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Pit Beirer (KTM): «Wahnsinnsleistung abgeliefert»

Von Günther Wiesinger
«Wir können aus diesem Paket noch viel herausholen», sagt KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer zur Situation in der MotoGP-WM.

Den ersten heiklen Grand Prix auf einer Strecke, auf der vorher nie getestet wurde, hat das Red Bull KTM-Werksteam schon hinter sich gebracht – auf dem Autódromo Termas de Río Hondo.

Auch auf den Pisten in Austin, Le Mans, Barcelona, Assen, Sachsenring und Motegi hat die KTM RC16 noch nie ein Rad gedreht.

Aber immerhin. In Le Mans findet jetzt am 2. Mai (Dienstag) wegen des neuen Fahrbahnbelags ein MotoGP-Test statt, an dem zumindest die Werksteams teilnehmen wollen.

In Argentinien schafften Pol Espargaró und Bradley Smith die Ränge 14 und 15. Ihre Bikes zeigten sich zuverlässig, so konnten die Stürze von Assen wie Lorenzo, Márquez, Pedrosa, Aleix Espargaró, Dovizioso und Rins sowie der Frühstart samt Strafe von Iannone geschickt ausgenützt werden.

Pit Beirer, Motorsport Director von KTM, hat diese drei Punkte mit Freude zur Kenntnis genommen. Er weiß aber, dass in der MotoGP-WM bei KTM noch viel Arbeit zu erledigen ist.

Beirer hat am Osterwochenende in Arco/Italien beim Cross-GP auch im KTM-Kerngeschäft großartige Erfolge verzeichnet: Pauls Jonass übernahm die Führung in der MX2-WM, Antonio Cairoli feierte in der MXGP-Klasse den Tagessieg, er ist jetzt WM-Zweiter hinter Tim Gajser (Honda). Und in der Supercross-Weltmeisterschaft liegt KTM-Held Ryan Dungey mit 294 Punkte ex-aequo mit Eli Tomac auf Platz 1, KTM-Pilot Marvin Musquin ist WM-Dritter.

«Wir wissen, wo wir herkommen, nämlich aus der Offroad-Szene, deshalb wird trotz Moto2- und MotoGP-Einstieg im Offroadsport kein Cent eingespart», sagt Beirer.

Und die Dakar-Rallye hat der österreichische Motorradhersteller mit den 271 Weltmeistertiteln 2017 bereits gewonnen. Zum 16. Mal hintereinander.

Pit, in Südamerika kamen die ersten drei MotoGP-Punkte auf das KTM-Konto. Damit ist ein erstes Ziel erreicht worden. Früher als erwartet? War das eine Erleichterung?
 
 
 
 

Ja, auf jeden Fall. Diese drei Punkte sind jetzt historisch gesehen sehr schön. Sie bringen uns aber jetzt nicht sehr viel, denn wichtig ist, dass wir uns verbessern und stärker werden.
Es stimmt, wir haben in Argentinien nie angespannt. Das Team war vor dem Grand Prix angespannt. Keiner konnte abschätzen, was wir dort erleben.
Ich war relativ zuversichtlich, dass wir gut abschneiden, denn das Team weiß mittlerweile, was zu tun ist und kann ein Motorrad jetzt schon einigermaßen schnell auf eine neue Strecke abstimmen.
Aber wir haben uns sogar in der kurzen Zeit nach dem Katar-GP schon näher an das Mittefeld herangeschoben. Das ist ein Fakt, der wichtig ist und enorm Spaß macht. Man sieht, es geht in kleinen Schritten voran.
Die Punkte nehmen wir mit, darüber freuen wir uns, das war ein tolles Ereignis. Deshalb sind wir uns allen in den Armen gelegen, die einen daheim in der Firma, und das Team vor Ort in Termas im Fahrerlager natürlich auch.

Die RC16-Motorräder sind standfest. Der ganze Auftritt verdient Respekt, obwohl das Team neu zusammengewürfelt wurde. Aber die Fahrbarkeit des Motors lässt zu wünschen übrig. Da ließe sich noch einige Zeit rausholen, meinen die Fahrer.

Ja, jetzt müssen wir zuerst einmal genießen, was wir erreicht und gefunden haben und nicht jeden Tag jammern, was noch alles fehlt.
Wir treten jetzt in der höchsten Liga des Motorradrennsports an und bewegen uns da 1,5 Sekunden von der absoluten Spitze weg. Da muss ich einfach sagen, die Mannschaft zuhause und das Team an der Strecke haben eine Wahnsinnsleistung abgeliefert.
Es macht jetzt keinen Sinn, jede Woche über einen zu starken Motor zu jammern, denn wir werden diesen Motor noch eine Weile haben. Wir müssen also schauen, dass wir aus dem Paket, das wir jetzt haben, das Beste rausholen. Dann wird sich das Motorrad Schritt für Schritt verändern. Ich bin auch überzeugt, dass es sich dadurch verbessern wird.
Aber ganz so einfach ist es nicht, wenn man sagt, der Motor sei zu aggressiv, deshalb sei die Maschine schwer zu fahren. Denn komischerweise ist Pol Espargaró im nassen Training die ganze Zeit auf den Plätzen 4, 8 und 11 gefahren. Wenn nur der aggressive Motor schuld am Rückstand wäre, müsste das Motorrad ja im Regen unfahrbar sein. Das Motorrad hat mit Sicherheit auch ein paar ganz gute Eigenschaften.
Wir dürfen es uns nicht so einfach machen und sagen: Wir machen den Motor zahmer, dann sind wir vorne dabei.
Wir können aus dem jetzigen Paket noch viel rausholen.
Unsere Elektroniker haben in der Zeit vor dem Katar-GP bis jetzt schon extrem gute Arbeit geleistet. Das Motorrad hat sich dadurch sicher über die Elektronik verbessert.
Weil wir von Woche zu Woche besser verstehen, wie viel Unterstützung der Fahrer durch die Elektronik möchte und wo der Fahrer selber das Heft in der Hand halten möchte.

Pol Espargaró hat am Freitag in Argentinien auch sehr deutlich über das starke Wackeln der KTM gejammert. Liegt das dann an einer Kombination der neuen WP Suspension mit dem giftigen Motor?

Wenn ich jetzt mal zusammenzähle, wie viele namhafte Werksfahrer im Rennen gestürzt sind, dann muss ich sagen – diese Motorräder haben am Sonntag auch ein bisschen gewackelt.
Das Eis, auf dem man sich in der MotoGP bewegt, ist dünn.
Wir haben einen Rückstand von ziemlich genau 1,5 Sekunden.
Das ist die Summe von Chassis, Fahrwerk, Federbein, Gabel, Elektronik. Wir werden auf jedem Segment ein paar Zehntel liegenlassen.
Wir werden da jetzt nicht mit dem Finger zeigen und behaupten, es liegt mehr am Motor als am Fahrwerk oder an der Elektronik oder umgekehrt.
Wir werden sicherlich am ganzen Motorrad noch etwas zu verbessern haben.

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