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DMSB in argen Nöten: Nur noch 1500 Lizenznehmer

Von Günther Wiesinger
Im Zusammenhang mit der Internationalen Deutschen Motorrad Meisterschaft standen die Betroffenen in den letzten Monaten vor einem Nahtoderlebnis. Die Anzahl der DMSB-Lizenznehmer soll von 8000 auf 1500 geschrumpft sein.

Das SPEEDWEEK.com-Interview mit dem IDM-Vorsitzenden Wilhelm A. Weidlich stieß bei den Betroffenen im Dunstkreis des Deutschen Motor Sport Bunds (DMSB) letzte Woche auf wenig Begeisterung. Auch die Lizenznehmer vermissten klare Worte.

Weidlichs skeptische Einschätzung zur Zukunft der IDM wird hingegen von vielen Aktiven geteilt.

Weidlichs Aussagen wurden überwiegend als fadenscheinig beurteilt. «Was sind das für Antworten? So geht in Deutschland kein Sportverband mit seinen Aktiven um. Traurig, traurig und keine Besserung in Sicht. Eine Krähe, hackt der anderen kein Auge aus», schrieb ein anonymer Leser.

Leser Freddie #19 wunderte sich über Weidlich: «Wer hat den vor das Mikrofon geschubst? Unglaublich, eine neue Ohrfeige in das Gesicht der Aktiven.»

Der Niedergang des DMSB lässt sich mit nackten Zahlen trefflich nachvollziehen. 1978 gab es in Deutschland über alle Motorradsportarten hinweg ca. 8000 Lizenznehmer, berichtet ein Insider. Und heute wird die Anzahl der DMSB-Lizenznehmer von Experten gerade noch auf trostlose 1500 geschätzt. Kein Wunder, wenn der DMSB dazu nur ungern Angaben macht. Und wenn dieser karge Überrest finanziell umso stärker geschröpft werden muss.

Es existieren mittlerweile sehr gut organisierte lizenzfreie Meisterschaften in Deutschland – siehe GCC Motocross oder Echt- Cup sowie Klassik- und Veteranen-Rennen mit jeweils mehr als 500 Teilnehmern pro Veranstaltung. Alle Events gelten als erstklassig organisiert mit Unfall- und Versicherungsschutz.

Der DMSB, der sich lange Zeit im Besitz eines Monopols für die Durchführung aller Veranstaltungen dieser Art mit Zeitnahme wähnte, schaut verwundert und ratlos durch die Finger.

Die Firma Bike Promotion organisiert mittlerweile europaweit ausgebuchte Renntrainings mit acht Rennen und mehr pro Veranstaltung; 25.000 Kunden stehen in der Kartei.

Der BMW 1000-Cup sowie die BWM-Testcenter in Spanien und so weiter bilden weitere Betätigungsfelder für Möchtegern-Rennfahrer oder Racing-for-Fun-Anhänger. Die Veranstaltungen werden als richtig gut und professionell beschrieben. «Organisatoren wie Bike Promotion könnten eigentlich gleich die Organisation der IDM komplett übernehmen», meinen Insider wie Arnulf Teuchert.

Und was tut der DMSB dagegen? Er serviert tüchtige und leidenschaftliche (und deshalb manchmal unbequeme) IDM-Funktionäre wie Rüdiger Merdes, Emil Braun und Kai Homes einfach ab – und ersetzt sie mitunter durch willfährige Ahnungslose.

Aber die erfolgreichen Racing-for-Fun-Privatunternehmer hüten sich vor dem ADAC und dem DMSB wie der Teufel vor dem Weihwassser. Eine Zusammenarbeit ist unvorstellbar.

Außerdem haben sich jetzt der Industrieverband Motorrad (IVM) und das Motorrad action Team auf die Ausrichtung der IDM geeinigt.

DMSB: Club der toten Dichter?

«Es ist höchste Zeit, einen eigenen unabhängigen Motorradsportverband zu gründen», spricht Enduro-Legende Arnulf Teuchert aus, was sich viele Betroffene denken. «Wenn nicht jetzt, wann dann? Schlimmer kann’s eigentlich nicht mehr werden, oder?»

SPEEDWEEK.com-Leser Guido Hermann schreibt: «Bei all den Geschichten, die ihr alleine in den letzten Wochen beim DMSB aufgedeckt habt, fragt man sich schon so langsam, ob es nicht mal an der Zeit wäre, dass sich da mal ein Staatsanwalt drum kümmern sollte! Da verschwinden Gelder, in was für Kanäle auch immer. Da wird gemauschelt, dass sich die Balken biegen und so weiter.»

Leser Mark Eick: «Wie wäre es, wenn sich ALLE Zweiradfahrer vom Minibike über Speedway bis Grand Prix zusammentun und gemeinsam aus diesem Club der toten Dichter austreten? Müsste doch machbar sein, oder?»

