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Gigi Dall'Igna ist zornig wegen des Winglets-Verbots

Von Günther Wiesinger
Ducati-Renndirektor Gigi Dall'Igna hält das Winglets-Verbot in der MotoGP für 2017 immer noch für völlig ungerechtfertigt. Und er hat gute Gründe dafür. Doch gegen die Japaner konnte er sich nicht durchsetzen.

Es gab wegen der Flügel viele Streitgespräche zwischen Ducati und Honda. Der Italiener Ggi Dall'Igna ärgert sich über die Abschaffung der Winglets «aus Sicherheitsgründen», er hält mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg.

Die Gefährlichkeit und Sinnhaftigkeit der «Winglets» in der MotoGP-Weltmeisterschaft war seit den Wintertests im Februar 2016 ein heiss diskutiertes Thema, Und wenn man sich jetzt bei den Werken umhört, so drängt sich der Verdacht auf: Vor dem Verbot der Flügel wurde bei den Sitzungen der Hersteller-Vereinigung MSMA in den letzten Monaten heftig über den Sinn dieser aerodynamischen Hilfsmittel diskutiert.

Ducati-Rennchef Gigi Dall'Igna hält das Verbot für einen hinterlistigen und böswilligen Racheakt der Konkurrenz, die Ducati die zwei Saisonsiege von 2016 (Iannone in Spielberg, Dovizioso in Sepang) missgönnt.

Bei einer Umfrage bei Honda, Yamaha, Suzuki und Ducati stellt sich rasch heraus: Nur Ducati wollte die Winglets unbedingt beibehalten.

Gigi Dall'Igna, General Manager bei Ducati Corse, platzt heute noch der Kragen, wenn er an das 2017 gültige Winglets-Verbot zu sprechen kommt.

«Wir sind gegenüber neuen Technologien immer aufgeschlossen», sagt Shuhei Nakamoto, Vizepräsident der Honda Racing Corporation (HRC). «Aber gleichzeitig haben wir gesehen, dass die Flügel mit hohen Entwicklungskosten verbunden sind. Ich habe bei Honda auch Formel-1-Erfahrung gesammelt. Damals haben wir jeden Tag 24 Stunden lang Windkanalversuche gemacht; dadurch wurde das Budget stark strapaziert. Wir wissen nicht, ob die Flügel eine Gefahr darstellen. Was uns am meisten daran stört, sind die Entwicklungskosten. Bisher haben wir bei Honda mit den Winglets in punkto Grösse keine ideale Lösung gefunden. Ich muss Gigi von Ducati um Rat fragen...»

Was sagt Kouichi Tsuji, MotoGP-Projektleiter bei Yamaha Factory Racing, zu den Winglets, die Rossi als «hässlich» bezeichnet und die von Dani Pedrosa verabscheut wurden?

Tsuji: «Ich finde es richtig, dass man sich diesem Thema auch vom Standpunkt der Sicherheit genähert hat. Bei den MSMA-Meetings haben wir sehr ausgiebig darüber diskutiert. Wichtig sind zwei Dinge: Erstens müssen wir in der MSMA zu einstimmigen Lösungen kommen. Zweitens ist für Yamaha wichtig, ob diese Flügel einen gegnerischen Fahrer gefährden können. Da wir keine einstimmige Lösung gefunden haben, wurden die Flügel von der Grand Prix Commission für 2017 verboten. Wir müssen also nächstes Jahr darauf verzichten. Trotzdem wollen wir genau so konkurrenzfähig sein wie 2016.»

