Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Daniel Ricciardo: «Tod Jules Bianchi änderte viel»

Von Mathias Brunner
Daniel Ricciardo bei der TAG-Heuer-Party mit DJ Minx

Daniel Ricciardo bei der TAG-Heuer-Party mit DJ Minx

​Der dreifache GP-Sieger Daniel Ricciardo zur neuen Saison mit Red Bull Racing: «Ich will aufs Siegerpodest. Und eine Saisonniederlage gegen Kvyat gibt es nicht noch einmal.»

Der Airbus A380 der Qantas schwebte Dienstagnacht träge Richtung Tullamarine Airport herein. Nach mehr als dreizehn Stunden Flug sahen die meisten Passagiere ein wenig zerknüllt aus, ihre Laune wurde nicht besser, als vor den Schaltern der Einwanderungebehörde eine lange Schlange zu erblicken war: Pech, vor der Qantas war ein proppevoller Flug der Thai angekommen.

Damit war auch klar: Wer an Bord der Qantas noch gehofft hatte, rechtzeitig zur TAG-Heuer Party zu kommen, gewissermassen der Auftakt des Melbourne-GP-Partywochenendes in der australischen Stadt, der musste mindestens mit erheblicher Verspätung rechnen.
Während sich Fernando Alonso & Co. aus dem Qantas-Flug vor den Immigrationsschaltern die Füsse in den Bauch standen, liess sich Red Bull Racing-Pilot Daniel Ricciardo von der hübschen DJ Minx in die Geheimnisse geschickten Sound-Mischens einweisen. Ricciardo war Stargast der TAG-Heuer-Party, der Uhrenhersteller ist 2016 Namensgeber des Renault-Motors bei Red Bull Racing.

Im Rahmen dieser Veranstaltung sagt der 26-Jährige aus Perth: «In meinem Kopf ist fest verankert, dass ich dieses Jahr Podestränge herausfahre.»

Das gelang dem WM-Dritten von 2014 in der vergangenen Saison nur in Singapur (als Zweiter hinter Sebastian Vettel) und in Ungarn (als Dritter hinter Vettel sowie seinem eigenen RBR-Stallgefährten Daniil Kvyat).

Am Ende der Saison 2015 war der dreifache GP-Sieger Ricciardo enttäuschter WM-Achter, bezwungen auch vom jungen Russen aus dem eigenen Hause. «Das wird nicht noch einmal vorkommen», verspricht Daniel Ricciardo grimmig, und auf einmal wirkt sein übliches Strahlelächeln eher wie das Zähnefletschen eines Weissen Hais.

Natürlich ist Melbourne kein Rennen wie jedes andere für Ricciardo: «Ich spüre, welche Unterstützung ich hier in Australien bekomme, und ich glaube, nach dem Formel-1-Rücktritt von Mark Webber war es für die Fans cool, einen anderen Piloten aus ihrem Land im GP-Sport zu wissen. Jetzt liegt es an mir, am nächsten Wochenende ein wenig Magie zu erzeugen.»

2014 wurde Ricciardo in Melbourne Zweiter – und dann wegen Unregelmässigkeiten bei der Benzindurchflussmenge aus der Wertung gekegelt. 2015 wurde er Sechster, 2012 mit Toro Rosso Neunter im Albert Park.

Bei den Kollegen der Herald Sun sagt Ricciardo: «Das Eröffnungswochenende in Australien ist anstrengend fürs ganze Team, weil eben ein Australier mitfährt, da gibt es Haufenweise Termine. Die ruhigste Zeit ist jeweils im Rennwagen, umso mehr kannst du das Fahren geniessen. Melbourne, das ist für mich nicht nur ein ganz besonderer Grand Prix wegen meiner Landsleute, es ist auch der Startschuss in die Saison. Endlich ist das ganze Gerede aus dem Winter passé, und wir erfahren erstmals, was wirklich Sache ist.»

Ricciardo hat seine Denke ein wenig umgestellt: «Vor einem Jahr begann ich die Saison als dreifacher GP-Sieger, und meine Erwartungen waren gross. Dann wurde ich ernüchtert. Nun versuche ich, weniger zu erwarten, aber insgeheim habe ich mir natürlich vorgenommen, wieder auf dem Siegerpodest zu stehen. Und zwar mehr als zwei Mal.»

Red Bull Racing hat bei den Wintertests einen hervorragenden Eindruck hinterlassen, das Chassis ist offenbar ein Knüller. Renault hat Fortschritte gemacht, für den Frühsommer wollen die Franzosen mehr Leistung nachlegen.

Daniel Ricciardo: «Das letzte Jahr war schwierig. Es hat mich gelehrt, es mehr zu schätzen, wenn ein Rennen mal gut läuft. Es war eine frustrierende Saison, aber sie hat das Team enger zusammengeschweisst.»

