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Cal Crutchlow: «Vielleicht wäre ich abgesoffen»

Von Günther Wiesinger
Cal Crutchlow bedauerte die Absage des Heim-GP in England. «Aber die Mehrheit der Fahrer war gegen das Rennen. Das respektiere ich. Wäre ich gefahren? Wahrscheinlich, ja.»

LCR-Honda-Pilot Cal Crutchlow hätte den heimischen Fans gern eine gute Show geboten. «Im Trockenen hätte ich hier um den Sieg fighten können», war der Argentinien-GP-Sieger überzeugt.

Cal, viele Fans kamen zum Silverstone-GP, weil sie dich siegen sehen wollten.?

Ja, sicher.

Aber zuerst müssen wir darüber sprechen, warum wir heute kein Rennen absolviert haben.?

In der Safety Commission ist entscheiden worden, dass es nicht möglich ist, ein Rennen zu fahren, wenn der Regen nicht aufhört.?

Wenn es auf dieser langen Strecke regnet, kommst du von einer Kurve zur nächsten und weißt nicht, wie tief das Wasser steht. Das haben wir ja am Samstag im FP4 erlebt. Man weiß, was passiert ist – vier oder fünf Fahrer sind in einer Kurve gestürzt, die richtig nass war. ?Die Situation war so, dass wir um 16.30 Uhr starten hätten können. Da wäre ein Rennen eventuell möglich gewesen. Zu diesem Zeitpunkt haben wir uns aber gerade in der Safety Commission getroffen.

?Einige Fahrer sagten, sie wollten diesen Grand Prix nicht mehr fahren. Diese Entscheidung müssen wir respektieren.

?Wäre ich an den Start gegangen? Ja, wahrscheinlich. ?

Aber darum ging es nicht. Die Mehrheit der Fahrer meinte, sie würden nicht fahren. Damit müssen wir uns abfinden.?

Denn ich stimme zu, die Sicherheit war nicht gewährleistet. Es war zu gefährlich. Das konnte man schon vor der Besichtigungsrunde in der Boxengasse erkennen. ?Und wir konnten nicht abschätzen, ob es nach dem Start heftiger regnen würde. Die Piste hier ist mit 5,9 km extrem lang. Du weißt nie, wie stark es in der übernächsten Kurve oder nach einer halben Runde im hinteren Teil der Piste regnet.

?Am Samstag sind wir auf einem Dreiviertel der Piste im Trockenen gefahren, aber wir müssten Regenreifen nehmen, weil zwei Kurven noch komplett nass waren.

?Ich bin am Boden zerstört und enttäuscht, weil die Fans heute kein Rennen zu sehen bekamen. ?Alle Fahrer kamen hierher, um ein Rennen zu bestreiten. Wir sind ja nicht hier angekommen und haben uns eingebildet, ein freies Wochenende zu haben. Wir wollten eine Show für die Fans abziehen.?

Aber dann wurde in der Safety Commission beschlossen, dass wir nicht fahren.?

Ich weiß nicht, ob ich gewonnen hätte, ob ich besiegt worden wäre oder ob ich abgesoffen wäre. Ich wäre trotzdem gern mein Heimrennen gefahren. Im Trockenen war ich in toller Form – Platz 2 am, Freitag im FP2. Auch im Qualifying war ich bester Honda-Fahrer. Ich hätte das Rennen gewinnen können.

Aber die Sicherheit war hier ein Problem. Es gab ernste Bedenken. Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta unterstützt unsere Entscheidung, nicht zu fahren. Das schätzen wir sehr. Denn es ist kein Kinderspiel, einen Grand Prix zu annullieren. Es ist nicht so einfach, wenn man sagt: «Jetzt fahren wir heim.»

Es gab genug Fahrer, die sich einig waren, kein Rennen zu fahren.?Es hat niemand Druck auf uns Fahrer ausgeübt. Und wir haben keinen Druck auf die Funktionäre ausgeübt. ?Aber wir wussten, das Wetter wird nicht besser. Und am späten Abend hätten wir sowieso nicht mehr fahren können. Es wäre zu kalt geworden. Die Belagstemperatur lag unter 10 Grad. ?

