Formel 1: So geht es mit Sergio Perez weiter

Brünn: Einige Zaungäste schlugen sich zur Piste durch

Von Günther Wiesinger
Cal Crutchlow in Brünn: Die Fans standen teilweise nur einen Steinwurf entfernt

Cal Crutchlow in Brünn: Die Fans standen teilweise nur einen Steinwurf entfernt

Nicht jeder Hardcore-MotoGP-Fans nimmt das «closed doors»-Protokoll für bare Münze. Im Schutze des Waldes pirschten sich Dutzende Fans an den Masarykring heran.

Viele MotoGP-Fans bedauern die Geisterrennen ohne Zuschauer, besonders jetzt, denn Brünn und Spielberg galten in den letzten Jahren als Pflichttermine für viele deutschsprachigen Fans von Rossi, Márquez, Dovizioso und Co. Der Österreich-GP war seit seiner Rückkehr 2016 immer restlos ausverkauft; allein die KTM-Tribüne war mit 10.000 Fans bis zum Bersten gefüllt.

Doch die Coronakrise hat die Welt und damit auch den Motorsport verändert. Wegen der Versammlungsverbote und Distanzregeln werden bis auf weiteres bei den Motorrad-GP-Events keine Zuschauer zugelassen. Auf jeden Fall plant der Portimão-Veranstalter für 20. bis 22. November den Verkauf von 50.000 Tickets, rund 96.000 Tribünenlätze stehen dort an der Algarve bereit. Bekannt ist außerdem, dass sich Misano und Le Mans um eine gewisse Anzahl von Zuschauern bemühen. Bisher haben die Behörden noch keine Zusagen gemacht, denn in Frankreich kam es zuletzt täglich zu meist mehr als 1600 Neuinfektionen.

Deshalb bleibt es vorläufig dabei: Es haben nur 1600 Personen Zutritt zum GP-Fahrerlager. Sie leben wie in einer Blase und dürfen sich nur zwischen Paddock und Hotel bewegen, keine Bars und keine Restaurants aufsuchen und sich im Paddock nicht mit anderen Teams vermischen. Allen zuwiderhandelnden Personen droht der Ausschluss aus der WM, wie es in der Supersport-300-WM in Jerez schon vorexerziert wurde.

«Wir leben wie Gefangene», bemerkte ein Teambesitzer. «Es macht nicht besonders viel Spaß, man kann sich auch nicht unterhalten, weil alle Masken tragen und man nur ein Nuscheln hört», schilderte KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer. «Aber wir sind alle froh und dankbar, dass wieder Rennen gefahren werden. Das ist die Hauptsache.»

Diese strikten Maßnahmen galten natürlich auch für Brünn. Es musste ein 60 Seiten dickes «closed doors»-Protokoll befolgt werden. Jeder der 1600 Paddock-Insassen muss maximal fünf Tage vor der Anreise einen PCR-Test machen lassen und bei der Ankunft das negative Ergebnis vorweisen. Es werden dann regelmäßig weitere Tests gemacht, es müssen Masken getragen und es muss Abstand gehalten werden.

In der Früh dürfen die Teams nicht in riesigen Gruppen ins Fahrerlager einmarschieren, es gibt einen genauen Zeitplan für jede Klasse, es wird Fieber gemessen, es werden überall alle Gegenstände pausenlos desinfiziert, manchmal werden sogar absichtlich Türen offen gelassen, um die Klinken sauber zu halten. Die TV-Reporter müssen 2 Meter lange Mikrofon-Stangen verwenden. Die TV-Interviewer sind zum Tragen eines Klarsicht-Schutzschilds verpflichtet, und darunter muss noch eine Maske getragen werden. Denn es darf um Himmels Willen kein Fahrer in Gefahr gebracht werden. Auch schreibende Journalisten sind vorläufig nicht zugelassen – und nur zehn Fotografen pro Event.

Die GP-Berichterstatter setzen sich mit Hilfe von Zoom-Konferenzen mit den Piloten in Verbindung und nutzen andere moderne Kommunikationsmittel zur Recherche.

Aber das Automotodrom Brno liegt inmitten eines dichten Waldgebiets. Deshalb gelang es den Behörden in Tschechien nicht, alle ortkundigen und einfallsreichen Fans vom Renngeschehen fernzuhalten.

Im Gegensatz zum hermetisch abgeriegelten Jerez pirschten sich in Brünn immer wieder Zuschauer an die Absperrzäune heran, um die Stars zu beobachten, wie unser Bild von cal Crutchlow zeigt.
Auch beim Formel 1-GP in Spielberg schlugen sich immer wieder ein paar Hardcore-fans in der Gegend des oberhalb der Rennstrecke gelegenen Campingplatzes im Wald auf eine Lichtung durch. Dort sahen sie zwar nichts, aber immerhin konnten sie den Motorenlärm hören.

Man wird genügsam in Zeiten wie diesen.

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