Weil in der IDM seit vielen Jahren bei der Auswahl der Rennkategorien in erster Linie auf die Industrie und nicht auf die Experten, Fahrer und Teams gehört wird und sich keine vielversprechenden Nachwuchsklassen im Programm befinden, ist der Nachschub an talentierten deutschen WM-Piloten längst versiegt.

Eine Moto3-IDM existiert nicht mehr, die Superstock-300-Klasse kommt höchstens durch lebensrettende Maßnahmen aus den Niederlanden zustande, der ADAC Junior-Cup wird mit 390-ccm-Viertaktern statt mit 125-ccm-Zweitaktern gefahren, seither kommt dort auch nicht mehr viel heraus. Und der Yamaha-Cup? Ist schon lange keine Fundgrube für später WM-Asse mehr.

Brauchbare Unterstützung der wahren Talente durch DMSB und ADAC? Fehlanzeige. Entweder werden die falschen Talente gefördert (wie Heidolf oder Fröhlich) oder es werden unbequeme erfolgreiche Rennfahrer (Bradl, Jörg Teuchert, Cortese usw.), die auch mal ihre Meinung sagen, einfach ignoriert und gemobbt, wenn die Fördertöpfe verteilt werden.

Die Liste der gescheiterten und teilweise mangelhaft unterstützten Talente ist lang. Jarno Müller, Klaus Nöhles, Christian Gemmel, Robin Lässer, Max Kappler (er fuhr mit einem Privatteam zwei Jahre Junioren-WM, 2017 kommt er zurück in die IDM STK 300), Kevin Wahr (aus der SSP WM 2017 zurück zur IDM), Markus Ober, Reinhard Stolz, Mike Baldinger,
Arne Tode (vom RTG in der Moto2 ruiniert), Max Neukirchner (auch bei MZ vorgeführt), Stefan Nebel (fuhr bei Eckl nur ein Jahr WM), Jesco Günther (SSP WM), Toni Finsterbusch (GP und dann STK EM), Luca Grünwald, Phillip Hafeneger, Toni Wirsing, Florian Alt, Luca Amato, Georg Fröhlich und Maik Minnerop.

Diese Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Die Aufzählung der in der WM und international gescheiterten deutschen Talente ist endlos.

Oft fehlte die gezielte Unterstützung, oft die Geduld, oft die professionelle Beratung und Betreuung. Seit vier Jahren hat kein neuer deutscher Fahrer in der Moto3-WM Fuß gefasst, Philipp Öttl war der letzte. Und wann kam der letzte Neue in die Moto2? Cortese fährt die fünfte Saison in dieser Kategorie, Schrötter die sechste. Aus Italien nimmt der Zustrom kein Ende, aus Spanien auch nicht. Selbst in Malaysia sieht es besser aus.

Und wenn's bei Markus Reiterberger so weiter läuft, wird er für 2018 eventuell auch wieder ein IDM-Rückkehr-Kandidat.

Deutsche GP-Teams wie Kiefer und Prüstel setzen seit Jahren keine deutschen GP-Piloten ein, sie sind einfach nicht WM-würdig. Nicht einmal ein deutsches Superbike-WM-Team existiert, Reiterberger quält sich mit seiner BMW in einem italienischen Team ab.

In Großbritannien wird die Motorrad-Meisterschaft längst unabhängig von der ACU veranstaltet. Sogar in der Schweiz wurde die Motorrad-Straßenmeisterschaft jahrelang vom Racing-for-Fun-Veranstalter Erwin Plüss am Leben erhalten.

«Mit großem Interesse verfolge ich die Ausführungen von SPEEDWEEK.com über den DMSB», erklärte Plüss. «Irgendwie kommt mir das bekannt vor. Ähnliche Gründe bewegten mich, meine Aufgabe in der Schweizer Meisterschaft aufzugeben. Das wird wohl die Masche der Verbände sein. Danke, dass ihr da dran seid. Ich habe die SM von 1997 bis 2005 in Eigenregie und unter meinem Risiko durchgeführt. Ich musste mich aber immer an die FMS Regeln halten. Die Technik wurde von seitens der FMS geregelt. Ihre Funktionäre haben immer und überall unqualifiziert dreingeredet. Immerhin: Die Rennleitung unterstand meiner Verantwortung.»

Ex-Rennfahrer Damien Raemy aus der Schweiz: «Schade, dass man die Zeit nicht zurückdrehen kann. Als ich das erste Mal in der IDM war und 20 bis 30 nicht qualifizierte Fahrer in der 125-ccm-Klasse nach Hause geschickt werden mussten... Come on boys! Die IDM war immer wie eine große Familie!»

Leser AYS: «Ich kann mich noch an die Zeiten erinnern, als wir jedes Jahr zur IDM auf dem Nürburgring gepilgert sind. Teuchert, Meklau und Bauer bei den Superbikes. In den kleinen Klassen sahen wir Stefan Bradl und so weiter. Auch an den jungen Kenan Sofuoglu kann ich mich erinnern. Es war alles bezahlbar, die Action war super – das ganze Wochenende über. Schade, was der DMSB seit Jahren mit Schwung an die Wand donnert.»

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