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Luca Boscoscuro: «Aldeguer hat unglaubliches Talent»

Von Günther Wiesinger
Speed up-Teambesitzer Luca Boscoscuro gewann auf seinen Eigenbau-Moto2-Bike mit Fermin Aldeguer die letzten vier Rennen 2023. Wie hat er ihn entdeckt? Was zeichnet den WM-Dritten aus?

Die Vorherrschaft von Kalex engineering ist in den elf Jahren seit dem zweiten Moto2-Titelgewinn mit Pol Espargaró (2013 im Pons-Team) selten ernsthaft in Bedrängnis gekommen. Denn Kalex hat inzwischen elfmal in Serie die Fahrer- und die Konstrukteurs-WM gewonnen. Am ehesten bahnte sich eine Trendumkehr im Herbst 2017 an, als Miguel Oliveira auf der Red Bull-Ajo-KTM die letzten drei Grand Prix gewann und sein Teamkollege Brad Binder zweimal auf Platz 2 und einmal auf Rang 3 landete.

Doch 2023 triumphierte das Speed up-Team von Luca Boscoscuro auf dem Moto2-Eigenbau aus Italien bei den letzten vier Rennen, dazu in Silverstone. Und der erst 18-jährige Fermin Aldeguer rückte damit in der Fahrer-WM noch auf den dritten Gesamtrang vor. Außerdem konnte sich der Ausnahmekönner aus Spanien, der bereits mit 16 Jahren im Speed up-Team Moto2-Europameisterschaft dominierte, danach vor MotoGP-Angeboten nicht mehr retten.

Doch Luca «Boscos» Boscoscuro verriet bereits beim Katar-GP im Exklusiv-Interview mit SPEEDWEEK.com: «Ich werde 2024 mit denselben zwei Fahrern die Moto2-WM bestreiten wie in diesem Jahr.» Also mit Aldeguer und Alonso Lopez, der die WM als Gesamtsiebter abschloss und fünf Podestplatz eroberte.

Der erfolgreiche Talent Scout Luca Boscoscuro, 250-ccm-Europmeister 1995 und dann Gilera-Teammanager inklusive Titelgewinn 2008 mit Simoncelli, hatte nämlich einen wasserdichten Vertrag mit Aldeguer. Fantic Racing, Ajo, Yamaha VR46 Master Camp und andere Teams wollten ihn engagieren, blitzten aber ab, denn es wäre für einen Wechsel in der Moto2 eine saftige Ablöse von 400.000 Euro fällig gewesen. Für einen Umstieg in die MotoGP sogar ca. 1 Million.

Deshalb ließ Mooney VR46 die Finger von diesem Deal und sicherte sich für ein Jahr die Dienste von Fabio Di Giannantonio.

Aber Pramac-Ducati-Teambesitzer Paolo Campinoti bot Aldeguer beim Katar-GP einen Vorvertrag für 2025 an.

Wie und wo hat Boscoscuro das spanische Juwel Aldeguer entdeckt? «Ich habe den Vertrag mit Fermin 2020 abgeschlossen,  2021 hat er bei uns die Moto2-EM bestritten. Ich bin glücklich, dass er sich jetzt zum Siegfahrer gemausert hat. Er hätte in der WM schon 2022 gewinnen können, aber da fehlten ihm noch die Erfahrung und die Streckenkenntnis. Talent hatte er genug. Das Ausmaß seines Talents ist unglaublich. Ich habe ihn entdeckt, als er in der spanischen Meisterschaft eine Supersport-Yamaha R6 gefahren ist.»

«Dieser Junge wollte damals die Moto3-Klasse bestreiten, aber für diese 250-ccm-Kategorie war er zu groß und zu schwer. Fermin ist größer als 180 cm», schildert der erfolgreiche Teamchef, der 2018 schon mit Fabio Quartararo (Sieg in Barcelona) Aufsehen erregt udn ihn dann in die MotoGP-WM befördert hat. 

Boscoscuro: «Fermin war der Moto3 schon mit 14 Jahren entwachsen. Deshalb habe ich ihn 2021 in die Moto2-EM gesteckt, er hat auf Anhieb neun von elf Rennen gewonnen. Die andern zwei hat mein Fahrer Alonso Lopez für sich entschieden.»

Boscoscuro macht auch kein Geheimnis aus der Tatsache, dass er sein Rennfahrzeug für das beste in der Moto2 hält. «Fahrer, die bei mir weggehen, verschlechtern danach ihre Ergebnisse. Canet hat 2021 bei mir fünf Podestplätze erreicht, aber wollte unbedingt eine Kalex. Doch damit hat er in zwei Jahren auch kein Rennen gewonnen», gibt der Speed up-Teamchef zu bedenken.

