Stefan Bradl: «Fünf Werke können die WM gewinnen»
Stefan Bradl beim Katar-GP mit der neuen ServusTV-Moderatorin Alina Marzi
Stefan Bradl hat am Freitag und Samstag mit dem Honda European Test Team eineinhalb Tage auf dem Circuito de Jerez – Ángel Nieto getestet. Jetzt bereitet sich der 32-jährige Bayer als Ersatzfahrer für Marc Márquez auf die Teilnahme an den beiden Grands Prix in Termas de Río Hondo und Austin/Texas vor. Das sind zwei Rennstrecken, auf denen der Honda-Testfahrer seit 2016 (damals im Aprilia-MotoGP-Werksteam) nicht mehr gefahren ist. Aber 2014 sicherte er sich dort auf der LCR-Honda Platz 5, die Aprilia steuerte er auf Platz 7.
Stefan Bradl war am vergangenen Wochenende beim Indonesien-GP als Experte für ServusTV vor Ort und hat dort wie zuvor in Doha hautnah erlebt, wie eng es in der MotoGP-Weltmeisterschaft 2022 zugeht. Zur Erinnerung; Nach zwei Rennen sind die Top-9 nur durch zehn Punkte getrennt.
Lässt sich nach zwei Grands Prix trotzdem bereits ein erstes Fazit über die Kräfteverhältnisse in der Saison ziehen? «Bah, es ist sehr schwierig, nach den ersten zwei Rennen ein Resümee zu ziehen», erklärte Stefan Bradl im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Bisher ist alles möglich. Ich glaube, dass 2022 mit Ausnahme von Aprilia jedes Werk Weltmeister werden kann. Es kommt einerseits viel auf die Tagesform der Fahrer an. Anderseits muss man abwarten, wie die Reifen am jeweiligen GP-Wochenende zu den Bikes der unterschiedlichen Hersteller passen und wer mit den Reifen am besten klar kommt. Der Indonesien-GP war ein Ausnahmefall, was die Reifen betrifft. In Argentinien haben wir 2016 auch schon mal so überhitzende Reifen gehabt. Damals wurde das Rennen auf 20 Runden gekürzt, außerdem mussten wir bei Halbzeit einen Pflichtstopp einlegen und Motorrad und Reifen wechseln.»
Stefan Bradl, der seinen HRC-Vertrag bis Ende 2023 verlängert hat, spart nicht mit Lob für KTM. Denn das Werk aus Oberösterreich hat sich jetzt zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres geschickt aus einem Tief gerettet.
«KTM hat in der Konstrukteurs-WM 45 von 50 möglichen Punkten gesammelt», rechnet Stefan Bradl vor. «Ihr Vorteil ist, dass sie zwei starke, praktisch ebenbürtige Fahrer im Werksteam haben. Das ist ähnlich wie bei Suzuki, denn Rins und Mir sind stark, wobei Alex Rins etwas inkonstanter ist. Bei Pramac sind Johann Zarco und Jorge Martin auf einem Level, beide sind schnell. Bei Repsol-Honda hat Pol Espargaró in diesem Jahr auch schon starke Performances gezeigt, mit der Bestzeit beim Mandalika-Test und Platz 3 beim Katar-GP. Er ist auch ein Kandidat für die Weltmeisterschaft.»
Für das bisherige Scheitern von Vizeweltmeister Pecco Bagnaia, der im Herbst 2021 vier der letzten sechs Rennen gewann und 2022 erst einen Punkt kassierte, hat Bradl eine einleuchtende Erklärung. «Bei ihm ist der Druck zu hoch, als Italiener im Ducati-Werksteam. Ich finde, dass Pecco trotzdem einen Superjob macht, zumal er ja noch neue Teile entwickelt. Aber ich hoffe, dass der Kerl nicht am Druck zerbricht. Dieser Druck bei Ducati für einen italienischen Fahrer – das ist schon am Dovi nicht spurlos vorbei gegangen.»
Bagnaia hat bei Ducati Corse seinen Vertrag bereits bis 2024 verlängert. Sein Lenovo-Teamkollege Jack Miller (Platz 4 in Lombok und WM-Vierter 2021) muss zittern, denn Enea Bastianini oder Jorge Martin könnten ihm die Position im Werksteam abspenstig machen.
