Große Gefühle zum Titel-Showdown der MotoGP
Catalunya im Herbst: Der MotoGP-Titel 2024 wird beim letzten Rennen vergeben
Montmelo, Sonntag 17. November 2024. Viertel nach 8. In der Boxengasse plärren eine Handvoll MotoGP-Raketen. Techniker bringen das dünne Öl in den 300-PS-Aggregaten mit dem rhythmischen Schlag eines guten Trommlers auf Temperatur. Dünner Nebel liegt über der ganzen Anlage. Wenn die Ampel kurz nach 14 Uhr auf Grün schaltet, wird er längst verschwunden sein. Blauer Himmel ist angekündigt, für das letzte MotoGP-Rennen der Saison.
Ich frage mich, wie Jorge Martin geschlafen hat. Verraten wird es uns nur, wenn er, eingehüllt in eine Mischung aus Schweiß und Schampus, zu uns spricht. Die Quoten stehen gut. 19 Punkte Vorsprung bringt der «Martinator» ein. Selbst wenn Pecco erneut zum Sieg kommt, reicht der #89 Platz 9. Das fährt der Jorge ja mit einer Hand auf dem Rücken – so die allgemeine Meinung im Fahrerlager.
Niemand traut sich mehr, in einem ernsthaften Gespräch den Noch-Weltmeister Pecco Bagnaia als Favoriten ins Feld zu führen. Die vielen Fehler des Italieners haben ihre Spuren hinterlassen. Die Quittungen sind ausgestellt und liegen ab 14.45 Uhr zur Abholung bereit.
Jorge Martin hätte den Titel verdient, das weiß auch Pecco Bagnaia. Als Racer ist sich Bagnaia dennoch nichts anderes als einen Sieg schuldig. Ehrenrettung werden es alle nennen, die selbst noch nie ein Rennen verloren haben. Die Alternative zum Sieg ist der Kies von Barcelona. Alles dazwischen ist nicht vorstellbar.
Mega spannend wird es trotzdem, wenn das Feld unter Getöse die Hecks absenkt. Trotz aller Ankündigungen der fairen Konkurrenten – wenn 23 MotoGP-Prototypen unter Volllast die Startgerade herunternageln, gibt es Dutzende von kurzen Momenten höchsten Risikos. Die #93 ist nur eines davon. Am Samstag brachte es Marc Marquez fertig, Pecco Bagnaia in der Besichtigungsrunde um Millimeter zu verpassen und später mit wenig Eleganz fertig, die GASGAS von Pedro Acosta während der Fahrt zum Naked Bike umzubauen. Warum ist der Rookie nicht weitergefahren? Wann hätte man Acosta per schwarzer Flagge aus dem Sprint entfernt? Fragen, die mich ablenken.
Kann man auch als Journalist vor dem Rennstart nervös sein, auch wenn man selbst nicht in einer Wolke aus Lärm und roher Gewalt mit einem Haufen austrainierter Egomanen den Eingang zum engen Korridor in Kurve 1 sucht. Aber ja. Die gut bezahlten Cracks im Airbag-Leder würden lachen bei dem Gedanken, dass die Journaille auf den Nägeln kaut. Schließlich stürmen da routinierte Hochleistungssportler und keine Psychopathen um den Kurs.
Doch immer da, wo große Energie freigesetzt wird, passieren Fehler. Bei Maschinen wie Menschen. Allen Piloten, die heute auf die Piste gehen, ist vor allem zu wünschen, dass sie es genießen und die Sensation des Talents am ganzen Körper erleben. Alles Weitere wird sich ergeben.