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Arme Briten: Ohne Live-GP aus Australien, Monaco, USA

Von Mathias Brunner
Lewis Hamilton in Australien: Das werden viele britische Zuschauer nur in der Zusammenfassung sehen

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​Der britische Sender Channel 4 hat veröffentlicht, welche Formel-1-Rennen auch künftig im freien Fernsehen zu sehen sein werden. Fazit: Die Briten müssen auf einiges verzichten.

Wochenlang hielten sich hartnäckig Gerüchte, wonach die BBC innerhalb ihres Sparprogramms auf die teure Formel 1 verzichten könnte, kurz vor Weihnachten wurde es Tatsache: Die britische Rundfunkgesellschaft BBC (British Broadcasting Corporation) will 214 Millionen Euro sparen, 50 Millionen davon bei Sportrechten, und das tut sie teilweise, indem künftig auf die Formel 1 verzichtet wird – drei Jahre vor Ablauf eines Abkommens mit Serienpromoter Bernie Ecclestone.

Dennoch müssen die britischen Fans nicht auf Formel-1-Rennen im freien TV verzichten: Der Sender Channel 4 übernimmt. Channel 4 wird zehn Grand Prix pro Jahr live übertragen, im Rahmen eines Dreijahresabkommens bis Ende 2018.

Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone: «Es ist bedauerlich, dass die BBC ihren Vertrag nicht erfüllen kann. Aber ich bin erleichtert, dass wir mit Channel 4 einen Ersatz gefunden haben, der die Rennen ohne Werbepausen zeigt.»

Channel 4 ist ein Sender, der 1982 gegründet wurde und sich über Werbung finanziert. Er heisst so, weil es im Gründungsjahr nur drei Sender auf der Insel gab – BBC1, BBC2 sowie ITV. In den 90er Jahren legte Channel 4 vor allem dank Sportanlässen und US-amerikanischen Serien zu sowie durch Reality-TV-Formate wie Big Brother. Auch Starkoch Jamie Oliver ist auf Channel 4 zu sehen.

Nun hat Channel 4 verkündet, welche Rennen 2016 live gezeigt werden und von welchen es lediglich Aufzeichnungen geben wird:

Formel 1 auf Channel 4: Die Live-Rennen
3. April: Bahrain (Sakhir)
15. Mai: Spanien (Barcelona)
19. Juni: Aserbaidschan (Baku)
10. Juli: Grossbritannien (Silverstone)
24. Juli: Ungarn (Budapest)
28. August: Belgien (Spa-Francorchamps)
4. September: Italien (Monza)
2. Oktober: Malaysia (Sepang)
30. Oktober: Mexiko (Mexiko-Stadt)
27. November: Abu Dhabi (Insel Yas)

Formel 1 auf Channel 4: Aus der Konserve
20. März: Australien (Melbourne)
17. April: China (Shanghai)
1. Mai: Russland (Sotschi)
29. Mai: Monaco (Monte Carlo)
12. Juni: Kanada (Montreal)
3. Juli: Österreich (Spielberg)
31. Juli: Deutschland (Hockenheim)
18. September: Singapur
9. Oktober: Suzuka (Japan)
23. Oktober: USA (Austin)
13. November: Brasilien (Sao Paulo)

Damit ist klar: Wer nicht gewillt ist, bei der britischen Sky ein Digital-Abo zu lösen, der muss auf die Live-Übertragungen wichtiger Rennen verzichten – wie auf den Saisonbeginn vom 20. März in Australien, wie auf das Rennen der Rennen, den Monaco-GP Ende Mai, wie auf die Klassiker von Kanada, Österreich, Deutschland und Brasilien oder das fazinierende Nachtrennen in Singapur sowie den USA-GP. Von all diesen Grands Prix werden bei Channel 4 nur zeitversetzt die Höhepunkte zu sehen sein.

Ganz wichtig allerdings für Channel 4: Das Heimrennen in Silverstone gehört weiter zu den Live-GP im freien Fernsehen. Erster Live-GP wird Bahrain sein (3. April, zweiter GP der Saison nach Australien), Direktübertragungen gibt es auch vom ersten Grand Prix in Aserbaidschan sowie vom WM-Finale in Abu Dhabi.

