antwort auf diese Frage bereits: Ja, es ist falsch.

Der 51jährige Engländer sagt: «Nachtanken wieder zurückzubringen, das ist eine Schnapsidee. Frühere GP-Kollegen wie Damon Hill und Martin Brundle sind meiner Meinung – Nachtanken war schlecht für den Sport. Nehmt nur einmal die Saison 2008: Felipe Massa schleppte damals in Singapur die halbe Tankausrüstung durch die Boxengasse, letztlich kostete ihn das den WM-Titel. Wollen wir das wirklich? Dass ein Pilot den Titel wegen des Nachtankens verliert? Es ist für mich verrückt, dass man diesen Vorschlag erneut hervorholt.»

Herbert bei Downforce Radio weiter: «Rillenreifen waren ebenfalls eine fürchterliche Idee, zum Glück rollen die GP-Renner heute wieder auf profillosen Walzen. Wir brauchen vom Verband keine dummen, verrückten Entscheidungen. Wir brauchen vernünftige Beschlüsse, um die Zukunft des Sports zu kontrollieren.»

«Ein Rad-an-Rad-Duell wie Mansell gegen Senna 1991 in Barcelona, das ist es doch, was die Fans sehen wollen! Und um solche Duelle zu ermöglichen, müssen wir die Regeln nur geringfügig ändern. Ich hoffe, die Entscheidungsträger schaffen das.»

Der 22fache GP-Sieger Damon Hill gibt Herbert Rückendeckung: «Ich finde Nachtanken keine gute Idee, weil wir uns damit in die Vergangenheit zurück bewegen. Es gibt ja gute Gründe, wieso wir damals davon abgerückt sind. Wo wir den Hebel ansetzen sollten – die Autos so verändern, dass die Fahrer einander angreifen können.»

Mercedes-Teamchef Toto Wolff sitzt in der Strategiegruppe, in welcher ab heute Montag, 18. Januar, über die Ausrichtung der Formel 1 diskutiert wird. Zur Erinnerung: Dieses Gremium ist derzeit zusammengesetzt aus dem FIA-Präsidenten Jean Todt, Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone sowie Vertretern der Rennställe Ferrari, McLaren, Mercedes, Red Bull Racing, Williams und Force India.

Zum Nachtanken sagt der Österreicher Toto Wolff: «Es ist in dieser Gruppe schon darüber diskutiert worden, ob man in der Formel 1 das Nachtanken zurückbringen sollte. Bei einem Treffen der Arbeitsgruppen Technik und Sport im vergangenen Juni in Montreal war klar geworden: Die Reaktion bei uns auf diese Idee war hundertprozentig negativ.»

Die Gründe dafür liegen auch heute noch auf der Hand. Es ist errechnet worden, dass eine neue Tanke jedes Team mehr als 1,5 Mio Euro kosten würde. Vor dem Hintergrund des Spargedankens in der Formel 1 sowie bei klammer Kasse vieler Rennställe wäre das der pure Wahnsinn.

Um das Tanken auf dem zeitlichen Niveau der heutigen Reifenwechsel zu halten, müsste mit Überdruck betankt werden – das erhöht das Sicherheitsrisiko.

Rennstrategen haben zudem frühere Rennen studiert und sind schnell mit dem Fazit zur Hand: Tankstopps haben keine attraktiveren Rennen erzeugt.

Toto Wolff bestätigt: «Wir halten es für zu teuer, wir halten es nicht für sicher genug, wir sehen keinen Grund, wieso der Sport dadurch attraktiver werden sollte. Daher ist der Vorschlag aus diesen beiden Arbeitsgruppen zurückgereicht worden an die Strategiegruppe. Meine persönliche Meinung? Nachtanken sollte nicht zurückkommen.»

Dieser Überzeugung ist auch der langjährige Sauber-Teammanager Beat Zehnder. Der Schweizer vertieft: «Tankstopps zurückzubringen, das wäre kontraproduktiv. Wir haben damals das Nachtanken nicht nur aus finanziellen Gründen verbannt. Wir haben die Tankstopps primär verboten, weil wir Rennen hatten, die Prozessionen waren. Viele Leute scheinen in diesem Zusammenhang zu vergessen – wir hatten früher teilweise fürchterlich langweilige Rennen. Heute haben wir wenigstens strategische Möglichkeiten, etwa indem ein Pilot früher zum Reifenwechsel reinkommt als sein Gegner und ihn so zu unterlaufen versucht. Dazu kann er auch mit der Wahl der Reifenmischung spielen. Wenn der Sprit bestimmt, wann der Stopp angesetzt werden muss, dann erzeugt das fade Rennen. Tankstopps erzeugen keine besseren Rennen, basta.»

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