Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Martin Brundle: Schuld Verstappen und Vettel, 50:50

Von Rob La Salle
​Der Engländer Martin Brundle, Sportwagen-Weltmeister 1988 und heute Formel-1-Experte der britischen Sky, beobachtet mit einer Mischung aus Faszination und Beunruhigung die Entwicklung von Max Verstappen.

Sky-Formel-1-Experte Martin Brundle hat noch während des turbulenten Belgien-GP festgehalten: «Max Verstappen fordert das Schicksal heraus. Ich bewundere sein Talent, er ist bereits heute ein Siegfahrer, und er zeigt alle Anlagen, Weltmeister zu werden. Aber um dieses Ziel zu erreichen, gilt es auch, mit Bedacht zu fahren und sich seine Duelle sorgfältig auszusuchen.»

In seiner jüngsten Sky-Kolumne führt der 158fache GP-Teilnehmer diese Gedanken nun weiter aus: «Ich habe schon nach dem Ungarn-GP festgehalten, dass Max Verstappen mit einigen seiner Taktiken etwas moderater umgehen sollte – besonders, wenn es darum geht, seine Position zu verteidigen. Das wird ihn gute Ergebnisse kosten und könnte zu einem massiven Unfall führen. Dabei bleibe ich.»

«Wie ich es mit Ayrton Senna und Michael Schumacher erlebt habe, baut er sich in der Psyche seiner Gegner eine ganz bestimmte Position auf – ich werde dich bei jeder Gelegenheit bekämpfen, also pass besser auf!»

«Mit welchem Selbstvertrauen und mit welcher Dreistigkeit er nachher Fahrer bezichtigt, sein Rennen ruiniert zu haben, das finde ich höchst eindrucksvoll und alarmierend zugleich.»

«Die Aktion gleich nach dem Start würde ich zu 50:50 zu Lasten von Verstappen und Vettel einschätzen. Kimi konnte nichts dafür, er war prima gestartet und höchstens ein wenig zaghaft in Kurve 1. Auf der anderen Seite hat Räikkönen schon sehr viele solcher Situationen erlebt, Max nicht.»

«Ich kaufe Ferrari nicht ganz ab, dass die Vettel’schen Rückspiegel so klein sind, dass er nicht wissen konnte, wo Kimi ist und dass innen auch noch Max dazu kam. Fast in jedem Belgien-GP versucht ein Fahrer in der ersten Kurve, Plätze in der Eau Rouge gutzumachen, damit muss man rechnen. Ich frage mich, ob sich die Ferrari auch berührt hätten ohne Verstappen an der Innenseite.»

Der Le-Mans-Sieger von 1990 sagt in seiner Kolumne weiter: «Max hatte einen verhältnismässig schlechten Start und versuchte das, gleich wieder wettzumachen. Es wäre weiser gewesen, mit einer Attacke zu warten und den Schwung aus der Eau Rouge mitzunehmen.»

«Es war eine besondere Druckposition für Verstappen. Er war der einzige Fahrer unter den besten Sechs auf den superweichen Reifen, brauchte also Luft, um diese Strategie zum Funktionieren zu bringen. Also musste er im Idealfall Rosberg bald überholen. Zudem hatte Max bei der Fahrerparade sehen können, welchen grandiosen Empfang ihm die niederländischen Fans bereiteten. Teenager und kühler Kopf oder nicht – das geht an keinem Fahrer spurlos vorbei.»

«Was meiner Meinung nach aufhören muss, zum Wohle von Fahrern, Streckenposten und Fans: die späte Bewegung in der Defensive. Hier wartet ein Flugzeugabsturz auf uns.»

«Ansonsten habe ich nichts dagegen, wenn die Rennkommissare es zulassen, dass beim Rad-an-Rad-Kampf auch Fahrzeugkörperkontakt vorkommt. Aber der Grat ist schmal. Die Grenze verwischt zwischen packendem Sport und gefährlichen Manövern. Für gleichmässigere Urteile der Rennpolizei bräuchten wir weniger Rennkommissare, die halb-permanent dabei sein.»

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