Valentino Rossi sucht das Glück

Valentino Rossi: Groteske Feindschaft mit Lorenzo

Von Günther Wiesinger
Valentino Rossi: Seit 25. Juni 2017 ohne GP-Sieg

Valentino Rossi: Seit 25. Juni 2017 ohne GP-Sieg

Valentino Rossi hatte in seiner GP-Laufbahn viele Feindbilder – von Biaggi über Gibernau bis zu Stoner und Márquez. Aber mit Jorge Lorenzo tauschte er die meisten Feindseligkeiten aus.

Eine innige Feindschaft entspann sich vom ersten Tag an zwischen dem arrivierten Superstar Valentino Rossi und seinem neuen Yamaha-MotoGP-Teamkollegen Jorge Lorenzo, der für 2008 nach zwei 250-ccm-WM-Titelgewinnen zum Yamaha-Werksteam stieß.

Rossi betrachtete den selbstbewussten Spanier als lästigen Eindringling, der seine Vormachtstellung als klare Nr. 1 bei Yamaha bedrohte, ein Werk, für das VR46 in den Jahren 2004 und 2005 auf sensationelle Art und Weise die MotoGP-WM gewonnen hatte. Vorher war Yamaha bei der Titelvergabe zehn Jahre lang leer ausgegangen. 2008 und 2009 triumphierte Rossi noch zweimal für Yamaha in der MotoGP-Klasse.

Rossi schaffte eine Konstellation, die wohl einmalig bleiben wird: Er ließ sich im Yamaha-Werksteam das exklusive Recht zur Benutzung der siegreichen Bridgestone-Reifen zusichern, mit denen Casey Stoner 2007 auf Ducati den WM-Titel gewonnen hatte und die inzwischen Michelin den Rang abgelaufen hatten.

Lorenzo musste als Rossi-Teamkollege mit den unterlegenen Michelin-Reifen vorliebnehmen, die ihn mehrmals spektakulär abwarfen, wenn sie noch nicht auf Betriebstemperatur waren.

Der begnadete Lorenzo erzielte als MotoGP-Rookie bei den ersten drei Grand Prix trotzdem dreimal die Pole-Position, verletzte sich aber mehrmals. Doch Rossi triumphierte in der WM. Lorenzo war schnell, musste wegen der unterlegenen Michelin und der mangelnden Erfahrung zahlreiche schmerzhafte Stürze hinnehmen.

Aber mit dieser Reifen-Story war es nicht getan. Rossi ließ in der Yamaha-Box sogar einen Mauer zwischen sich und Lorenzo errichten, damit keine Geheimnisse zum Teamkollegen durchsickern konnten.

Als Rossis Vertrag bei Yamaha nach 2010 auslief, stellte er im Winter davor bei den Japaner eine kategorische Forderung: «Entscheidet euch – Lorenzo oder ich. Sonst gehe ich.»
Die Yamaha-Manager empfanden diese Aussagen als leere Drohung und verlängerten den Vertrag mit Lorenzo schon vor dem Saisonstart 2010.

Rossi wollte jedoch das Gesicht nicht mehr verlieren, er machte Ernst – und unterschrieb für 2011 und 2012 bei Ducati Corse. Nach Platz 17 beim ersten Test schwante ihm bereits Unheil.

Nach zwei sieglosen Jahren konnte Rossi für 2013 nicht einmal ein 17-Mio-Euro-Angebot von Ducati und Philip Morris bei der Stange halten. «The Doctor» kehrte zu Yamaha zurück und wurde 2014 bis 2016 dreimal in Serie Vizeweltmeister. 2017 feierte er in Assen seinen 115. und bisher letzten GP-Sieg.

Loenzo wechselte 2017 und 2018 zu Ducati und fuhr 2019 erfolglos für Repsol-Honda, und nach dem Jahr als Testfahrer bei Yamaha ist er arbeitslos geworden. 

Rossi hingegen, fast zehn Jahre äler als der Mallorquiner, hat immer noch einen dochdotieren Yamaha-Werksvertrag in der Tasche...

Die triste Ducati-Ära hat Valentino, der am 16. Februar 42 Jahre alt wird, jedoch um die Chance gebracht, Giacomo Agostinis Allzeit-Rekord von 122 GP-Siegen zu übertrumpfen.

Die Bilanz Rossi in der Königsklasse

2000: WM-2. auf Honda 500, 209 Punkte, zwei GP-Sege
2001: WM-1. auf Honda 500, 325 Punkte, elf Siege
2002: WM-1. auf Honda 990, 355 Punkte, elf Siege
2003: WM-1. auf Honda 990, 357 Punkte, neun Siege
2004: WM-1. auf Yamaha 990, 304 Punkte, neun Siege
2005: WM-1. auf Yamaha 990, 367 Punkte, elf Siege
2006: WM-2. auf Yamaha 990, 247 Punkte, fünf Siege
2007: WM-3. auf Yamaha 800, 271 Punkte, vier Siege
2008: WM-1. auf Yamaha 800, 373 Punkte, neun Siege
2009: WM-1. auf Yamaha 800, 306 Punkte, sechs Siege
2010: WM-3. auf Yamaha 800, 233 Punkte, zwei Siege
2011: WM-7. auf Ducati 800, 139 Punkte, kein Sieg
2012: WM-8. auf Ducati 1000, 163 Punkte, kein Sieg
2013: WM-4. auf Yamaha 1000, 237 Punkte, ein Sieg
2014: WM-2. auf Yamaha 1000, 295 Punkte, zwei Siege
2015: WM-2. auf Yamaha 1000, 325 Punkte, vier Siege
2016: WM-2. auf Yamaha 1000, 249 Punkte, zwei Siege
2017: WM-5. auf Yamaha 1000, 208 Punkte, ein Sieg
2018: WM-3. auf Yamaha 1000, 198 Punkte, kein Sieg
2019: WM-7. auf Yamaha 1000, 174 Punkte, kein Sieg
2020: WM-15. auf Yamaha 1000, 66 Punkte, kein Sieg

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