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Hock/Becker: Staatsanwaltschaft gewährt Akteneinsicht

Von Esther Babel
Enrico Becker und Kurt Hock (v.li)

Enrico Becker und Kurt Hock (v.li)

Knapp fünf Jahre ist der tragische Seitenwagen-Unfall vom Sachsenring-GP her, bei dem Beifahrer Enrico Becker sein Leben verlor und Pilot Kurt Hock seit dem ein Pflegefall ist. Die Freie Presse berichtet über die Akten.

Seit dem 12. Juli 2014 schlagen die Herzen bei den Angehörigen von Enrico Becker und Kurt Hock in einem anderen Takt, und mit ihnen die der rund um den Globus eingeschworenen Seitenwagen-Fan-Gemeinde. Der WM-Lauf auf dem Sachsenring, im Rahmen der MotoGP, sollte damals der Höhepunkt des Jahres werden. Doch ein tragischer Unfall kostete Enrico Becker das Leben. Kurt Hock wurde so schwer verletzt, dass aus ihm nie wieder der alte wurde. Auch ihr grosser Traum vom ersten gemeinsamen IDM-Titelgewinn fand auf dem Sachsenring sein jähes Ende.

Im Qualifying zum WM-Lauf verunfallten Hock/Becker schwer. In Kurve 12 knallten sie in die Leitplanke. Obwohl die Helfer sofort an der Unfallstelle waren, kam für Enrico Becker jede Hilfe zu spät. Der damals 31-jährige Beifahrer verstarb noch an der Unfallstelle. Die Staatsanwaltschaft Zwickau nahm die Untersuchungen auf.

Die Freie Presse Chemnitz berichtet nun in ihrer Ausgabe vom 16.5.2019, dass die Staatsanwaltschaft Einsicht in die Akten gewährt hat und Hock darin von jeglichem Fehlverhalten freispricht. «Die Fotos aus den Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft stammen aus den Streckensicherungskameras», schreibt die Freie Presse. «Die Qualität der Aufnahmen ist nicht besonders gut, aber sie dokumentieren mit dem Sachverständigengutachten zum einen den genauen Unfallhergang, zum anderen sprechen sie Fahrer Kurt Hock auch von jeglicher Schuld frei. Es ist 18.40 Uhr, als das Gespann die lange Bergabfahrt vor der Sachsenkurve in Angriff nimmt und die Geschwindigkeit immer mehr erhöht. Nirgendwo auf diesem Kurs sind die Rennmaschinen so schnell wie hier, Hock und Becker bringen es an dieser Stelle auf 230 Stundenkilometer. Hock merkt plötzlich, dass irgendetwas nicht stimmt, am sogenannten Anbremspunkt 100 Meter vor der Sachsenkurve funktionieren die Bremsen nicht. Er nimmt das Gas weg und schaltet nach unten - so kann er das Tempo beim Einbiegen in die Linkskurve wenigstens auf 160 drosseln. Aber das ist zu wenig. Auf 125 hätte es heruntergeschraubt werden müssen, um den Unfall zu verhindern. "Das haben die Berechnungen des Gutachters ergeben", so Staatsanwältin Ines Leonhardt.»

«Hock hat weder einen Fahrfehler begangen», so Freie Presse, «noch ist er für den technischen Defekt, der schließlich als Unfallursache erkannt wird, verantwortlich. Laut Staatsanwaltschaft fehlte ein "Bolzen zwischen dem Bremsgestänge und dem Bremszylinder mit der Folge, dass keine Bremskraft auf die Räder übertragen wurde". Vermutlich war der Bolzen gebrochen, er wurde in dem Kiesbett nie gefunden. Hock entlaste auch, so heißt es in der Akte, dass das "Fahrerteam mehrere Runden der Rennstrecke problemlos durchfuhr".»

Ein eingeschworenes Team

Elf Jahre waren Kurt Hock, damals 53, und Enrico Becker gemeinsam unterwegs. Für Hock, der bereits seit 35 Jahren im Motorsport aktiv war, war Becker erst der zweite Beifahrer seiner Karriere. Die beiden verstanden sich nach den langen Jahren der Zusammenarbeit blind. Hock, bereits sechs Mal deutscher Vizemeister, wollte mit Becker endlich ganz oben ankommen. Gemeinsam wollten sie sich endlich den lang ersehnten IDM-Titel holen.

Sie waren auf dem besten Weg und reisten nach der ersten Saisonhälfte als Führende der IDM Sidecar zu ihrem WM-Ausflug an den Sachsenring. Titelambitionen hatten die beiden in der WM nicht. «Das mit der WM gönnen wir uns einfach», hatte Kurt Hock wenigen Wochen vorher in einem Interview im Rahmen der IDM erklärt. «Klar können wir mit unserem Budget nicht gegen die grossen Teams anstinken.»

Enrico Becker wurde am 24. August 1982 in Wernigerode geboren und war seit seinem 21. Lebensjahr mit Hock unterwegs. Durch seine Leidenschaft zum Seitenwagen-Rennsport hatte sich Beckers Studium in die Länge zu gezogen. Denn statt die Schulbank zu drücken, entschieden sich Hock/Becker jedes Jahr aufs Neue, noch eine weitere Saison dran zu hängen.

Becker, der stets mit einem Lächeln auf den Lippen unterwegs war, wurde von Hock auch gerne mal mit dem Spitznamen Ewiger Student bedacht. Doch Becker kam mit dem manchmal recht herben Charme von Hock immer bestens klar und hatte stets die passende Antwort parat. Für Enrico Becker sind seine Träume nicht mehr in Erfüllung gegangen. Er verlor am 12. Juli 2014 sein Leben bei dem vom ihm innig geliebten Seitenwagen-Sport.

Kurt Hock feierte ein gelungenes Rennen gerne mit einer Zigarette und einem kühlen Bier. Wer ihn kannte, der weiss, dass er auf der Strecke als einer der härtesten Kämpfer galt. Doch nach dem Sachsenring wurde er nie wieder der, der er war.

Begleitet wird er heute wie damals von seiner Frau Brigitte Hock. «Ihr Mann ist 58 Jahre alt und lebt in einem Pflegezentrum im Taunus für ganz schwere Fälle», beschreibt die Freie Presse Hocks Zustand. «Rehabilitationsstufe F, das ist die höchste, die es gibt. In diesem Pflegezentrum leben Menschen, deren Körper schwerste neurologische Schädigungen davongetragen haben und bei denen keine Besserung mehr in Sicht ist.»

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