«Jack Miller fährt noch um einen neuen Werksvertrag», ist sich Stefan Bradl bewusst.
«Wir haben noch 19 der 21 Grands Prix vor uns», fasst der Honda-Pilot zusammen. «Zumindest die ersten neun Fahrer der WM Tabelle können sich Titelchancen ausrechnen.»
Bradl hat seit Portimão am 7. November, er landete dort auf Platz 15, keinen Grand Prix mehr bestritten. Er muss jetzt vom Testfahrer- wieder in den Rennfahrer-Modus umschalten und ist froh, in Argentinien eine relativ einfache GP-Strecke vorzufinden.
Bradl: «Dieses Autodrom stellt vom Streckenverlauf her körperlich die geringsten Anforderungen von allen GP-Strecken. Las Termas ist eine gute Piste zum Aufwärmen und um in den Rennmodus reinzukommen, für den Fall dass ich dort aufgeboten werde. Denn Termas de Río Hondo ist von den Kurvenradien weitläufig, es gibt wenig harte Anbremsmanöver.»
Der Moto2-Weltmeister von 2011 macht sich trotzdem auf eine schwierige Aufgabe gefasst. Seinen Humor hat er jedenfalls nicht verloren. «Ich habe leider schon 30 Punkte Rückstand auf WM-Leader Bastianini», entgegnete er lachend auf die nicht ernst gemeinte Frage, ob für ihn der WM-Zug bereits abgefahren sei.
Ergebnisse MotoGP Mandalika/IND:
1. Miguel Oliveira, KTM, 20 Runden in 33:27,223 min
2. Fabio Quartararo, Yamaha, +2,205 sec
3. Johann Zarco, Ducati, +3,158
4. Jack Miller, Ducati, +5,663
5. Alex Rins, Suzuki, +7,044
6. Joan Mir, Suzuki, +7,832
7. Franco Morbidelli, Yamaha, +21,115
8. Brad Binder, KTM, +32,413
9. Aleix Espargaró, Aprilia, +32,586
10. Darryn Binder, Yamaha, +32,901
11. Enea Bastianini, Ducati, +33,116
12. Pol Espargaró, Honda, +33,599
13. Alex Márquez, Honda, +33,735
14. Luca Marini, Ducati, +34,991
15. Pecco Bagnaia, Ducati, +35,763
16. Maverick Viñales, Aprilia, +37,397
17. Raúl Fernández, KTM, +41,975
18. Fabio Di Giannantonio, Ducati, +47,915
19. Takaaki Nakagami, Honda, +49,471
20. Marco Bezzecchi, Ducati, +49,473
21. Remy Gardner, KTM, +55,964
– Jorge Martin, Ducati
– Andrea Dovizioso, Yamaha
WM-Stand nach 2 von 21 Grands Prix:
1. Bastianini, 30 Punkte. 2. Brad Binder 28. 3. Quartararo 27. 4. Oliveira 25. 5. Zarco 24. 6. Pol Espargaró 20. 7. Aleix Espargaró 20. 8. Rins 20. 9. Mir 20. 10. Morbidelli 14. 11. Miller 13. 12. Marc Márquez 11. 13. Darryn Binder 6. 14. Nakagami 6. 15. Marini 5. 16. Viñales 4. 17. Alex Márquez 3. 18. Dovizioso 2. 19. Gardner 1. 20. Bagnaia 1.
Konstrukteurs-WM:
1. KTM 45 Punkte. 2. Ducati 41. 3. Yamaha 27. 4. Suzuki 21. 5. Honda 20. 6. Aprilia 20.
Team-WM:
1. Red Bull KTM Factory 53 Punkte. 2. Monster Energy Yamaha 41. 3. Suzuki Ecstar 40. 4. Repsol Honda 31. 5. Gresini Racing 30. 6. Pramac Racing 24. 7. Aprilia Racing 24. 8. Ducati Lenovo 14. 9. LCR Honda 9. 10. WithU Yamaha RNF 8. 11. Mooney VR46 Racing 5. 12. Tech3 KTM Factory, 1.