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René Rast: Der Plan für das Cockpit in der Formel E

Von Andreas Reiners
René Rast

René Rast

René Rast gilt als heißer Kandidat für das Formel-E-Cockpit bei Audi, er absolviert Anfang Juli Testfahrten. SPEEDWEEK.com hat mit dem DTM-Champion über die Chance gesprochen.

Sorgen hat sich René Rast keine gemacht. Gedanken, ja klar. Intensive? Ja, natürlich. Das muss man, auch als DTM-Champion, wenn der eigene Arbeitgeber inmitten der Coronakrise den Ausstieg aus der Serie verkündet, die man drei Jahre lang geprägt hat.

Doch die Option für die Zukunft bei Audi lag auf der Hand. Automatisch. Denn die Ingolstädter fokussieren sich nun noch mehr auf die Formel E.

Sofort ein Kandidat

Rast galt sofort als heißer Kandidat auf eines der Cockpits des Brasilianers Lucas di Grassi und von Daniel Abt, beide seit dem Debüt der Elektroserie 2014 dabei. Und manchmal gehört zu einer erfolgreichen Rennfahrer-Karriere auch einfach Glück dazu. Denn nach dem eSports-Skandal hat Audi Abt vor die Tür gesetzt. Heißt: Audi benötigt bereits jetzt, für den Rest der aktuell unterbrochenen Saison, Ersatz. Und für die Zeit danach.

Die Chance für Rast, der Anfang Juli Testfahrten auf dem Lausitzring bestreiten darf. Das einzige Hindernis: Wenn die Kalender der DTM und der Formel E kollidieren - bei der Elektroserie steht noch nicht fest, ob und wie es weitergeht – hat die DTM in diesem Jahr Vorrang.

Für Abt, den Rast lange kennt, tue es ihm irrsinnig leid, sagte er im Gespräch mit SPEEDWEEK.com: «Aber auf der anderen Seite muss man es auch professionell sehen: Die Tür hat sich jetzt für mich geöffnet. Im Werkssport bei Audi gibt es im Moment nur noch die Formel E. Und wenn sich die Tür öffnet, dann gehe ich da auch rein.» Deshalb ist klar: «Ich wäre definitiv interessiert daran, in der Formel E zu fahren. Sie ist eine der besten Meisterschaften.»

Man muss dazu wissen: Die Formel E war schon früher eine Option, 2016 feierte er ein überraschendes Debüt, als er spontan nach Berlin zitiert wurde, um für das Aguri-Team zu fahren. Ein Kaltstart, ohne jegliche Vorbereitung, am Renntag wurde noch schnell der Sitz gegossen.

Das Ergebnis? Wenig berauschend, er schied vorzeitig aus. «Es war eine große Herausforderung, ich habe mich am Anfang schwergetan, weil das Auto keine Servolenkung und wenig Abtrieb und einen Elektromotor hatte. Dinge, die ich so nicht kannte», sagte Rast. Ein (angeblich sehr gut dotiertes) Angebot für einen Einstieg lehnte er 2017 zugunsten der DTM ab.

Gelassener Ansatz

Den neuerlichen Anlauf geht er nun an wie immer. Gelassen. Erinnerungen an frühere DTM-Shootouts, als er nicht auf den Punkt lieferte und das Cockpit icht bekam, werden da nicht wach. «Ich schaue YouTube-Videos, schaue mir sachte an, wie man mit dem Auto fährt. Danach werde ich mich irgendwann in den Simulator begeben, mit den Ingenieuren und dem Team sprechen, um Infos aufzusaugen», sagte er: «Der Test ist vor allem dafür gedacht, um mir ein Gefühl für das Auto zu geben, um reinzuschnuppern. Da geht es gar nicht so sehr um Performance.»

Bedenken, dass er mit dem Formelauto Schwierigkeiten haben könnte, muss man wohl nicht haben. Rast gilt als Universal-Talent, als jemand, der sich mit viel Arbeit und Akribie in die Materie frisst und an guten Tagen nahezu unschlagbar ist. So eroberte er mit Anfang 30 mit zwei Titeln und einem zweiten Platz in drei Jahren die DTM. Um das Level und das Maximum zu erreichen und zu halten, schlägt er sich auch schon mal die Nächte am Laptop um die Ohren.

«Im Endeffekt kommt es darauf an, dass ich mich bestmöglich vorbereite. Nicht nur im Simulator, sondern auch vom Kopf her», betonte er. «Das kann ich recht gut: Wenn ich gut vorbereitet bin, kann ich mich ins Auto setzen und auf Anhieb Leistung abrufen. Danach muss man sehen, was an Feintuning durch Daten möglich ist. Ein wichtiger Faktor ist aber natürlich die Erfahrung, die mir am Anfang noch fehlt.»

Die Zeit wird es in der Formel E auch sein, denn das Format ist kompakt, noch kompakter als in der DTM. Trotzdem geht er davon aus, dass es zu ihm passt.

Speziell sind allerdings die Rennen, «es geht drunter und drüber. Man muss brutal ‚die Ellenbogen ausfahren‘, denn es gibt sehr viel Kontakt», so Rast. «In der DTM drücken wir uns nicht von der Strecke und versuchen, uns nicht zu berühren und lassen uns Platz. In der Formel E wird im Moment reingehalten, auch wenn es keine Lücke gibt. Das ist ein anderes Racing, bei dem ich mich etwas umorientieren muss.»

Ein Selbstläufer wird das Ganze freilich nicht, es gibt natürlich auch Konkurrenz. Sein DTM-Kollege Nico Müller galt im vergangenen Jahr bereits als Audi-Kandidat, er fährt in dieser Saison für Dragon, stellte aber schon klar, dass dieses Engagement zumindest in diesem Jahr Vorrang hat. Auch Robin Frijns hat eine Menge Formel-E-Erfahrung, fährt in diesem Jahr für das Audi-Kundenteam Virgin. GT-Pilot Kelvin van der Linde ist ebenfalls im Blickfeld. «Natürlich macht man sich langsam Gedanken, weil die Uhr tickt. Ich mache kein Geheimnis daraus, dass die Formel E eine Option ist, die mich sehr interessiert», sagte Müller SPEEDWEEK.com.

Ein Rast-Vorteil: Audi wird darauf achten wollen, im Hinblick auf die Akzeptanz der Serie in Deutschland weiterhin einen deutschen Fahrer im Auto sitzen zu haben. Ein zwei-, nach 2020 möglicherweise sogar dreimaliger DTM-Champion lässt sich fraglos gut verkaufen.

Klient auch Konkurrent

Funfact: Rast hat mit seinem Manager Dennis Rostek die Pole Promotion GmbH gegründet, mit der sie junge Fahrer beraten. Einer der Klienten: Kelvin van der Linde.

Rast lacht, als er auf die Konstellation angesprochen wird. Man muss dazu wissen: Beide sind gut befreundet. «Es findet ein ganz normaler Austausch statt, wir informieren uns gegenseitig und gehen ganz offen damit um. Er versteht natürlich, dass ich vermutlich die besseren Karten habe, wenn es keine Überschneidungen geben sollte. Das sieht er ganz gelassen.»

So wie Rast selbst die Situation auch. «Durch meine Leistung in den letzten Jahren habe ich die besten Chancen, in den nächsten Jahren irgendwo unterzukommen. So selbstbewusst muss man sein.»

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