«Ducati ist natürlich von diesem neuen Reglement und vom Winglets-Verbot sehr enttäuscht», betont Gigi Dall'Igna, General Manager bei Ducati Corse. «Wir haben die Flügel zum Saisonbeginn 2015 erstmals verwendet, das ist jetzt fast zwei Jahre Jahre her. Wir haben seither sehr viele Stürze erlebt. Ich kann mich aber an keinen einzigen Zwischenfall erinnern, bei dem ein Fahrer oder sonst jemand wegen eines Flügels zu Schaden gekommen wäre. Denn sie brechen bei Zusammenstössen blitzartig ab. Das hat sich auch beim WM-Finale 2016 in Valencia gezeigt, als Iannone mit einem Gegner im Training kollidiert ist. Der Flügel ist sofort abgebrochen. Es gibt nicht den geringsten Hinweis darauf, dass diese Winglets für die Fahrer gefährlich werden können. Diese nicht existierende Gefahr ist als Ausrede verwendet worden, um die Winglets nach der Saison 2016 zu verbannen. Ich drehe den Spieß jetzt um und behaupte: Das Winglets-Verbot ist gefährlich für den GP-Sport. Die Mitbewerber haben das Verbot nur durchgesetzt, um die Schlagkraft des Gegners Ducati zu schwächen. Das finden wir enttäuschend. Was den Kostenfaktor betrifft: In der MSMA versuchen wir, vernünftige Kompromisse bei den Kosten und bei der Sicherheit zu erzielen. Aber wenn bei der Konkurrenz ein Zentimeter große Flügel als vernünftig betrachtet werden, dann ist es besser, wenn wir ganz die Finger davon lassen und ohne Flügel fahren. 2017 werden wir also ohne Winglets antreten. Das bedeutet, wir müssen eine neue Aerodynamik entwickeln. Dadurch steigen die Kosten für uns. Aber vielleicht auch für die anderen Hersteller... Das ist ein Rückschlag, den wir akzeptieren müssen. Aber ehrlich gesagt: Ich verstehe nicht, warum die Winglets für das nächste Jahr verboten worden sind.»

«Wir haben mit den Winglets in der Saison 2016 einige Fortschritte erzielt», räumt Ken Kawauchi, Technical Manager des Suzuki Ecstar-Teams, ein. «Aber da in der MSMA die Werke keine einstimmige Lösung gefunden habee, respektieren wir das Flügelverbot für 2017.»

Gigi Dall'Igna: «Meiner Meinung nach müssten sich alle Motorradhersteller stärker um die Aerodynamik kümmern als in der Vergangenheit. Denn die Aerodynamik spielt eine sehr wichtige Rolle. Vielleicht ist sie bei den Bikes nicht so wichtig wie bei den Autos, aber die Motorradindustrie hat auf diesem Sektor enormen Nachholbedarf. Es besteht momentan kein Know-how in Zusammengang mit der Aerodynamik, zumindest nicht auf dem höchsten Level. Das Verbot der Winglets ist das falsche Signal, es stellt ein Problem für die Motorradindustrie dar. Denn wir entwickeln jetzt in den Rennabteilungen nicht mehr die Aerodynamik der Zukunft. Deshalb wird sich das Wissen in Bezug auf die Aerodynamik bei den Serienmaschinen nicht im gewünschten Ausmaß entfalten.»

«Ich weiß nicht viel Bescheid über die Production-Motorräder», entgegnete Nakamoto. «Deshalb kann ich diese Frage nicht im Detail beantworten. Ich weiß nur, dass die Aerodynamik-Entwicklungen aus der Formel 1 bei Honda den Straßenautos nie zugute kamen. Es gab zwar Flügel bei den Supercars, aber diese hatten mit der Formel 1 nichts zu tun. Es könnte mir also vorstellen, dass es bei den Motorrädern ähnlich sein würde.»

«Ich halte diese Diskussion für gegenstandslos. Denn unsere MotoGP-Winglets können in keiner Weise mit der Formel-1-Aerodynamik verglichen werden. Unsere Winglets könnte man jederzeit bei käuflichen Sportmotorrädern anbringen. Wie gesagt: Für die Motorradindustrie ist das technische Wissen ausschlaggebend. Wenn man dieses Wissen im Rennsport nicht entwickeln kann, dann entsteht ein großes Problem für die Hersteller. Das ist das Hauptproblem», ärgert sich Gigi Dall'Igna.

Da jetzt von den Teams und Werken diskutiert wird, ob man zumindest bei «flag-to-flag»-Rennen in der MotoGP den Funkverkehr zwischen Fahrern und Box erlauben sollte, wettert Gigi Dall'Igna aus diesem Anlass gleich noch einmal heftig über das Winglets-Verbot. «Ja, bei flag-to-flag-Races könnte man den Funk vielleicht brauchen», sagt er. «Aber ich würde es für sinnvoller halten, dieses Geld in die Entwcklung neuer Motorrad-Technologien zu investieren, zum Beispiel in die Entwicklung der Flügel...»

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