Kalex hatte in den letzten zwei Jahren 26 Motorräder im Moto2-WM-Feld, Boscoscuro nur zwei. Erst 2024 kommt mit dem MTHelmets-MSi-Team wieder ein Kundenteam dazu: Fahrer: Ai Ogura und Sergio Garcia.

Die Kalex-Truppe wundert sich, wie Boscoscuro bei so einem Geschäftsmodell ein ausreichendes Entwicklungsbudget stemmen kann. Aber er winkt ab. «Das Budget ist nicht ausschlaggebend. Die Fahrerqualität macht den Unterschied aus. Wenn der Fahrer nicht schnell ist oder von der Technik keinen Schimmer hat, hast du keine Chance. Es kommt auf die Qualität des Fahrers an, nicht auf die Quantität der Motorräder. Was nützen mir 26 Fahrer, wenn sie nicht gewinnen? Es ist nicht einfach, die besten Fahrer zu bekommen. Aber mit durchschnittlichen Piloten hat alles keinen Sinn.»

Boscoscuro lacht, wenn er an Alonso Lopez denkt, der nach 2019 von Max Biaggi trotz eines gültigen Vertrags aus dem Moto3-Team entlassen wurde, weil ihm der Italiener eine mysteriöse Krankheit nachsagte. «Dann kam Alonso zu mir – und hat in der Moto2-EM auf Anhieb zwei Rennen gewonnen», belustigt sich «Boscos».

«Das Problem von Alonso ist sein Gewicht, er ist 81,6 kg schwer; das ist zu viel für die Moto2. Und wenn er abnimmt, verliert er Kraft und Energie, dann stimmt es auch im Kopf nicht mehr zu 100 Prozent», meint Luca Boscoscuro im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Normal sollte ein Fahrer bei 180 cm ca. 67 bis 70 kg wiegen. Sonst steht er gegen die Fahrer, die samt Ausrüstung 65 kg wiegen, auf verlorenem Posten.»

Resultate Moto2-WM Valencia, 26.11.2023

1. Aldeguer, Boscoscuro, 22 Rdn in 34:33,384 min
2. Canet, Kalex, + 3,986
3. López, Boscoscuro, + 6,455
4. Ramirez, Kalex, + 6,476
5. Chantra, Kalex, + 7,060
6. Dixon, Kalex, + 7,864
7. Lowes, Kalex, + 8,924
8. Roberts, Kalex, + 11,842
9. Foggia, Kalex, + 12,096
10. Arenas, Kalex, + 12,549
11. Ogura, Kalex, + 13,527
12. Acosta, Kalex, + 14,044
13. Gonzalez, Kalex, + 15,570
14. Baltus, Kalex, + 15,861
15. Alcoba, Kalex, 18,539

Moto2-WM-Endstand:

1. Acosta, 332,5 Punkte (Weltmeister). 2. Arbolino 249,5. 3. Aldeguer 212. 4. Dixon 204. 5. Canet 195. 6. Chantra 173,5. 7. Lopez 150. 8. Gonzalez 145,5. 9. Ogura 137,5. 10. Vietti 116. 11. Salac 110. 12. Lowes 104. 13. Roberts 93,5. 14. Arenas 85. 15. Garcia 84. 16. Ramirez 65. 17. Baltus 55. 18. J. Alcoba 48,5. 19. Foggia 35. 20. D. Binder 34. 21. Bendsneyder 30. 22. Guevara 20. 23. Van den Goorbergh 17. 24. Tulovic 12. 25. Pasini 11. 26. Hada 4,5. 27. Escrig 3. 28. Skinner 2. 29. Kelly 1.

Konstrukteurs-WM:

1. Kalex, 462,5 Punkte (Weltmeister). 2. Boscoscuro 286. 3. Forward 4.

Team-WM:

1. Red Bull KTM Ajo 417,5 Punkte (Weltmeister). 2. Beta Tools SpeedUp 362. 3. Elf Marc VDS Racing 353,5. 4. Idemitsu Honda Team Asia 311. 5. Pons Wegow Los40 279. 6. Inde GASGAS Aspar 224. 7. QJMOTOR Gresini Moto2, 158,5. 8. Correos Prepago Yamaha VR46 Master Camp 145,5. 9. Italtrans Racing 128,5. 10. Fantic Racing 116. 11. Fieten Oli Racing GP 72. 12. Onlyfans American Racing Team 67. 13. Liqui Moly Husqvarna Intact GP Team 46. 14. Pertamina Mandalika SAG Team 34,5. 15. Forward Team 4.

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