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Rennleiter Andy Meklau: «Gibt kein Sicherheitsthema»

Von Günther Wiesinger
Spielberg-Rennleiter Andreas Meklau sieht die Schuld an der Beinahe-Katastrophe vom Sonntag bei Johann Zarco. Droht dem Franzosen jetzt eine Strafe?

Es ist gut möglich, dass sich die MotoGP-Fahrer heute zu einem Meeting treffen, um über die Sicherheit auf dem Red Bull Ring zu diskutieren. Auf jeden Fall werden heute Morbidelli und Zarco zum MotoGP Stewards Panel (Freddie Spencer, Ralph Bohnhorst und Phil Cumbow) vorgeladen, auch Pol Espargaró und Oliveira.

Aber die Streckenführung in den Kurven 2 und 3 wird sicher Anlass zu Diskussionen geben. Dazu muss man wissen, dass der alte Österreichring (er wurde 1969 eröffnet) rund 5,9 km lang war und dann beim Umbau für 1996 als A1-Ring auf 4,318 km verkürzt wurde. Damals wurde einfach ca. 500 Meter nach Start/Ziel vor dem Waldstück eine ziemlich schnurgerade und einfallslose Verbindung zur alten Schönberggeraden oben am höchsten Punkt der Strecke hergestellt. So entstanden zwei enge Spitzkehren und eine nicht besonders attraktive Streckenführung mit insgesamt nur neun Kurven.

Für den MotoGP-WM-Lauf 2016 wurde eigens der schnelle Knick vor Turn 3 als Turn 2 eingestuft, damit wenigstens insgesamt zehn Kurven zustande kommen. In der Formel 1 werden bis heute nur neun Kurven gezählt.

Bei der Neueröffnung als Red Bull Ring 2011 blieb die A1-Streckenführung erhalten. Sie gewährleistete bisher spannende Rennen, aber seit 2016 mussten auch einige Streckenabschnitte für die MotoGP entschärft und mehr Sturzraum geschaffen werden.

«Wir haben jetzt in den Kurven 7 und 8 wie vorgeschrieben größere Sturzräume geschaffen», sagt Rennleiter und Ex-Motorradrennfahrer Andreas Meklau (53). «Dadurch hat FIM Safety-Officer Franco Uncini die Piste vor einer Woche auch für die MotoGP-WM 2021 homologiert.»

«Ja, das Sicherheitsthema in Spielberg ist wieder aufgeflammt, aber es gibt kein Sicherheitsthema», betonte Rennleiter Andy Meklau heute im Interview mit SPEEDWEEK.com. «Es gibt nur ein Thema gewisser Rennfahrer, mit denen gibt es heute eine Anhörung. Am Nachmittag oder Abend wird danach ein Resultat herauskommen.»

Der Vollgas-Linksknick Turn 2 ist aber in der MotoGP mit mehr als 320 km/h eine neuralgische Stelle, besonders furchteinflößend ist sie für die MotoGP-Fahrer im Regen.

«Man muss sich klar sein, dass normal kein Profi-MotoGP-Rennfahrer diese Linie fahren wird, die Zarco am Sonntag gewählt hat», ist Meklau überzeugt, der 1993 auf dem Österreichring einen Superbike-WM-Lauf (auf Ducati) gewonnen hat. «Ich bin dort schon oft gefahren, auch schon mit einer MotoGP-KTM, als Marcel Hirscher damals hier unterwegs war. Es spielt keine Rolle, ob du dort mit 310 oder 320 km/h rauffährst, es gibt nur eine Linie, sie liegt ca. 1 Meter vom linken Fahrbahnrand entfernt. Die Linie, die Zarco gefahren ist, muss man als ‚hopp oder tropp’ bezeichnen. Kann funktionieren, muss nicht funktionieren. Aber es wird kein anderer MotoGP-Pilot diese Kurve mit 320 km/h soweit innen anfahren und die Kurve 3 trotzdem schaffen!»

Selbst Moto2-Weltmeister Alex Márquez stellte klar: «Zarco ist die Moto2-Linie gefahren.» Diese 140-PS-Bikes kommen aber im Turn 2 mit ca. 50 km/h weniger angedampft. «Genauso ist es», bestätigt Meklau.

Liqui-Moly-Intact-Teamanager Jürgen Lingg nach einem Blick auf seine Daten: «Unsere Jungs fahren dort genau 267 km/h.»

«Wir haben uns die Situation mit Freddie Spencer und den anderen Stewards lange und genau angeschaut, wir haben eine sorgfältige Video-Analyse gemacht. Alle vertreten die gleiche Meinung. Mit so einem Motorrad ist diese Linie in Turn 2 nicht möglich! Wenn es nicht zur Kollision gekommen und Zarco auf dieser Linie weitergefahren wäre, er hätte die Kurve 3 nie geschafft. Man kann in diese Kurve 2 nicht mit mehr als 300 km/h so spitz reinfahren. Denn du wirst dann in Kurve 3 Probleme kriegen. Entweder bist du im Kiesbett draußen oder du wirst die Kurve 3 nicht bewältigen.»

Alex Márquez stimmt zu: «Zarco hat mit der Ducati mehr Power als Franco mit der Yamaha. Er hätte warten und vor Turn 4 angreifen sollen.»

Was sagt Pol Espargaró nach dem bedrohlichen Unfall von Zarco und Morbidelli zur Sicherheit auf dem Red Bull Ring? «Wenn wir uns diesen Zwischenfall anschauen, muss man zuerst festhalten: Keiner ist allein gestürzt. Der Crash passierte nach einem Kontakt zwischen zwei Piloten», hält Pol Espargaró fest. «Aber ich stimme zu, an manchen Stellen stehen die Begrenzungen bei dieser Rennstrecke nahe an der Piste. Aber ohne Kollision zwischen zwei Fahrern reichen die Sturzräume aus. Ich will nicht darüber sprechen, warum diese Kollision passiert ist, denn wenn ich Kritik übe, wird sich das für mich nicht positiv auswirken. Morbidelli ist jedenfalls nicht allein gestürzt.»

Was Pol Espargaró offenbar meinte: Er will Johann Zarco nicht als Sündenbock hinstellen, denn der Franzose betrachtet ihn nach der gemeinsamen KTM-Saison 2019 ohnedies schon als rotes Tuch.

Die Kritik an Zarco hat ohnedies Bruder Aleix Espargaró am Sonntag deutlich genug geäußert: «Es ist immer Zarco», stellte der 31-jährige Aprilia-Werksfahrer fest.

«Du wirst auf der ganzen Welt nie eine Rennstrecke finden, die die vollkommene Sicherheit gewährleistet», hält Andy Meklau fest. «Das ist unser Rennsport. Wenn gewisse Faktoren zusammen kommen, ist alles möglich. Diesmal ist etwas passiert, was wir uns gar nicht so vorgestellt haben. Es kam bei einem Zweikampf bei sehr hohem Speed zu einer Kollision…»

Stefan Bradl bestätigt, man müsse im Turn 2 mit dem MotoGP-Bike wegen der hohen Geschwindigkeit mindestens 1 Meter von der linken Fahrbahnseite wegbleiben, sonst komme man mit zu viel Schräglage zur Bremszone, wird rausgetragen und muss in Schräglage bei 300 km/h verzögern, weshalb dann der Bremsweg einfach nicht ausreicht.

Übrigens: Wenn wir die Aussagen von Meklau und seine Diskussionen mit Freddie Spencer richtig interpretieren, dann muss zumindest Johann Zarco heute in Spielberg mit einer Bestrafung rechnen.

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