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Joan Mir (Honda) arg enttäuscht: Rückzug auf Raten?

Von Günther Wiesinger
Bei Repsol-Honda hängt der Haussegen schief. Joan Mir hatte in Mugello wenig Lust, den Grand Prix nach dem Sturz am Freitag fortzusetzen. Hat er von dem Honda-Dilemma die Nase voll?

«Bei Honda ist die Scheiße am Dampfen», seufzte ein aufmerksamer Beobachter am Freitag mit Blick auf das Geschehen bei Repsol-Honda und LCR-Honda. Denn selbst bei nüchterner Betrachtung lässt sich das seit bald vier Jahren andauernde Schlamassel von Honda nicht mehr schönreden. Denn erstens sind seit dem Abgang von Dani Pedrosa die Teamkollegen von Marc Márquez alle gescheitert – von Jorge Lorenzo über Alex Márquez und Pol Espargaró bis zu Joan Mir. Dass die HRC-Verantwortlichen damals Pedrosa entwischen und als Testfahrer zu KTM wechseln ließen, war aus heutiger Sicht ein weiterer Kapitalfehler.

Kein Wunder, wenn die HRC-Manager Kuwata, Kokubu und Kawauchi seit Jahresbeginn mit Mienen durch die Gegend laufen, die an sieben Tage Regenwetter erinnern. Die Laune besserte sich am Freitag in Mugello nicht, als Marc Márquez über die Plätze 8 und 9 nicht hinauskam und sich Joan Mir nach dem Crash im FP2 nicht einmal die Mühe machte, in die Repsol-Box zurückzukehren, obwohl noch 24 Minuten zu absolvieren waren.

Nachher stellte sich heraus, dass sich Joan Mir eine Blessur am rechten kleinen Finger zugezogen hat. Der Rennarzt gab ihm für das dritte Training am Samstag grünes Licht. Aber der Mallorquiner, Moto3-Weltmeister 2017 auf Leopard Honda und MotoGP-Weltmeister 2020 auf der Ecstar Suzuki, hatte nicht die Absicht, seine Haut in der Toskana noch einmal zu Markte zu tragen.

Sofort machten Gerüchte die Runde, das Verhältnis von Joan Mir und dessen Manager Paco Sanchez sei stark abgekühlt, um die Situation vornehm zu beschreiben. Es soll zu heftigen Diskussionen mit dem Team und den HRC-Managern gekommen sein. Denn Honda ist auch beim sechsten Grand Prix nicht in der Lage, Joan Mir ein Motorrad hinzustellen, mit dem er sein Können entfalten kann.

Das Lorenzo-Debakel wiederholt sich

Natürlich muss sich HRC längst den Vorwurf gefallen lassen, sie hätten mit Joan Mir im Vorjahr voreilig sowieso den falschen Suzuki-Werksfahrer engagiert. Denn Alex Rins sei immer der bessere MotoGP-Fahrer gewesen, nur in der Corona-Saison 2020 mit 14 Rennen habe er den Titelfight als WM-Dritter knapp gegen Mir verloren.

Aber bis heute hat Joan Mir nur einen MotoGP-Erfolg zu verzeichnen, Rins hingegen hat auf Suzuki viermal gewonnen, dazu einmal 2023 auf der schlappen Honda RC213V in Texas.

Und am gestrigen Freitag sicherte sich Rins den dritten Platz, Mir kam über Platz 20 in Mugello nicht hinaus.

Dabei verfügt Rins beim LCR-Kundenteam über kein neues Kalex-Chassis, dem Marc Márquez in Le Mans in beiden Rennen gegenüber dem bisherigen japanischen TSR-Rahmen den Vorzug gab.

Dass sich bei LCR-Frust breitmacht, weil HRC kein Kalex-Chassis für den Italien-GP für Rins und Nakagami bereitstellte, greift ein Blinder mit dem Stock. Schon 2022 klagten Nakagami und Alex Márquez bei LCR, sie hätten vom ersten bis zum letzten Rennen keine Technik-Updates erhalten.

Diese Methode ließ sich durchhalten, als alle anderen Werke die Kundenteams ebenfalls vernachlässigten. Aber jetzt ist es bald sechs bis acht Jahre her, seit Ducati, Yamaha und KTM begannen, auch den Kundenteams aktuelles Werksmaterial zur Verfügung stellen, wodurch die Zeiten enger zusammenrückten.

Niemand möchte jetzt in der Haut der erfolglosen HRC-Manager stecken. Sie haben im September in Misano erstmals eine Kalex-Schwinge getestet, aber sich bis November Zeit gelassen, ehe Kalex den Auftrag für einen kompletten MotoGP-Rahmen für die Honda RC213V bekam.

Dass so ein Chassis nicht in wenigen Monaten makellos funktionieren kann, begreift jeder Mensch, der bis drei zählen kann.

Diese Politik sorgte für ein Dilemma bei Honda. Rins hat mit dem bisherigen Chassis in Austin gewonnen und am Freitag in Mugello Platz 3 erobert.

Marc Márquez, der beim Kalex-Chassis Vorteile sieht, kam am Freitag nicht an die Zeiten von Rins heran und war auch am Samstag im FP3 langsamer als der 27-jährige Castrol-Honda-LCR-Pilot.

Joan Mir: «Ich bin sehr frustriert»

Marc Márquez beendete den Mugello-GP 2022 auf Platz 10, verlangte dann von Honda klare Verbesserungen und ein Sieger-Motorrad für 2023 und reiste nach Amerika zur vierten Oberarm-Operation.

Doch ein Jahr später hält sich der sechsfache MotoGP-Weltmeister in der WM-Tabelle nur an 19. Position – vor Jonas Folger.

Man kann sich ausmalen, was der ehrgeizige Spanier den Honda-Leuten seit Monaten hinter geschlossen Türen an den Kopf wirft.

Marc hält sich auch bei den Gesprächen mit den Journalisten nicht mehr ernsthaft zurück und legt den Finger immer wieder in die richtigen HRC-Wunden.

Joan Mir ist seit Monaten verärgert. «Ich bin sehr frustriert», ließ der Weltmeister von 2020 schon nach dem Texas-GP wissen. «Ich bin außerstande, so zu fahren, wie ich fahren will, und meine Stärken auszuspielen. Deshalb sieht es so düster aus.»

Der zwölffache GP-Sieger weint seiner letztjährigen Suzuki GSX-RR hinterher: «Mit der Honda ist es schwierig, da sie komplett anders ist als die Suzuki. Wir fahren auf Messers Schneide, dabei zählt jedes kleine Detail. Mental zerstört dich so etwas, weil du immer sehr präzise sein musst und dabei aber die Front nicht überbeanspruchen darfst. Sonst stürzt du.»

Und wie geht es mit Joan Mir und Repsol-Honda jetzt weiter?

Aus dem Honda-Werksteam ist zu hören, dass der 25-jährige Spanier frühestens ins Assen zurückkehren wird.

«Alles ist möglich», meinte ein gut informierter spanischer Journalisten-Kollege. «Mir hat einen Vertrag für zwei Jahre. Aber es scheint sich die Lorenzo-Situation zu wiederholen...»

Mir hat offenbar kein gesteigertes Interesse, sich auf die Honda zu setzen, solange er dauernd über das Vorderrad stürzt. Zwölfmal in diesem Jahr bereits. Er hat bisher nur 5 WM-Punkte eingeheimst – für Platz 11 in Portimão.

Seither hat er nur in der Sturz-Statistik für Aufsehen gesorgt.

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