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RNF-Pleite: Die lange Liste der Sponsoren-Reinfälle

Von Günther Wiesinger
Der abrupte Ende des RNF-Aprilia-Teams sorgte im November für viele Schlagzeilen. Aber in den 22 MotoGP-Jahren gab es immer wieder mehrlichtige Sponsoren oder leichtsinnige Teambesitzer, wie unsere Übersicht beweist.

Seit Beginn der Viertakt-MotoGP-Weltmeisterschaft 2002 sind zahlreiche Teams und Werke eingestiegen und wieder ausgestiegen. Der bisherige RNF-Aprilia-Teamprinzipal Razlan Razali steht in der Kritik, weil er in den letzten drei Jahren zuerst Petronas (Vertrag nach 3 Jahren nicht verlängert), dann WithU (Drei-Jahres-Vertrag nach einem Jahr wegen der Energiekrise beendet) und zuletzt CryptoDATA (nach einem Jahr trotz Vertrags bis 2026 über Nacht aus der WM verschwunden) als Sponsoren verloren hat.

Aber man darf bei einem Rückblick festhalten: Solche Vorkommnisse sind im Motorradsport keine Seltenheit und kommen auch in anderen Sportarten vor. Denn nicht immer sind es die seriösesten Geschäftsleute, die sich durch Motorsport-Sponsorship schnellen Ruhm und Imagegewinn versprechen.

Wir wollen keine komplette Übersicht von jenen Teams liefern, die sich nach 2002 aus der MotoGP-Viertakt-WM verabschiedet haben oder von Werken, die trotz viel Tamtam nie wirklich eingestiegen sind. Denn es gab durchaus auch Teams oder Bastelfirmen wie Drysdale, MZ, Motoczycs, Oral-BMW, Petronas Engineering, Inmotec und Red Bull-WCM mit dem nur leicht umgebauten Yamaha-R1-Superbike-Motor oder Blata mit dem V6-Projekt, die ursprünglich vielleicht gute Absichten hatten, aber irgendwann die enormen MotoGP-Kosten unterschätzt haben.

Dazu kamen nach 2012 in der Zeit der Claiming-Rule- und der Open-Class-Teams notorisch finanziell schlecht aufgestellte Rennställe wie IodaRacing, Forward, Aspar Martinez oder PBM, denen keine lange Lebensdauer beschieden war. Brünn-Circuit-Betreiber Karel Abraham senior gründete das Team AB MotoRacing nur für seinen gleichnamigen Sohn. Auch hier waren die Erfolgsaussichten, das Durchhaltevermögen und die Haltbarkeit von Anfang an überschaubar.

Ich erinnere mich an eine Beobachtung vor der Box von CRT-Teamchef Paul Bird, dem Chef des Teams Paul Motorsport (PBM), in Katar 2012: Für James Ellison standen dort nach Aussage des Teams nur ein Vorderrad und zwei Hinterräder zur Verfügung! Beim LCR-Honda-Privatteam hatte Stefan Bradl im selben Jahr schon zehn bis zwölf Garnituren Räder zur Verfügung, sogar bei den Übersee-Rennen.

Zu Beginn der MotoGP-Viertakt-Ära spielte auch der Rennstall des ehemaligen spanischen GP-Piloten Luis d’Antin eine massgebliche Rolle, der schon vorher in der 500-ccm-Klasse gut vertreten war und für 2003 kostbare 990-ccm-M1-Viertakter von Yamaha erhielt, weil er den japanischen Publikumsliebling Shinya Nakano, den 250-ccm-Vizeweltmeister von 2000, unter Vertrag nahm.

Pramac-Besitzer Paolo Campinoti betrieb 2002 bis 2004 ein eigenes Ein-Fahrer-Honda-MotoGP-Team (2002 mit Harada) und verbündete sich von 2005 bis 2008 mit Luis d'Antin. Es wurde ein 50:50-Joint-Venture vereinbart, jeder Teamteilhaber durfte einen Slot beanspruchen. Doch Luis d’Antin hinterließ einen Schuldenberg und übergab seine beiden MotoGP-Plätze schließlich für 2009 mit Zustimmung der Dorna ganz an Pramac.

Jorge Martinez: Das Dilemma mit Drive M7

Luis d'Antin steht heute als warnendes Beispiel für euphorische Teambesitzer, die in erster Linie aus Leidenschaft dabei waren, sich wenig um betriebswirtschaftliche Aspekte kümmerten und durch dieses leichtsinnige Vorgehen ihre ganze Existenz ruinierten.