Channel 4 hat für die Produktion der Übertragungen die Firma Whisper Films gewinnen können. Ein Unternehmen, das vom früheren GP-Star und BBC-Mitarbeiter David Coulthard mitgegründet worden ist. Da Channel 4 seit August 2015 auch 20 Prozent der Anteile an Whisper Films hält, ist der Deal keine grosse Überraschung.

«Das ist eine aufregende Zeit für den Sport und eine aufregende Zeit für Whisper Films. Die Formel-1-Welt ist von dem, was Whisper Films in den letzten Jahren geleistet hat, enorm beeindruckt worden. Die Entscheidung von Channel 4 ist der Beweis dafür», sagt David Coulthard, der das Herz der Channel-4-Übertragungen bilden soll. Den Rest des Teams will Channel 4 in den kommenden Wochen bekanntgeben.

BBC ohne Formel 1: Die Gründe

Die BBC ist in Grossbritannien die grosse alte Dame der Rundfunkgesellschaften: 1922 wurde sie gegründet, jedes Kind ist mit den Radioprogrammen und später mit den TV-Sendern von «The Beeb» oder «Auntie Beeb» (Tantchen Beeb) aufgewachsen. Noch heute wird die BBC haupsächlich durch Rundfunkgebühren finanziert, wenn auch die Zusammensetzung ein wenig anders ist als bei öffentlich-rechtlichen Sendern in Deutschland.

Mitte November hatte der Sender bestätigt, dass im Laufe der kommenden Jahre 214 Millionen Euro gespart werden müssen. Dies ist notwendig, weil immer weniger Menschen einen Fernseher besitzen und dafür Gebühren entrichten. Es ist versäumt worden, Gebühren für Online-Nutzung einzuziehen, aber immer mehr Menschen gucken Sendungen auf mobilen Geräten.

Etwas weniger als ein Viertel der Ausgabenkürzungen, nämlich 50 Millionen Euro (35 Millionen Pfund) sollen bei Sportrechten eingespart werden, und das hat zur Folge, dass die Formel-1-Berichterstattung gekappt wird.

Barbara Slater, Sportdirektor der BBC: «Die finanzielle Situation macht einige harte und unerwünschte Entscheidungen notwendig. Ein erheblicher Teil der Sparmassnahmen, die BBC Sport beitragen muss, werden durch das sofortige Ende unseres Formel-1-Engagements beigetragen. Uns ist klar, dass das für viele Fans immens enttäuschend ist. Aber in so einer Lage gibt es keine einfachen Lösungen. Alle unsere Optionen waren unpopulär.»

Die BBC hatte die Rechte zur Übertragung der Formel 1 im freien Fernsehen 2009 von ITV übernommen. Seit 2012 wurden die Rechte mit dem Digitalsender Sky Sports geteilt, schon damals eine Entscheidung aus Spargründen. Barbara Slater: «Die BBC steht vor grossen Herausforderungen, und der Sport ist gegen finanziellen Druck nicht immun.»

60 Fachkräfte standen damit kurz vor Weihnachten vor einer ungewissen Zukunft und BBC-Mitarbeiter Eddie Jordan schimpfte im britischen Mirror: «Klar wurde über diese Möglichkeit gemunkelt, aber was nun passiert ist, das ist ein Schock, es ist verheerend. In der Woche vor Heilig Abend will niemand so etwas hören. Noch schlimmer wird es, weil viele Mitarbeiter auf Wunsch der BBC von London in die MediaCity nach Salford/Manchester umgezogen sind. Ganze Familien sind umgesiedelt, Kinder sind neu eingeschult worden, so langsam haben sich alle dort eingelebt – und nun diese Bombe!»

Der Teamgründer des Jordan-Rennstalls sagte weiter: «Die Leute, mit welchen ich gesprochen habe, finden es herzzerreissend. Sie fragen sich, ob das Management im gleichen Team gespielt hat. Sie tun mir wirklich leid.»

Grossbritannien ohne Formel 1 auf BBC, das ist für viele Briten, als würde der ORF in Österreich der GP-Sportberichterstattung den Stecker ziehen oder als würde RTL in Deutschland keine Grands Prix mehr zeigen.

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