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Sonnige Ostern – und das Motorrad soll stehen bleiben

Von Rolf Lüthi
Die Schweizer Behörden appelieren, Motorradausflüge zu unterlassen, um wegen zu erwartender Unfälle das Gesundheitssystem nicht zu belasten

Die Schweizer Behörden appelieren, Motorradausflüge zu unterlassen, um wegen zu erwartender Unfälle das Gesundheitssystem nicht zu belasten

Die Schweizer Behörden raten von Motorradfahrten ab. Die angekündigten Sonnentage an Ostern verlocken dazu, mit dem Motorrad durch die Frühlingslandschaft zu düsen.

Das vergangene Wochenende vom 4./5. April wurde von Schweizer Behörden als grosser Test fürs Osterwochenende bezeichnet. Würde sich die Bevölkerung an die Empfehlung halten, trotz schönem Wetter zu Hause zu bleiben? Angedeutet wurde, dass ansonsten am Osterwochenende eine Ausgangsperre verhängt werden müsse.

Am Freitagmorgen vor dem Testwochenende ermahnte Stefan Blättler, der Präsident der Konferenz der kantonalen Polizeikommandanten, im staatlichen Radio SRF explizit die Motorradfahrer: «Vermeiden Sie halsbrecherische Fahrten mit dem Motorrad, Sie belasten im Falle eines Unfalls das Spitalwesen.» Dann fiel der SRF-Redaktion wohl auf, dass damit eine einzelne Gruppe vorauseilend an den Pranger gestellt wurde, und sendete Blättlers Statement nicht mehr.

Nur um bei den Tatsachen zu bleiben: Weil vorsorglich alle nicht dringenden Eingriffe verschoben wurden, um Kapazität zu schaffen, falls die Zahl an Corona-Erkrankten stark ansteigt, haben derzeit mehrere Spitäler Kurzarbeit. Das Schweizer Bundesamt für Statistik hat errechnet, dass seit 2006 jedes sechste Spitalbett abgebaut wurde. Von 2000 bis 2018 reduzierte sich die Anzahl allgemeiner Krankenhäuser (ohne Spezialkliniken, psychiatrische Kliniken und Reha-Kliniken) in der Schweiz von 184 auf 102.

Zurück zur Gegenwart: Im Verlaufe des so genannten Testwochenendes waren auf Facebook erzürnte Kommentare von Motorradfahrern zu lesen, die auf die sonnige Sonntagsausfahrt verzichtet hatten und sich nun darüber aufregten, dass andere genussvoll durch die Kurven schwangen.

Am Montag danach vermeldeten die Medien die behördliche Stellungnahme, dass sich die Bevölkerung zum überwiegenden Teil an die Empfehlungen gehalten hätte und zu Hause geblieben sei.

Diesem Eindruck kann sich einer, der unweit des ganzjährig geöffneten Passübergangs Hulftegg (954 m, führt vom Kanton Zürich in den Kanton St. Gallen) wohnt, nicht anschliessen. Samstags und Sonntags reger Verkehr, nicht nur Motorräder, auch Autos, und zwischendrin zahlreiche Fahrradfahrer. Auf den Fusswegen in der Umgebung Wanderer in grosser Zahl.

Die Kantonspolizei Graubünden sperrte am Sonntag den Flüelapass, weil am Samstag zahlreiche Ausflügler angereist waren, um von dort eine Skitour zu unternehmen. Die Luzerner Seepromenade wurde gesperrt, auf der Autobahnraststätte Würenlos wurde eine Ansammlung von 300 Personen polizeilich aufgelöst. Diese Meldungen machten die Runde in den Medien. Doch auch lokal wurden Zufahrten gesperrt, so etwa bei Steg im Tösstal die Zufahrt zum Parkplatz Bärloch. Dieser ist Ausgangspunkt für das beliebte Wandergebiet um das Schnebelhorn.

Anhand dieser Beobachtungen kommen doch Zweifel auf am behördlicherseits vermeldeten Wohlverhalten der Schweizer. Wäre der Testbefund jedoch anders ausgefallen, wäre zur behördlichen Gesichtswahrung nur die österliche Ausgangsperre geblieben.

Die Urner Polizei hat inzwischen weitere Massnahmen ergriffen. Bereits seit dem Dienstag (7. April) wird der Verkehr zum Gotthard selektioniert. Autos und Motorräder mit italienischen oder Tessiner Kennzeichen dürfen passieren, alle anderen werden auf einen Parkplatz geleitet. Dort wird den Fahrern ins Gewissen geredet, den Besuch im Tessin zu unterlassen. Mindestens bis Ostermontag soll das so bleiben. Eine Strassensperrung oder ein Verbot gibt es aber nicht, dazu fehlen in der Schweiz die gesetzlichen Grundlagen.

Wer über Ostern nicht zu Hause bleibt, kann derzeit nicht gebüsst werden. Spaziergänge, Wanderungen, Fahrten mit Fahrrad, Auto oder Motorrad – davon raten die Behörden ab, aber verboten ist das rechtlich nicht. Gebüsst werden kann man jedoch bei Missachtung des Versammlungsverbots, wenn sich mehr als fünf Personen unter Missachtung des Mindestabstandes versammeln.

Bis am 6. April gab es in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein 22.242 laborbestätigte Corona-Fälle. Somit weist die Schweiz mit 259 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner eine der höchsten Anzahl Fälle pro Kopf in Europa auf. Bisher traten in der Schweiz 641 Todesfälle im Zusammenhang mit einer laborbestätigten Covid-19-Erkrankung auf.

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