Selbst der umsichtige vierfache Weltmeister Jorge «Aspar» Martinez musste sein MotoGP-Team nach 2018 zusperren, weil der malaysische Energie-Drink-Hersteller Drive M7 als Sponsor trotz gültigen Vertrags wenige Tage vor dem Saisonstart absprang, ein Millionenloch ins Budget riss und nie ein finanzstarker Ersatz gefunden werden konnte.

Mit der katarischen Immobilienfirma «Sama Qatar» erlitt Martinez 2019 für die Klassen Moto3 und Moto2 einen ähnlichen Reinfall. Die lautstarken Sama-Manager unterschrieben einen Fünf-Jahres-Vertrag, bezahlten aber schon im ersten Jahr nicht die gesamte Summe. Die vielen Immobilienprojekte an der spanischen Küste erwiesen sich als Luftschlösser, als Märchen aus 1001 Nacht.

Stefan und Jochen Kiefer fielen im Herbst 2017 auf den britischen Schaumschläger und Aufschneider David Pickworth herein. Der überzeugend auftretende Engländer gab vor, den deutschen Rennstall für russische Investoren kaufen zu wollen, Sandro Cortese und Domi Aegerter als Fahrer unter Vertrag zu nehmen und bei KTM die neuesten Moto2-Bikes leasen zu wollen. Aber kurz vor Weihnachten platzte der Traum. Aegerter musste seine Moto2-Saison 2018 durch Crowd Funding weitgehend selbst finanzieren. Cortese setzte sich in die Supersport-WM ab – und gewann die WM 2018 auf einer Yamaha R6 des Kallio-Teams. 

Selbst Valentino Rossi ging einem saudi-arabischen Prinz auf dem Leim, der ihm 18 Millionen von der staatlichen Mineralölkonzern Aramco in Aussicht stellte, aber am Ende keinen müden Cent bezahlte. Rossi musste dann sich für sein neues MotoGP-Ducati-Team mit der kleinen italienischen Firma Mooney 2022 als Hauptsponsor einigen und wesentlich kleinere Brötchen backen.

Für 2024 hat die tüchtige VR46-Ducati-Mannschaft mit dem indonesischen Mineralölgiganten Pertamina trotzdem noch eine lukrative Ölquelle gefunden.

Gresini Racing: Als die Go & Fun-Quelle versiegte 

Auch Rossis Landsmann Fausto Gresini erlebte mit dem ominösen Getränkehersteller «Go & Fun» eine Pleite; der langfristige Vertrag wurde nicht eingehalten. Gresini musste sich deshalb nach 18 Jahren in der Königsklasse von Honda trennen und sich für 2015 mit Aprilia einigen. Das Werk aus Noale bekam von der Dorna bei der MotoGP-Rückkehr sieben Jahre lang keine eigenen Startplätze, weil Firmenchef Ivano Beggio 2004 nach drei MotoGP-Jahren mit der 990-ccm-Dreizylinder-Cube frühzeitig ausgestiegen war, ohne die damals fällige Strafzahlung zu leisten.

Andere Teams wie das JiR Konica Minolta Honda-Team von Luca Montiron verabschiedeten sich rechtzeitig, weil sich kein neuer Hauptsponsor mehr fand. Der Interwetten Honda-Rennstall des Schweizer Tom Lüthi-Entdeckers Daniel M. Epp stieg Ende 2012 mit Fahrer Hiroshi Aoyama aus der «premier class» nach einen Jahr wieder aus, weil der Aufwand klar unterschätzt wurde und die Erfolgsaussichten bescheiden blieben.

Und das finanziell auf Rosen gebettete Marc VDS-Honda-Team des belgischen Bier-Milliärdärs Marc van der Straten zog sich nach der Saison 2018 aus der MotoGP-WM nicht wegen Geldmangels zurück, sondern weil der langjährige Teamprinzipal zwischen den unterschiedlichen Geldtöpfen nicht unterscheiden konnte.

Ein arges Desaster erlebte auch LCR-Honda-Teambesitzer Lucio Cecchinello im Jahr 2015, als ihm der Grieche Anthony Constantinou als illustrer Sponsor und dubioser CWM-Gründer ca. 6,5 Millionen Euro als Hauptsponsor für Cal Crutchlow zusagte, aber nicht einmal die Hälfte bezahlte.

LCR entfernte deshalb beim Silverstone-GP die Werbung von CWM. Und Anthony Constantinou durfte dann wegen unterschiedlicher unappetitlicher Delikte für zwölf Monate lang Kost und Logis im Gefängnis nehmen.

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