2015 war auch das Jahr, in welchem wir Jules Bianchi verloren haben, der Franzose wachte nach seinem schweren Unfall in Suzuka 2014 nicht mehr auf und verstarb im vergangenen Juli. Daniel: «Der Tod von Jules hat viel geändert und uns alle tief berührt. Ich hoffe, das klingt jetzt nicht seltsam, aber in gewisser Weise hat mich sein Verlust noch entschlossener gemacht. Ich denke: Wenn ich schon bewusst diese Risiken eingehen, dann will ich es auch richtig machen und alles geben.»

Bianchis Unfall hat als direkte Folge zu Plänen für einen Kopfschutz geführt, eine Lösung ist der so genannte Halo (Heiligenschein), den Ferrari bei den Wintertests als Attrappe ausführte – die Reaktionen von Fahrern, Fachleuten und vor allem Fans waren gleichermassen heftig. Eine andere Lösung ist eine Art vergrösserte Windschutzscheibe von Red Bull Racing. Welches Konzept eingeführt wird, ist noch ungewiss.

Daniel Ricciardo meint: «Was den Halo angeht – es geht doch nicht darum, ob man ihn nun hässlich findet oder nicht. Es geht darum, dass wir Fahrer sicherer sind. Für mich sieht er ganz okay aus. Beim Schritt von 2008 auf 2009, als die Autos geändert wurden, fand ich, die neuen Wagen seien hässlich geworden. Und der Halo ist jetzt wirklich kein so dramatischer Einschnitt. Ich bin nicht der Meinung von Nico Hülkenberg. Ich bin nicht der Ansicht, dass man eher ein Held ist, wenn der Halo weggelassen wird. Der Halo ändert den Sport nicht, er ändert den Speed der Autos nicht. Aber er schützt uns besser vor herumfliegenden Objekten. Wer sich hier in die Brust wirft, weil er darauf verzichten will, den verstehe ich nicht, tut mir leid, das ist falsches Heldentum.»

Formel-1-WM

20. März: Australien (Melbourne)
3. April: Bahrain (Sakhir)
17. April: China (Shanghai)
1. Mai: Russland (Sotschi)
15. Mai: Spanien (Barcelona)
3. Juli: Österreich (Spielberg)
10. Juli: Grossbritannien (Silverstone)
24. Juli: Ungarn (Budapest)
31. Juli: Deutschland (Hockenheim)
28. August: Belgien (Spa-Francorchamps)
4. September: Italien (Monza)
18. September: Singapur
2. Oktober: Malaysia (Sepang)
9. Oktober: Suzuka (Japan)
23. Oktober: USA (Austin)
30. Oktober: Mexiko (Mexiko-Stadt)
13. November: Brasilien (Sao Paulo)
27. November: Abu Dhabi (Insel Yas)

Das Formel-1-Startfeld 2016

Team: Mercedes AMG Petronas Formula One Team (D)
Fahrzeug: Mercedes F1 W07 Hybrid
Motor: Mercedes-Benz PU106C Hybrid
Fahrer: 6 Nico Rosberg (D)
44 Lewis Hamilton (GB)

Scuderia Ferrari (I)
Ferrari SF16-H
Ferrari 059/5
5 Sebastian Vettel (D)
7 Kimi Räikkönen (FIN)

Williams Martini Racing (GB)
Williams FW38
Mercedes-Benz PU106C Hybrid
19 Felipe Massa (BR)
77 Valtteri Bottas (FIN)

Red Bull Racing (A)
Red Bull Racing RB12
TAG Heuer (umbenannter Renault-Motor)
3 Daniel Ricciardo (AUS)
26 Daniil Kvyat (RU)

Sahara Force India Formula One Team (IND)
Force India VJM09
Mercedes-Benz PU106C Hybrid
11 Sergio Pérez (MEX)
27 Nico Hülkenberg (D)

Renault Sport Formula One Team (F)
Renault RS16
Renault RE16
20 Kevin Magnussen (DK)
30 Jolyon Palmer (GB)

Scuderia Toro Rosso (I)
Toro Rosso STR11
Ferrari 059/4
33 Max Verstappen (NL)
55 Carlos Sainz (E)

Sauber F1 Team (CH)
Sauber C35
Ferrari 059/5
9 Marcus Ericsson (S)
12 Felipe Nasr (BR)

McLaren Honda (GB)
McLaren MP4-31
Honda RA616H
14 Fernando Alonso (E)
22 Jenson Button (GB)

Manor Racing (GB)
Manor MRT05
Mercedes-Benz PU106C Hybrid
88 Rio Haryanto (RI)
94 Pascal Wehrlein (D)

Haas F1 Team (USA)
Haas VF16
Ferrari 059/5
8 Romain Grosjean (F)
21 Esteban Gutiérrez (MEX)

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