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Marc Márquez: Der beste Rennfahrer aller Zeiten?

Von Oliver Feldtweg
Marc Márquez: Sechster WM-Titel in Valencia 2017

Marc Márquez: Sechster WM-Titel in Valencia 2017

Repsol-Honda-Star Marc Márquez übertrifft einen Rekord nach dem andern. Mit 25 Jahren hat er schon sechs WM-Titel, total 61 GP-Siege und 102 Podestplätze errungen.

Nur wenige Athleten, die erst kürzlich ihren 25. Geburtstag gefeiert haben, können auf so eine außergewöhnliche Karriere zurückblicken wie Marc Márquez, der amtierende MotoGP-Weltmeister.

Es gibt nur fünf Fahrer in der Geschichte, die mehr Titel gewonnen haben als er – bis jetzt. Der dritte Platz in Valencia im letzten November hat dem meist lachenden Spanier seinen sechsten Weltmeistertitel eingebracht – seinen vierten in der Königsklasse. Eine noch nie dagewesene Heldentat für einen Fahrer seines Alters.

Während sich der Junge mit dem Babyface aus Cervera vom eigensinnigen, alles riskierenden gnadenlosen Draufgänger zum bedächtigen Bezwinger von allen vor ihm entwickelt hat, hat sich sein Talent, sich mit dem Motorrad der Schwerkraft zu entziehen, während zehn Jahren, in denen er oft gestürzt ist, beständig gehalten.

Genauso wie seine Fähigkeit, im GP-Sport eine Spur von gebrochenen Rekorden zu hinterlassen.

Seit seinen ersten Tagen im MotoGP-Sport hat Márquez den größten Namen der Geschichte ihre Rekorde abgenommen.

Beispielsweise Freddie Spencer als jüngstem MotoGP-Rennsieger aller Zeiten und auch den Titel als jüngsten Weltmeister; Mike Hailwood hat Márquez geschlagen, indem er der jüngste Fahrer wurde, der je zwei Titel in der Königsklasse geholt hat; und Mick Doohan, als er in der «premier class» die meisten Rennsiege innerhalb einer Saison eingefahren hat. All diese Titel schienen außer Reichweite für die heutige Weltelite.

Marc Márquez ist bereit, 2018 weiter Geschichte zu schreiben. Dank eines eingesessenen Teams, einem sehr stark verbesserten Motor und einer frühzeitigen Vertragsverlängerung, die ihn bis 2020 mit Repsol Honda arbeiten lässt, haben wir während der Vorsaison eine Leistung von Márquez sehen können, die einen fünften WM-Titel in der Königsklasse erahnen lässt. Dann hätte er gleichziehen mit Doohan, der ebenfalls eine Ausbeute von fünf Titeln zustande gebracht hat. Gleichzeitig würde der Spanier damit die Rekorde von Geoff Duke, John Surtees, Mike Hailwood und Eddie Lawson übertreffen, die es auf je vier Titel in der «premier class» brachten. Nur Giacomo Agostini (neun) und Valentino Rossi (sieben) haben noch mehr. Nicht schlecht für einen Mann in den Mittzwanzigern.

Lassen wir die WM-Titel mal beiseite. Auf die Zahlen, auf die er in fünf Jahren in der MotoGP zurückblicken kann, sind genauso beeindruckend. Márquez hat in der MotoGP 35 Mal gewonnen, das sind 38 Prozent aller Rennen, in denen er gestartet ist. Er ist allein in der MotoGP-Klasse 63 Mal auf dem Podium gestanden (das entspricht einer Ausbeute von 70 Prozent) und seine Anzahl an MotoGP-Pole-Positions beläuft sich auf unfassbare 45. Über alle drei Klassen hinweg sind es 73!

Kurz gesagt: Bei jedem zweiten seiner Rennen ist Márquez von ganz vorne gestartet. Das kann man mit Rossis Siegrate von 29 Prozent in der MotoGP vergleichen, wobei seine Podiumsrate starke 62 Prozent beträgt. Oder mit Márquez’ Landsleuten Jorge Lorenzo und Dani Pedrosa, die jeweils 25 Prozent beziehungsweise 15 Prozent ihrer Rennen in der Königsklasse gewonnen haben. Ihre Podiumsraten belaufen sich auf 63 Prozent bzw. 56 Prozent.

Da Márquez in einer Ära von enormer Leistungsdichte und geballtem Talent fährt, die es den Fahrern der späten 1980er und frühen 1990er-Jahre so richtig zeigt, sind seine Zahlen noch viel bedeutsamer.

Es ist verlockend, dem kleinen Spanier zu glauben, wenn er behauptet: «Ich will nicht über eine bestimmte Anzahl von Titeln nachdenken. Auch nicht über einen bestimmen Fahrernamen oder ein Limit.»

Um sein Talent einzuschätzen, muss man tiefer in die Materie eindringen, als nur seine Rekorde und Statistiken zu analysieren.

Marc hat das Talent, das Unmögliche möglich zu machen, wobei er das Unmögliche so aussehen lässt, als wäre es eine reguläre, alltägliche Sache. Sei es ein Sturz in einer Einführungsrunde bei einem titelentscheidenden Rennen und dann trotzdem den Sieg zu holen (Estoril 2010/125 ccm) oder 32 Fahrer in 20 Runden zu überholen, ohne in Schweiß auszubrechen. Das gelang ihm in Valencia 2012 in der Moto2, als er vom letzten Startplatz aus wegfahren musste – und trotzdem gewann.

In Austin 2015 erlitt das Motorrad der Nummer 93 einen Defekt, aber trotzdem fuhr Marc mit seinem Ersatz-Motorrad in den letzten zwei Minuten eine Runde, die ihm die Pole-Position sicherte.

2017 in Valencia rettete er einen Vorderrad-Slide bei 153 km/h während 50 Meter bei einem Winkel von 64 Grad. Das sind Taten von atemberaubender Brillanz und Momente schierer Unmöglichkeit, vollbracht mit einer immer lachenden Nonchalance, die an Rossi in seinen prunkvollsten Zeiten erinnert. Abgesehen von den Zahlen deuten diese Meisterleistungen auf die körperliche Einzigartigkeit und einmalige Fahrzeugbeherrschung hin, die Márquez von den meisten anderen Rennfahrern unterscheidet.

Keine Überraschung also, dass seine Gegner nicht viel mehr tun können, als sein Talent zu bewundern. Letztes Jahr hat es Honda-Kollege Cal Crutchlow auf den Punkt gebracht: «Er ist einfach ein Freak... Auf eine gute Art, natürlich. Früher hat jeder über Aliens gesprochen. Aber heute gibt es nur einen Alien und der Rest ist normal. Was Marc mit dem Motorrad aufführt, kann niemand auf der Welt nachmachen.»

Wenn der Repsol-Honda-Star 2018 fünf Siege erzielt, überholt er Lorenzo als fünfthäufigsten Sieger in der GP-Geschichte.

Nur Agostini, Rossi, Angel Nieto und Hailwood wären noch vor ihm.

Wenn man sich auf Marcs bisherige Errungenschaften bezieht, sollte man nicht dagegen wetten, dass Márquez alle genannten Stars einholt.

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