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«Echt jetzt?»: Ehrliche Worte von Andrea Dovizioso

Von Nora Lantschner
Ein nachdenklicher Andrea Dovizioso

Ein nachdenklicher Andrea Dovizioso

Ducati-Star Andrea Dovizioso (34) steht noch immer ohne neuen Vertrag da und lässt nach dem Brünn-GP ungewohnt tief in sein Seelenleben blicken: «Es ist klar, dass alles sich ein bisschen auswirkt. Wir sind Menschen.»

Andrea Dovizioso wählt seine Worte stets mit Bedacht und klopft eigentlich keine großen Sprüche. So blockte er in den vergangenen Wochen auch jede Frage nach seiner – noch immer ungeklärten – sportlichen Zukunft gekonnt ab und widmete sich lieber der sachlichen Analyse des Trainings- und Renngeschehens.

Als er in Brünn nach seiner Gemütslage befragt wurde, ließ der 34-jährige Italiener aber doch durchblicken, dass die offensichtlichen Probleme auf der Strecke (Platz 18 im Qualifying, Platz 11 im Rennen) und die zähen Verhandlungen mit Ducati ihn doch nicht ganz unberührt lassen. «Die Moral ist nicht am Boden», versicherte «Dovi» zwar, gleichzeitig gestand er aber auch: «Ich erlebe neue, spezielle Situationen. Aber ich habe Erfahrung und habe gelernt – oder ich versuche es zumindest, dem Bedeutung zuzumessen, was für mich wichtig ist – und nicht allem, was passiert. Sonst wäre man immer zu sehr eingeschränkt. Denn keiner schafft es, alle zufrieden zu stellen – auf sportlicher und persönlicher Ebene. Ich habe nicht diese Absicht, alle auf einen Nenner zu bringen. Weil ich in meinem Leben verstanden habe, dass es nicht möglich ist. Ich versuch mich auf das zu konzentrieren, auf das ich mich konzentrieren muss, weil es besser für mich ist. Wenn du alle Details beachten würdest, die passieren, würdest du die Dinge nicht wirklich auf eine schöne Weise erleben – in allen Aspekten des Lebens, nicht nur in der MotoGP», ergänzte er schmunzelnd.

Der MotoGP-Vizeweltmeister der vergangenen drei Jahre bekannte dann auch: «Es ist klar, dass alles sich ein bisschen auswirkt. Wir sind Menschen. Aber wir müssen dem unsere Aufmerksamkeit schenken, was wir beeinflussen können, und weitermachen. Denn sich zu beklagen, was manchmal am nächsten liegen würde, weil man sich sagt: ‚Echt jetzt?‘, das führt nirgends hin.»

Die Verantwortlichen aus Borgo Panigale hatten bekanntlich beschlossen, die ersten fünf Grand Prix der verkürzten Corona-Saison abzuwarten, ehe der zweite Platz im Ducati-Werksteam (neben Jack Miller) für 2021 besetzt wird. Auf den Ducati-freundlichen Strecken in Brünn und Spielberg sollte Dovi um Siege kämpfen – und dadurch die Entscheidungsfindung beider Seiten vereinfachen, lautete der Plan.

In Brünn kam der 14-fache MotoGP-Sieger nun allerdings nicht über Platz 11 hinaus, nachdem er dort 2018 und 2019 jeweils in den Top-2 landete. Ist Spielberg schon die letzte Chance? «Vor Brünn hätten wir alle in den Arsch treten sollen und sind Elfter geworden», entgegnete Dovi ungewohnt direkt. «Jetzt Prognosen abzugeben, jetzt machen wir dies und das, scheint mir in diesem Moment ganz besonders fehl am Platz zu sein. Wir sind auf Platz 11 gelandet, wir sind nicht schnell. Worüber wollen wir also reden. Wir müssen verstehen. Zeigt mir die Person, die in diesem Moment versteht, was passiert. Ich habe sie noch nicht gefunden.»

«Wir versuchen ruhig zu bleiben, weil sich das am Ende immer bezahlt macht», fuhr der Italiener fort. «Wir müssen analysieren. Zum Glück waren Pecco in Jerez und Zarco in Brünn stark. Also versuchen wir etwas zu verstehen. Das Rennen in Brünn fand bei anderen Bedingungen statt und aus meiner Sicht können wir dadurch einiges bestätigen. Ich hoffe es, aber ich weiß es nicht, das sind alles nur Überlegungen. Ich kann leider nicht alle Antworten geben, weil ich sie noch nicht habe.»

Die wenigen Tage vor dem ersten Grand Prix in Österreich will der Vizeweltmeister und seine Ducati-Crew noch nutzen, um die richtigen Schlüsse zu ziehen: «Wir haben viele Dinge probiert, fast schon zu viele, aber wir verstehen nicht, was passiert. Und vor allem sind die Rückmeldungen nicht die, die wir erwarten würden. Wir haben Dinge ausprobiert, die in den vergangenen drei Jahren zu einem Ergebnis geführt haben – und wir haben großartige WM-Saisonen geschafft. All diese Dinge haben jetzt überhaupt nicht funktioniert. Wenn wir die Set-up-Varianten anschauen, die Zarco und Pecco in den zwei Rennen eingesetzt haben, sind sie so ziemlich das Gegenteil von unserer Erfahrung. Aber vielleicht ist es die richtige Richtung? Ich weiß es nicht. Vielleicht haben ich, Jack und Danilo mehr Mühe, weil wir Dinge ausprobieren, die sich auf die guten Ergebnisse aus den vergangenen drei Jahren beziehen? Ich weiß es nicht.»

«Das sind alles Überlegungen. Ich bin kein Typ, der Ausreden sucht. Aber wir verstehen es nicht, wir sind nicht schnell und wir nutzen die Bremsphase nicht zu unserem Vorteil – und wenn wir das nicht machen, können wir nicht schnell sein. Wir versuchen also, aus den drei Tagen in Brünn etwas herauszulesen. Hoffentlich verstehen wir etwas, denn in diesem Moment ist es sinnlos, über ein Ergebnis in Österreich zu reden», konnte sich der Spielberg-Sieger von 2017 und 2019 ein Schmunzeln und eine Spitze gegen Ducati nicht verkneifen.

WM-Stand nach 3 von 14 Rennen:

1. Quartararo, 59 Punkte. 2. Viñales 42. 3. Morbidelli 31. 4. Dovizioso 31. 5. Binder 28. 6. Zarco 28. 7. Rossi 27. 8. Nakagami 27. 9. Miller 20. 10. Rins 19. 11. Pol Espargaró 19. 12. Oliveira 18. 13. Alex Márquez 13. 14. Mir 11. 15. Petrucci 11. 16. Bagnaia 9. 17. Rabat 7. 18. Aleix Espargaró 6. 19. Crutchlow 6. 20. Smith 5.

Konstrukteurs-WM nach 3 von 14 Rennen:

1. Yamaha 70. 2. KTM 44. 3. Ducati 42. 4. Honda 27. 5. Suzuki 24. 6. Aprilia 11.

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