Bist du enttäuscht, weil der Grand Prix nicht am Montag gefahren wurde??

Nein. Es wäre ein logistischer Albtraum gewesen, alles auf Montag zu verschieben.

Klar, am Montag war ein Feiertag. Und es wäre ein großer Teil der Zuschauer zurückgekommen. Aber es wäre nicht einfach gewesen.?

Du hast einen Zettel mit der Aufschrift «Let’s race tomorrow» in die Kameras gehalten.?

Taka Nakagami hat das für mich gemacht… Nein, das war eher ein Joke. Wir hofften lange, dass wir am Sonntag fahren können. Ein Montag-Rennen stand nie wirklich zur Debatte.?

Als wir auf den Grid gerollt sind, war ein Rennen unmöglich. Das ist unbestritten. Du kannst mit einem 300-PDS-Bike nicht bei stehendem Wasser Rennen fahren.

Vielleicht gab es später mal ein Fenster, wo ein Rennen möglich gewesen wäre. Aber es wurde am Nachmittag ewig lang versucht, das Wasser von der Piste zu befördern. Dann ist der Regen wieder stärker geworden. ?Es ist nie wirklich besser geworden.

Gibt es andere Pisten in England, die besser für einen Grand Prix geeignet wären?

Ich bin seit fast zehn Jahren auf keiner anderen Piste hier gefahren.?

Muss ein neuer Belag aufgebracht werden??

Ich bin weder ein Streckenbauer noch ein Asphalt-Lieferant. Ich kann die Frage nicht beantworten.?Ich weiß nicht, ob es nur am Belag liegt oder an den Fahrbahnerhöhungen. Es gibt andere Pisten mit viel stärkeren Erhöhungen. Es hat heute nicht so schlimm geregnet. Es hat lange geregnet, aber nicht so stark.

Du bist hier im Mai auf dem neuen Belag rumgefahren??

Ja, bei 25 Grad. Kurz vor dem WM-Lauf in Le Mans. Das schien alles perfekt zu sein. Wenn es trocken ist, kann ich nicht testen, ob im Regen Pfützen stehen bleiben. Es gab damals auch keine Bodenwellen. Franco Uncini war auch hier und hat nichts zu beanstanden gehabt.?

Als ich hier gefahren bin, war der Belag brandneu. Ich bin mit einer Serien-RCV-Honda rumgefahren mit Slicks, ich war also nicht langsam unterwegs. Es gab absolut keine Bodenwellen. Der Belag war in Ordnung. Inzwischen sind viele Bodenwellen entstanden, außerdem rinnt das Wasser nicht ab.?

Als du die Sighting-Lap gefahren bist: War die ganze Runde tief unter Wasser?

Ja. Das Hinterrad hat bereits in der Boxengasse beim Hochschalten dauernd durchgedreht. Es stand einfach zu viel Wasser auf der Fahrbahnoberfläche. Beim Bremsen habe ich vorne Aquaplaning gehabt. Hinten kannst du das halb managen, weil du den Gasgriff in der Hand hast. Aber bei der Vorderbremse wird es kritisch, wenn du vorne auf dem Wasser schwimmst.?

Wie gesagt: Mit 23 Bikes auf der Strecke, wenn du ein Rennen fahren willst, dann wird es problematisch. ?

Kann dieser Belag gerettet werden??

Man muss die Situation in Ruhe bewerten und schauen, was passiert, wenn es wieder stark regnet. Es gab hier seit Januar nie einen heftigen Regen. ?Ich weiß nicht, welche Pläne die Rennstreckenbetreiber haben.

Wir haben bis zum nächsten Grand Prix ein Jahr Zeit. Es können Tests gemacht werden. Es wird sicher genug Regentage geben. Irgendwie muss eine Lösung gefunden werden.?

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