Im MotoGP-Sprint in Jerez krachte es ständig

Yamaha: War Verzicht auf Dani Pedrosa ein Fehler?

Von Günther Wiesinger
Nicht zuletzt wegen seiner Jockey-Figur (55 kg) wurde Dani Pedrosa bei Yamaha nach 2018 nicht als Testfahrer in Betracht gezogen. Er ging zu KTM und führte die Österreicher an die Spitze.

Yamaha hat in den letzten vier Jahren in der MotoGP immer einen Werksfahrer auf den ersten oder zweiten Platz der Fahrer-WM gebracht. Franco Morbidelli gelang es 2020, dann Fabio Quartararo, der die WM-Kampagne auch 2022 als Vizeweltmeister beendete und 2021 sogar als erster Yamaha-Pilot nach Jorge Lorenzo (2015) den Weltmeistertitel in der «premier class» davontrug.

Aber vor der Saison 2023 zeichnete sich schon bei den Wintertests in Valencia, Sepang und Portimão ab, dass die neueste Version der YZR-M1-Yamaha gegen die Konkurrenz einen schweren Stand haben würde. In Valencia im November hatte sich offenbar ein Teil der Motorleistung verflüchtigt, die Quartararo beim Misano-Test Anfang September noch lobend erwähnt hatte.

Und vor dem Saisonstart in Portugal ließ Fabio Quartararo beim Portimão-Test wegen der deprimierenden Rundenzeiten das Bike großteils wieder auf den Stand von 2022 zurück bauen – beim Chassis und bei der Aerodynamik.

Seither wird bei Yamaha gerätselt, warum die Performance gegenüber den Vorjahren so stark nachgelassen hat.

Die mutmassliche Ursache: Die Konkurrenz hat sich stark verbessert, bei Yamaha herrscht Stillstand.

«El Diablo» liegt in der WM an neunter Position – 45 Punkte hinter Leader und Weltmeister Pecco Bagnaia, der schon 2022 einen Rückstand von 91 Punkten aufgeholt und Fabio den Titel weggeschnappt hat.

Yamaha hat in der MotoGP seit dem GP von Deutschland 2022 nicht mehr gewonnen, das RNF-Kundenteam an Aprilia verloren und beim Versuch, Rossis Mooney VR46-Team mit Bezzecchi und Marini für 2024 zu bekommen, einen Fehlschlag erlitten.

Yamaha hat gegenüber den gegnerischen Werken jahrelang das Testteam vernachlässigt und die Bikes zu Rossis Zeiten von langsamen japanischen Piloten entwickeln lassen, was den Italiener schon 2017 ärgerte und zu kritischen Aussagen veranlasste. Denn Ducati leistete damals mit Testfahrern wie Michele Pirro und Casey Stoner deutlich bessere Arbeit.

Nach 2018 bot sich Dani Pedrosa nach 13 Jahren bei Repsol-Honda als Testfahrer an. Yamaha unterschätzte seine Fähigkeiten, KTM hingegen griff zu. Denn Red Bull-KTM-Teammanager Mike Leitner war elf Jahre lang Crew-Chief bei Pedrosa (2004 bis Ende 2014), wusste, was er zur Entwicklung der Werks-Honda beigetragen hatte, und überzeugte ihn, beim rotweiß-roten MotoGP-Projekt von KTM mitzumachen.

Yamaha hingegen beschäftigte 2019 Jonas Folger als MotoGP-Testfahrer. 2020 ersetzte ihn Jorge Lorenzo, aber beide kamen nicht viel zum Fahren. Die Trennung von Lorenzo hatte auch mit dessen hohen Gagenforderungen zu tun.

Nachher wurde Cal Crutchlow als Yamaha-M1-Testfahrer engagiert.
Bereut Yamaha heute, dass Dani Pedrosa damals nicht als Testfahrer in Betracht gezogen wurde? Er zeigte beim Jerez-GP 2023 als Wildcard-Pilot mit den Plätzen 6 und 7, dass er immer noch viel Speed und Motivation hat – mit 37 Jahren. Sogar im Quali schaffte er den Sprung in die Top-6.

Ein Blick und Vergleich auf die Entwicklung bei Yamaha und KTM in den letzten Jahren spricht deutlich für Dani Pedrosa, der zudem in Munderfing 2019 eine viel schlechtere Basis vorfand als damals bei Yamaha vorhanden war.

Dani Pedrosa: Yamaha-Deal klappte nie

Dani Pedrosa überlegte in seinen Honda-Jahren mehrmals, zu Yamaha zu wechseln und eine M1 zu fahren, auch an der Seite seines Kumpels Rossi. Er wurde auch als Kandidat bei Petronas-Yamaha für 2019 genannt, wollte aber dann von Repsol-Honda nicht in ein Kundenteam wechseln, sondern etwas leiser treten.

Immer wenn Pedrosas HRC-Vertrag auslief, entschied sich Yamaha für andere Fahrer – wie Lorenzo oder Viñales.

«Yamaha hatte immer hohen Respekt für Dani, das trifft auch auf mich persönlich zu», sagt Lin Jarvis, der Managing Director von Yamaha Motor Racing im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Trotzdem haben wir immer eine andere Option gewählt, wenn er verfügbar war. Als Dani nach 2018 seine GP-Karriere als Stammfahrer beendet hat, haben wir uns für Jonas Folger als Testfahrer entschieden. Es spielte die Körpergröße mit, sein Alter, der Speed, er kannte die M1 von 2017 und so weiter. Ein Jahr später haben wir Jorge engagiert. Und Fabio betonte in Le Mans, wenn wir mit Jorge weitergemacht hätten, hätte das an den heutigen Ergebnissen nichts geändert. Ich stimme Fabio zu. Denn wir sind sehr happy mit Cal. Er ist ein eifriger Arbeiter, er ist immer noch schnell, und er beschreibt sehr exakt und genau, welches Gefühl er auf dem Motorrad hat.»

Jarvis weiter: «Ich glaube nicht, dass unsere gegenwärtigen Probleme mit dem Testfahrer zu tun haben. Wir haben mit Engineering- und Entwicklungs-Angelegenheiten zu kämpfen. Der Testfahrer ist für das Design des Motorrads nicht verantwortlich. Nur Personen, die keinen Einblick haben, können behaupten, der Testfahrer habe einen signifikanten Effekt auf die Entwicklung des Bikes. Es ist wichtig, einen schnellen Testfahrer zu haben, der auf den GP-Pisten eine gute Pace fahren und seine Meinung schildern kann. Doch der Rest muss von den Ingenieuren erledigt werden.»

Eines ist klar: Dani Pedrosa hat drei WM-Titel gewonnen (1x 125 ccm, 2x 250 ccm), er ist 31-fache MotoGP-Sieger und dreimalige MotoGP-Vizeweltmeister.

Das Wort des Spaniers hat bei KTM mehr Gewicht als das seiner MotoGP-Testfahrerkollegen bei den Mitbewerbern, die nicht einmal annähernd so eine Erfolgsbilanz vorweisen können.

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